Wettberg: "Verlieren bereitet mir Schmerzen"
Karsten Wettberg, der "König von Giesing", spricht vor dem Testspiel seines SV Seligenporten gegen den FC Bayern über seine Verbindungen zu Jupp Heynckes, seine Liebe zum TSV 1860 und sein Leben als Deutschlands erfolgreichster Amateurtrainer.
Am Mittwoch tritt der FC Bayern beim SV Seligenporten zum Testspiel an (17.30 Uhr live bei Sport1). Trainer des Regionalligisten: 1860-Legende Karsten Wettberg (70).
AZ: Herr Wettberg, wo erwischen wir Sie gerade?
Karsten Wettberg: Auf dem Rennrad bei meiner täglichen Runde. Aber das geht schon, telefonieren wir einfach während dem Fahren.
Am Mittwoch kommt der FC Bayern - sind Sie schon aufgeregt?
Mein Gott, nein! Mich regt sowas nicht mehr auf, vielleicht den ein oder anderen Spieler. Ich freue mich einfach drauf, Jupp Heynckes und Tiger Gerland zu sehen. Ich hoffe, Uli Hoeneß schaut auch vorbei. Das ist Prominenz, die man in Seligenporten nicht oft antrifft!
Zu Jupp Heynckes hatten Sie einst ein besonderes Verhältnis.
Mit Heynckes verbindet mich, dass wir Ende der Achtziger Jahre, als ich noch bei Unterhaching Trainer war, eng in Sachen Manni Bender zusammengearbeitet haben. Der hat vormittags immer schon bei Bayern mit trainiert, bei denen er einen Vorvertrag hatte. Und nachmittags war der Bender dann bei mir. Mit Heynckes habe ich immer das Trainingsprogramm abgesprochen. Schön, dass wir uns mal wieder aufm Sportplatz treffen.
Um was geht’s für Ihr Team?
Ein Tor schießen wäre schön. Und nicht zu hoch verlieren - Verlieren bereitet mir immer noch körperlich Schmerzen, sogar wenn im Training die A- gegen die B-Mannschaft verliert.
Bayern fehlen viele Nationalspieler. Bekommen die überhaupt elf Mann zusammen?
Mit Sicherheit kommt Bayern mit einem profilierten Team. Die, die sonst vielleicht nur eine Halbzeit spielen würden, spielen jetzt halt ein wenig länger. Für die Bayern ist es immerhin die Generalprobe für das DFB-Pokalspiel bei Jahn Regensburg.
Die Roten kommen, Ihr Herz schlägt aber weiterhin Blau.
Ich bin ein Blauer, werde immer ein Blauer bleiben. Hoeneß ist ein Roter und wird immer ein Roter bleiben. Deswegen schätzt und respektiert man sich trotzdem. Der Lebensleistung von Hoeneß kann man nur Respekt zollen. Ohne ihn wäre Bayern nicht das, was es heute ist.
Aus 1860-Zeiten kennt man Sie als Derwisch an der Seitenlinie. Ist das heute noch so?
Ich bin immer noch so wie früher. Wenn ich nicht mehr der sein darf, der ich bin, höre ich auf. Beleidigend bin ich dabei aber nicht - das kann ich mir bei den heutigen Strafen finanziell nicht mehr leisten. Auch wenn ich meistens Recht habe, halte ich lieber meinen Mund.
Mit 46 Titeln nennt man Sie den erfolgreichsten Amateurtrainer Deutschlands. Haben Sie überhaupt noch Ziele?
Ich möchte weiterhin gesund und fit bleiben. Dafür tue ich was - Radeln zum Beispiel. Es gehört aber auch Glück dazu. Ich habe mein Kampfgewicht von 67,5 Kilo bei 1,67 Meter Körpergröße gehalten, das passt alles. Und ich danke dem Herrgott beinahe täglich, dass ich alles was ich tue, noch mit Spaß und Freude tun kann.
Wie lange wollen Sie sich das noch antun?
Ich werde sicherlich nicht ewig auf dem Trainingsplatz stehen. Meinen Vertrag als Scout für 1860 habe ich dafür gerade mit Herrn Schäfer (1860-Geschäftsführer Robert Schäfer, d. Red.) mündlich verlängert. Diesen Bereich würde ich gerne ausbauen - natürlich nur bei 1860, obwohl ich schon Dutzend Anfragen von anderen Vereinen hatte. Doch was für 1860 zu tun, ist mir lieber und wertvoller als alles andere.
Und das klappt?
Ich habe einige Riesentalente aus dem Bayerischen Wald an der Angel. Die an den TSV 1860 zu vermitteln, ist mir eine Herzensangelegenheit. Ich will Sechzig einfach noch ein paar Jahre so gut es geht dienen, damit es vielleicht irgendwann wieder in die Bundesliga rauf geht.
Glauben Sie an den Aufstieg der Löwen?
Sechzig braucht Ruhe im Verein als Grundlage für den Erfolg, muss aber jetzt trotzdem die Euphorie aus dem Umfeld hochhalten. Es ist gut, dass man den Aufstieg nicht jetzt schon fordert, die Mannschaft muss sich erst finden. Auch wenn ich natürlich beide Daumen drücke, dass es bald mit dem Aufstieg klappt.