BR reagiert nach Blackfacing nun doch: Satire-Figur fliegt aus dem Programm

Die BR-Satire hatte Proteste ausgelöst: Der schwarz geschminkte Kabarettist Schleich mimte einen Strauß-Sohn und afrikanischen Despoten. Erst verteidigte ihn der BR - jetzt kommt es anders.
AZ/dpa |
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Blackfacing in BR-Satiresendung: Helmut Schleich mimte einen vermeintlichen Maxwell Strauß, der als schwarzer Despot politische Tipps zur Corona-Pandemie gibt.
Blackfacing in BR-Satiresendung: Helmut Schleich mimte einen vermeintlichen Maxwell Strauß, der als schwarzer Despot politische Tipps zur Corona-Pandemie gibt. © imago images/Arnulf Hettrich

München - Der Bayerische Rundfunk (BR) zieht nach viel Kritik an einem Satire-Beitrag mit einem fiktiven schwarz-geschminkten Kanzlerkandidaten Konsequenzen.

BR-Intendantin Wildermuth kündigt interne Werte-Diskussion an

Die umstrittene Kunstfigur "Maxwell Strauß" als Karikatur von Franz Josef Strauß wird künftig nicht mehr im Programm zu sehen sein. BR-Intendantin Katja Wildermuth kündigte im Rundfunkrat des öffentlich-rechtlichen Senders am Freitag zudem eine interne Werte-Diskussion an.

Die neue BR-Intendantin Katja Wildermuth.
Die neue BR-Intendantin Katja Wildermuth. © Lino Mirgeler/dpa

Auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur sagte ein BR-Sprecher nach der Sitzung des Aufsichtsgremiums: "Wir haben uns darauf verständigt, dass Maxwell Strauß nicht mehr auftreten wird."

 BR will "gegen Stereotype und Herabwürdigungen wirken"

Wildermuth hat nun eine intensive Aufarbeitung gestartet. Intern sei viel über den Beitrag diskutiert worden, sagte sie im Rundfunkrat. Der BR habe die Verantwortung, "gegen Stereotype und Herabwürdigungen zu wirken".

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In der Sendung "SchleichFernsehen" war Kabarettist Helmut Schleich Anfang April in die Rolle eines in Afrika lebenden Sohnes des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Strauß (CSU) geschlüpft - und hatte dabei das Mittel des Blackfacings genutzt. Mit schwarz geschminktem Gesicht machte er Witze über die aktuelle bayerische Politik.

Schleich-Beitrag als rassistisch kritisiert

Zahlreiche Kritiker unter anderem im Netz bezeichneten den Beitrag als rassistisch. Von Blackfacing spricht man, wenn sich Weiße schminken, um Schwarze stereotyp darzustellen.

Der Vertreter der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte im Rundfunkrat, Hamado Dipama, kritisierte das Blackfacing massiv als rassistische Praxis. Er zeigte kein Verständnis für die redaktionelle Entscheidung. "Kunstfreiheit hat Grenzen." Einzelne Rundfunkräte unterstützten ihn mit Wortmeldungen in der per Live-Stream übertragenen digitalen Sitzung des Aufsichtsgremiums.

Wildermuth: "Für ein diskriminierungsfreies Miteinander"

In den Tagen nach der Sendung hatte der BR betont, die Diskussionen zu Blackfacing und der damit verbundenen Problematik seien der Redaktion bewusst gewesen und vor der Sendung intensiv mit Schleich diskutiert worden. "In einem Satireformat muss dem Künstler aber auch ein bestimmter Freiraum für satirische Überhöhungen zugebilligt werden", hieß es damals.

Nun sagte Wildermuth: "Unstrittig ist: Kunst- und Meinungsfreiheit sind ohne Zweifel sehr hohe Güter." Zugleich betonte die BR-Chefin: "Unstrittig ist aber auch, dass der Medienstaatsvertrag und das Bayerische Rundfunkgesetz uns aufgeben, für ein diskriminierungsfreies Miteinander zu sorgen und Sendungen zu unterlassen, die Vorurteile schüren oder Einzelne beziehungsweise Gruppen herabsetzen."

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Bayerischer Rundfunk richtet spezielle Arbeitsgruppe ein

Die Sendung werde zum Anlass genommen, im Haus in eine größere Diskussion über die eigenen Leitlinien zu treten. Dazu werde eine spezielle Arbeitsgruppe eingerichtet. "Auch wir sollten uns immer wieder überprüfen und unseren sicheren inneren Kompass über alle Programmbereiche hinweg schärfen."

Dipama kritisierte, dass der Beitrag noch in der BR-Mediathek zugänglich sei. Der verantwortliche Programmdirektor Kultur, Reinhard Scolik, sagte, der Beitrag sei noch verfügbar, weil er Gegenstand der Diskussion sei. Der Vorsitzende des Rundfunkrates, Lorenz Wolf, sagte, er gehe davon aus, dass dieses Vorgehen geprüft werde.

Laut BR hatte Schleich selbst zu dem Beitrag gesagt, als Kabarettist sei es seine Aufgabe, Dinge überspitzt darzustellen. "Gerade durch einen erfundenen Sohn Maxwell Strauß zeige ich den Import neokolonialer Strukturen aus dem globalen Norden nach Afrika auf."

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22 Kommentare
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  • Bluto am 18.04.2021 16:59 Uhr / Bewertung:

    Man muss diesen Sketch nicht lustig finden.
    Man kann ihn sogar zum Kotzen finden.
    Aber trotzdem sollte Zensur erst dann einschreiten, wenn von einem Text, Bild oder Ton eine konkrete Gefahr ausgeht (Aufforderung zu Straftaten z.B.)
    Den Rest muss ein freier Staat aushalten.
    Auch wenns manchmal wehtut.
    Freiheit gibt es nicht umsonst.

  • Sarah-Muc am 17.04.2021 11:43 Uhr / Bewertung:

    Wer die Geschichte des "black-facings" kennt, weiss auch, warum sich da Menschen
    beleidigt fühlen. Ich frage mich sowieso , warum ein Komiker/Satiriker wie Herr Schleich
    (der der beste FJS Imitator überhaupt ist - der Rest ist eher mittelmässig) der uneheliche Sohn von
    Strauss ein Afrikaner sein muss. Da gäbs doch viele andere Möglichkeiten. Sehr gut dass der
    BR sich entsprechend positioniert.
    Und was hat das nun damit zu tun, "dass die Deutschen sich immer mehr ihr deutschsein nehmen
    lassen????

  • Tonio am 17.04.2021 11:41 Uhr / Bewertung:

    Vor ein paar Jahren bei "Charlie Hebdo" und "Böhmermann" waren alle Medien noch einstimmig der Ansicht, dass Satire und künstlerische Freiheit nicht angegriffen oder gar eingeschränkt werden dürften. Gab es da nicht sogar Demos für das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung? Und jetzt? Gilt das jetzt nicht mehr? Schon interessant wie schnell sich die Zeiten ändern.

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