TSV 1860 München: Peter Grosser im AZ-Interview über Stefan Aigner
München - Der 78-jährige Peter Grosser gewann 1966 als Kapitän mit 1860 den Meistertitel. Im Interview spricht er über das anstehende Pokalspiel und die Abschottungsmaßnahmen seines Vereins.
AZ: Herr Grosser, einem glücklichen 2:1 gegen Greuther Fürth folgte ein besserer, aber punktloser Auftritt bei Arminia Bielefeld mit umgekehrtem Ergebnis. Wir brauchen nicht zu fragen, für welches Szenario Sie sich künftig entscheiden würden, oder?
PETER GROSSER: Nein, für einen Sieg natürlich. Aber die Leistung gegen Fürth war eine Katastrophe. In Bielefeld habe ich eine qualitative Steigerung gesehen. Wir haben schneller und direkter gespielt, nur: Am Strafraum war meist Schluss! Mit dem Abstieg wird Sechzig trotzdem nix zu tun haben. Die neuen Spieler bringen mehr Qualität in die Mannschaft.
Wo Sie die Neulöwen schon ansprechen: Wer hat Ihnen am besten gefallen?
Wir können sie alle brauchen, obwohl die Transfers wieder viel zu lange gedauert haben und sie noch integriert werden müssen. Bei Christian Gytkjaer muss man schon sagen: Wenn der so ein Tor schießt, hat der Bursche Qualität. Amilton wird mir zu sehr hochgejubelt. Sein Solo vor dem Ausgleich war phänomenal, aber er hat auch viele Bälle verdribbelt.
Das hat zuletzt auch Stefan Aigner, der vor dem Bielefeld-Spiel seinen Rücktritt als Kapitän erklärte und aus dem Kader flog.
Er ist nach seiner Verletzung immer noch gehemmt, aber ich denke, das wird sich bald legen. Das Kapitänsamt muss man jedoch unabhängig von seiner momentanen Verfassung betrachten. Ich kann als Außenstehender nicht beurteilen, wie Aigner in der Mannschaft angekommen ist. Ich glaube auch, dass ihn die vielen Nationalitäten dazu bewogen haben. Dabei ist Aigner noch der Einzige, den man bei 1860 als Identifikationsfigur bezeichnen kann. Die Identifikation mit dem Verein darf nicht verloren gehen. Aber sie kommt momentan ein Stück weit abhanden.
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Können Sie das erklären?
Im Moment hatte man keine andere Lösung parat, als ausländische „Soforthelfer“ zu holen. Künftig sollte man schon wieder auf Eigengewächse zurückgreifen, der eigenen Jugend den Weg nicht verbauen. Auch das Thema Abschottung: Ich kann nachvollziehen, dass man die letzten zwei Tage vor dem Spiel zumacht. Die ganze Woche Fans aussperren, dafür habe ich kein Verständnis. Das passt nicht zu 1860.
Dafür zeichnet der Trainer verantwortlich, die Geschäftsführung steht allerdings auch nicht für Integration.
Genauso wie damals beim Presseboykott finde ich, dass es nicht der richtige Weg ist, so gegen die Medien vorzugehen. Die Presse, vor allem auch für die Fans, ist von einer ungeheuren Bedeutung, um gewisse Details von der Mannschaft zu den Fans zu transportieren. Ein Boykott ist der falsche Weg. Aber der Anthony Power ist eh‘ nicht mehr lang da.
Sein Nachfolger heißt Ian Ayre.
Über ihn möchte ich mich nicht äußern, bevor er nicht hier angefangen hat.
Zurück zur Kapitänsfrage: Jan Mauersberger war zuletzt nur Reservist, der Stammplatz von Daniel Adlung scheint auch nicht gesichert. Wer taugt nach Ansicht des Meisterlöwen-Kapitäns zum Anführer?
Mit so vielen Neuen muss sich erst herauskristallisieren, wer dazu in der Lage ist. Ein Kapitän sollte gerade bei gewissen Schwierigkeiten einen Einfluss auf die Mannschaft und die Mitspieler haben, sollte verlängerter Arm des Trainers sein. Es könnte sogar ein Neulöwe sein. Besser wäre aber einer, der länger im Verein ist.
Könnte sich schon morgen zeigen: Dann treffen die Löwen auf Pokalschreck Lotte – Viertelfinale oder nach Leverkusen und Bremen der nächste höherklassige Verein, den die Sportfreunde rauskegeln?
Viertelfinale. In Anbetracht dessen, dass Lotte bereits die beiden Bundesligisten eliminiert hat, glaube ich, dass dieses Spiel keiner unterschätzt und Sechzig erfolgreich nach München zurückkehrt.