"Wir leben nicht hinter dem Mond"

AZ: Herr Scholz, Sie haben eine Mail an uns mit „feurigen Drachengrüßen” signiert – Sie sind ein großer Basketball-Fan, oder?
REINHARD SCHOLZ: Als ich 2001 hier zum Bürgermeister gewählt wurde, spielten unsere Jungs in der zweiten Liga – und ich fand es klasse. Seitdem bin ich Dauerkarteninhaber, besuche jedes Heimspiel.
Welche Bedeutung hat Basketball für das Artland?
Das ist hier ein großes Thema. Unter den Zuschauern haben wir einen sehr hohen Anteil an Kindern – und Frauen! Die Dragons sind der einzige Erstliga-Verein in der Region.
Spielt Fußball keine Rolle?
Wir liegen ziemlich in der Mitte zwischen Osnabrück und Bremen, die Menschen interessieren sich durchaus für den VfL Osnabrück und Werder Bremen. Aber die Basketballer haben seit ihrem Aufstieg in die Bundesliga 2003 ein sehr gutes Standing.
Daran war auch Darius Hall beteiligt, der jetzt für den FC Bayern spielt.
Er ist hier immer noch sehr beliebt wegen seiner positiven Ausstrahlung. Die Menschen sind ganz vernarrt in ihn. Ich kann mich noch erinnern, vor der Playoff-Serie gegen Berlin vor einigen Jahren sind wir einmal zusammen für einen Fototermin im Kuhstall gestanden. Nach dem Motto: Quakenbrück, das Kuhdorf, gegen die Hauptstadt.
Mutige Selbstironie.
Ach, mit dem Image muss man locker umgehen. Wir leben nicht hinter dem Mond. Aber wir sind nun mal eine Kleinstadt, die auch von Landwirtschaft geprägt wird. Eine Hansestadt mit Tradition.
Was macht die Menschen Ihrer Region aus?
Sie sind ortsverbunden, beharrlich, aber auch herzlich. Freundlichkeit reicht bei uns nicht nur bis zur Haustüre.
Was verbinden Sie mit München?
Die Stadt ist hier ziemlich beliebt. Ich komme immer wieder gerne nach München runter. Aber natürlich hat hier auch jeder eine Meinung zum FC Bayern. Die Hassliebe zum Verein geht ja durch ganz Deutschland. Ich jedenfalls habe sehr großen Respekt vor dem, was Uli Hoeneß geleistet hat, erst im Fußball, jetzt im Basketball.
Auf wen muss Bayern bei den Dragons aufpassen?
David Holston, unser Spielmacher. Der ist nur 1,67 Meter groß. Aber in den Playoffs kann er der Größte werden. Der wird Homan und den anderen sicher Sorgen bereiten!
Beim Spiel in Quakenbrück in der Hauptrunde hat er Bayern in der Verlängerung mit einem Dreier abgeschossen...
...und genau so stelle ich mir das nun am Ende der Serie vor! Ich hoffe, dass unsere Emotionalität gegen die Geldbörse der Bayern gewinnt.
Was erwartet die Bayern am Samstagabend in der Halle?
Die Stimmung bei uns ist laut und intensiv, die Zuschauer sind sehr fachkundig. Aber sie sind keinesfalls so aggressiv und feindselig, wie man das aus der ein oder anderen Halle kennt. Ich denke, eine Geschichte erklärt unsere Fans recht gut: Als wir 2007 die Finalserie gegen Bamberg verloren hatten, haben wir trotzdem sehr viel Applaus bekommen. 4000 Menschen haben vorm Rathaus gefeiert.
Haben Sie einen Balkon?
Ja – ich habe damals extra einen bauen lassen. Er ist aus Holz, also kein Vergleich zu dem in München. Er liegt immer noch bei uns auf dem Bauhof.