Interview

Michael Mittermeier über "Mittermeier!"

Michael Mittermeier bekommt in der ARD eine nächtliche Comedy-Show
von  Thomas Becker
Michael Mittermeier in seiner neuen Show.
Michael Mittermeier in seiner neuen Show. © BR

"MIttermeier!“ heißt die neue Comedy-Show des BR in der ARD. Dahinter steckt Michael Mittermeier, der Vorreiter der Stand-Up-Comedy in Deutschland. In der ersten Sendung widmet er sich dem Thema „Sicherheit“: vom Terror in den Nachrichten und auf der Straße über Versicherungen für alles und jeden bis zum Anschnallgurt und „Safer Sex“: Unterstützt wird sein Stand Up mit News-Elementen und Bewegt-Bildern auf LED-Wänden. Als Gast kommt Kollege Torsten Sträter. Im Herbst sind drei weitere Sendungen geplant.

AZ: Herr Mittermeier, kaum 23 Jahre nach Ihrem legendären Programm „Zapped – ein TV-Junkie knallt durch“ bekommen Sie tatsächlich eine eigene Sendung. Wie kommt’s?
MICHAEL MITTERMEIER: Ich hatte einfach Bock, mal wieder was Neues zu machen, wenn es passt. Ich wollte nie nur in einer Maschinerie stecken, ich bin halt auch ein leidenschaftlicher Live-Comedian. Mit der Idee zu diesem Format gehe ich schon zwei, drei Jahre schwanger. Der BR hat mich dann machen lassen, und das Schöne ist: Jetzt blitzt er ab und zu wieder raus, der TV-Junkie. In erster Linie werde ich in der neuen Sendung die Absurditäten der Welt beleuchten, jeweils unter einem Überthema, aber dann kommt der TV-Junkie wieder durch – aber in der neuen Zeit.

Wie meinen Sie das?
Ich habe mir alle „Avengers“-Filme angeschaut, bin voll drin im Marvel-Film-Kosmos und kann jetzt eine Avengers-Nummer machen, so wie ich vor 20 Jahren eine Raumschiff-Enterprise-Nummer gemacht habe. Alle, die das kennen, finden es super, und die, die das nie gesehen haben, denen gebe ich Bilder, dass sie lachen können. Das ist die Herausforderung. Deswegen probiere ich die ganzen Stand-ups in der Sendung aus, gehe auf Open-Mic-Nights, zum Beispiel mittwochs in die Lola-Bar im Glockenbach. Ich könnte das Ganze auch ohne die Bilder auf den LED-Wänden erzählen – weil ich Bilder im Kopf schaffe.

Zum Beispiel?
Ich frage die Zuschauer: „Kennt ihr den Hulk?“ Die Jungen kennen den alle, aber einer schaut mich fragend an, und dem erkläre ich: „Das ist der Typ, der immer grün wird, wenn er sauer ist – wie die SPD.“ Sofort kriegt der ein Bild und lacht.

Zurück zum TV-Junkie: Saßen Sie als Kind ständig vor der Glotze?
Im Verhältnis schon viel – aber wir hatten ja nur zwei Programme. Und wir hatten das Testbild...

...das jetzt sozusagen das Logo Ihrer Sendung ist...
Genau. Wir haben alle Staffeln davon gesehen. Das Testbild war für uns die Nacht-Netflix-Mystery-Serie: „Oh, mein Gott, zieh nochmal, jetzt wird’s abgefahren...“ Fernsehen war schon wichtig, als 66er-Jahrgang waren wir die erste Generation, für die Bewegt-Bild einen Impact hatte. „Bonanza“, „Daktari“, später MTV: Wir waren die Ersten, die MTV als unser Ding genommen haben, unsere Musik, unsere Kultur.

Ihre TV-Helden der Jugend?
Ich hatte viele. Jerry Lewis von ganz klein auf, beim Stand-up Lenny Bruce, den hier kaum jemand kennt. Otto Waalkes war auch unser Held, humortechnisch eine Revolution in den 70ern. Ich habe viel gesehen, vieles, was mich gekickt und mein Herz berührt hat. Es wird ja viel nachgedacht beim Humor, gerade in Deutschland. „Kann man über Dieses oder Jenes Witze machen?“ Können wir bitte mit dieser Diskussion aufhören? Hast du gelacht oder hast du nicht gelacht? Es gibt kein Aber, wenn du gelacht hast. Das ist auch mein Prinzip: Ich möchte kein Aber schaffen. Ich möchte, dass die Leute sagen: „Wow, das war aber jetzt schön!“ Und ich glaube: Das schaffe ich.

Das Setting ist an die klassische Stand-up-Bühne angelehnt.
Club-Atmosphäre, ganz kleines Studio, die Leute eng um mich rum, mit der Backsteinmauer im Hintergrund – aber auf einem virtuellen Screen. Wir machen’s modern, und trotzdem bleibt das Alte erhalten.

Inhaltlich geht es in Sendung eins um Sicherheit, schön weit gefasst, korrekt?
Wir bewegen uns zwischen zwei Polen. Benjamin Franklin sagt: „Wer Freiheit aufgibt, um Sicherheit herzustellen, hat die Freiheit nicht verdient.“ Und der andere Visionär, den ich zitiere, ist mein Opa. Der hat zu mir früher immer gesagt: „Du Michl, ein Scheißdreck ist sicher.“ Da konnte er noch gar nicht wissen, dass die Menschen 40 Jahre später den Scheißdreck ihrer Hunde in kleinen Plastiktüten in Sicherheit bringen.

Und sonst so?
Es geht um Fahrradkuriere, die Polizei und um meine panische Höhenangst. Ich freeze ein, ich kann mich nicht mehr bewegen. In Neuseeland musste mich meine Frau mit einem Guide vom Berg runterkratzen – nachdem ich mich zwei Stunden lang nicht bewegen konnte.

Was war passiert?
Wir sind auf einen Bergkamm hoch, und ich wusste nicht, was dahinter ist – da ging es 500 Meter nach unten! Da ging bei mir nichts mehr. Als ich zuletzt mit meiner Tochter im Kino „Avengers“ angeschaut habe - sie ist jetzt elf und mit dabei im Thema -, hat sie so eine Bemerkung gemacht. Ich meinte: „Ich als Papa werde euch auch beschützen wie ein Avenger.“ Und sie so: „Du bist überhaupt kein Superheld. Wie willst du denn fliegen? Du hast ja Höhenangst!“ Daran habe ich mich für die Sendung erinnert, es mit Hypnose und anderen Dingen versucht.

Und?
Was beim Selbstversuch rauskam, gibt’s dann in der Sendung zu sehen.

Jahrelang galten Sie als Pro7-Mann, nun ist der Mittermeier in der ARD gelandet. Vor 20, 30 Jahren schwer vorstellbar, oder?
Weil sie mich wohl nicht gelassen hätten, weil sie es nicht gewohnt waren. Es hat sich viel getan, mittlerweile haben wir eine Comedy-Industrie. Es boomt. Im Moment entwickelt sich in Deutschland aus den Grassroots raus eine tolle Open-Mic-Szene, selbst in München.

Fühlt man sich mit 53 unter den Jungen nicht wie ein Oldie?
Null. Ein Kumpel hat neulich hier eine Bühne aufgemacht, wo ich dann auch mal gespielt habe. So was hätte ich mir in den 90ern gewünscht damals. Dafür musste ich damals erst mal nach Amerika fahren, um in New York die Erfahrung machen zu können, wie es ist, sich durch die Clubs spielen zu müssen. Die Jungen nehmen mich hier mit großem Respekt auf, weil die mich tatsächlich kennen.

ARD, Donnerstag, 4. Juli, 23.30 Uhr

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