ARD-Krimi: So viel Wahrheit steckt im Tatort über Bettel-Mafia in München
Es ist in rotes Tuch gewickelt, das tote Baby, das der Pfarrer kurz vor Weihnachten in der Münchner Stephanskirche findet. Daneben liegt ein Zettel, auf dem in fehlerhaftem Deutsch die Bitte notiert ist, das Neugeborene zu beerdigen. Damit beginnen die Ermittlungen der Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) im Tatort „Klingelingeling“. Bald stellt sich heraus: Die Mutter ist wahrscheinlich die junge Rumänin Tida Dablika (Mathilde Bundschuh). So wie ihre Schwester Anuscha (Cosmina Stratan) wurde sie bereits mehrmals in der Sperrzone der Münchner Innenstadt beim illegalen Betteln aufgegriffen.
Während ihrer Ermittlungen zur Kinderleiche kommen die Kommissare einem organisierten Bettlerclan auf die Spur, der sein Lager in einer düsteren Lagerhalle am Stadtrand hat. Dass hier nicht jeder freiwillig bettelt und der Anführer Radu Stelica (Florin Piersic Jr.) seinen Anteil auch mit Gewalt einfordert, ist schnell klar. Und doch fällt es Batic und Leitmayr schwer, in die Strukturen der illegalen Bettelmafia einzudringen. Eine Geschichte, wie sie tatsächlich auf den Straßen Münchens passieren könnte?
Weihnachtszeit ist Hochzeit für die Bettler in München. Zwar gebe es in dieser Zeit nur einen leichten Anstieg in der Anzahl, teilt das Münchner Polizeipräsidium mit. Aber die meisten Bettler hoffen, dass das bevorstehende Fest die Passanten eher dazu bewegt, ihren Geldbeutel aus Nächstenliebe zu öffnen.
Bettlerbanden in der Innenstadt werden weniger
Über 90 Prozent Osteuropäer
Die Polizei geht von durchschnittlich 60 Bettlern pro Monat aus, die sich im Innenstadtbereich aufhalten, am Hauptbahnhof, teils auch um den Pasinger Bahnhof und das PEP Neuperlach. Der Anteil aus Osteuropa liege bei über 90 Prozent, die Bettler kämen größtenteils aus Rumänien, gefolgt von Slowaken und Bulgaren.
Grundsätzlich ist das „stille“ Betteln in München erlaubt – mit Ausnahme der Fußgängerzone zwischen Stachus und Altem Rathaus (dort darf zu keiner Zeit jemand betteln) und mit Ausnahme der Wiesn zu Oktoberfestzeiten.
Allerdings: Wer aggressiv oder bandenmäßig bettelt, zumal rund um den Hauptbahnhof und innerhalb des Altstadtrings, muss mit einem Platzverweis rechnen. Auch das Betteln mit Kindern wird in München nicht geduldet (da informiert die Polizei sofort das Jugendamt) – Betteln mit Hunden ist dagegen erlaubt.
Bettelverbot in München: CSU fordert Ausweitung
Bandenmäßiges Betteln in München?
Im Tatort droht Bandenchef Stelica seinen Bettlern, schlägt sie. Niemand verrät ihn. „Das System schützt sich selbst“, heißt es im Film. Stimmt das? Laut Polizeipressesprecher Werner Kraus wird das bandenmäßige Betteln in München zwar vermutet, mit Gewissheit könne man aber nichts sagen. Kraus: „Man muss die Bandenmäßigkeit nachweisen können. Dazu liegen bisher keine Beobachtungen oder Feststellungen vor.“
Eindeutige Hinweise wären etwa, wenn die Bettler jeden Tag mit dem Bus zu einem Gebiet vorgefahren würden. Oder man beobachten könne, dass ihnen jemand regelmäßig das Geld abnimmt. „Entweder gibt es das bandenmäßige Betteln wirklich nicht – oder es wird sehr gut versteckt“, so Kraus.
Trotzdem sei das Betteln ein Problem, vor allem, da aus Sicht der Polizei niemand darauf angewiesen ist. Speziell die rumänischen Bettler würden aber lieber Bargeld nehmen, statt soziale Einrichtungen zu nutzen – damit sie es in die Heimat schicken können.
40 Anzeigen pro Monat
Gegen die illegalen Bettler kann die Polizei ein Bußgeld verhängen. „Das verläuft eh alles im Sande. Ohne festen Wohnsitz kann man nicht mal die Bußgeldbescheide zustellen“, sagt der Polizeikollege den Kommissaren im Film.
Und hat damit auch in der Realität recht. In diesem Fall werden die Personen zur Fahndung ausgeschrieben. Wenn sie nicht zahlen, kann auch eine Ersatzhaft verhängt werden. Festgelegt ist all das in der Allgemeinverfügung des KVR, die 2014 als Reaktion auf den starken Anstieg der osteuropäischen Bettler erlassen wurde. Die Anzahl der Verstöße bleibe mit 40 Anzeigen pro Monat relativ konstant, die Gesamtzahl der Bettler sei aber schon deutlich zurückgegangen, teilt die Münchner Polizei mit.
Tatort „Klingelingeling“ am 26. Dezember, 20.15 Uhr, ARD