"Stolz auf die Mannschaft": TSV 1860 kommt bei Rot-Weiss Essen mit dem blauen Auge davon

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Freitagabend, Hafenstraße, 18.59 Uhr: "Wir bleiben bei unserem Spiel!", rief der alte und neue Kapitän Jesper Verlaat Sekunden vor dem Anpfiff im Mannschaftskreis deutlich hörbar und zeigte sich mit seinem Finger an den Kopf. Kevin Volland, Florian Niederlechner und was eben Rang und Namen hat bei den Blauen, stand Arm in Arm in der Startelf. Alle brüllten Sie: „Jaaa - JAAA!“ Die Drittliga-Saison 2025/26 ist eröffnet, sie ging für Topfavorit Sechzig mit einem jähen Nackenschlag los - und endete mit einem blauen Auge.
Glöckner: "Ich bin sehr zufrieden und stolz auf die Mannschaft"
Es lief erst die sechste Minute im Auftakt-Kracher des TSV 1860 bei Rot-Weiss Essen, da kassierte Sechzig eine erste rot-weisse Watschn: José-Enrique Rios Alonso durfte mit seinen Kollegen einen Großteil der 19.300 Zuschauer frenetisch die Tor-Premiere feiern. Als es einem packenden und auftaktwürdigen Duell zweier ambitionierter Traditionsvereine langsam, aber sicher nach weiß-blauer Auftaktpleite roch, machte Torjäger Niederlechner seinem Namen alle Ehre und traf zum 1:1-Ausgleich (68.).
"Ich bin sehr zufrieden und sehr stolz auf die Mannschaft, hier ein Ergebnis aufzuholen", sagte Chefcoach Patrick Glöckner: "Natürlich kann man gewisse Dinge verbessern, aber erstmal steht die Moral im Vordergrund." Es ist eine der schwersten Aufgaben an der Hafenstraße zu bestehen. "Es ist immer sauschwer", hatte Glöckner mit dem schon jetzt sechzger-typischen Understatement bei "Magentasport" noch gewarnt und er sollte damit aber Recht behalten.

TSV 1860 tat sich schwer mit Offensiv-Aktionen
Schon im ersten Duell, in den ersten Minuten bekam Sechzig zu spüren, wie sich ein vermeintlich (etwas) unterlegener Gegner und seine Fanschar als gallisches Ruhrpott-Dorf gegen schier übermächtige Römer-Löwen verschworen.
Positiv: Der TSV wurde seiner von der ganzen Liga den Blauen zugeschusterten Favoritenrolle dahingehend gerecht, dass die Glöckner-Löwen den Ball nach dem Rückstand unbeirrt wie eine Passmaschine weiter laufen ließen und ein deutliches Übergewicht erspielten. Im Strafraum war aber trotz aller Hochkaräter Schluss.
Löwen-Legende über Verlaat: "Einfach schlecht"
Erste Ausnahme in der 17. Minute, als Verlaat nach einer Flanke von Spielmacher Tunay Deniz wieder sein Köpfchen oder eher die Schulter im Spiel hatte und Torwart Felix Wienand lenkte die Kugel drüber. Niederlechner marschierte auf dem linken Flügel durch und hatte das Auge für Deniz, der Keeper Wienand mit einem wuchtigen Schuss zur nächsten Parade zwang (26.).
Essen dagegen blieb genau mit jenen Mitteln gefährlich, mit denen gewiss noch der ein oder andere Underdog 1860 knacken will: mit schnellen, schnörkellosen Kontern. Ramien Safi vergab das 2:0 nach einem langen Ball nur haarscharf, weil er ein Luftloch geschlagen hatte (23.). "Einfach schlecht", fand RWE- und 1860-Legende Sascha Mölders Verlaat Abwehrverhalten, weshalb RWE "eigentlich das 2:0 machen muss" und meinte emotional: "Ich hätte am liebsten, dass beide am Ende hochgehen. Ich glaube, dass Sechzig viel Freude an Volland und Niederlechner haben wird, wenn man sie in Szene setzt."

Kraulich hätte mit der Ampfelkarte vom Platz fliegen müssen
Besagtes einsetzen war lange Sechzigs größtes Problem. Nach der Pause bekam Volland bei einer Grätsche des gelbvorbelasteten Tobias Kraulich gleich mal eine Kostprobe, wie sich Dritte Liga anfühlt - Schiedsrichter Felix Weller hätte Gelb-Rot zeigen müssen (50.). Großes Kino: Volland stand einfach wortlos auf. Glöckner dazu: "Er ist nicht nur ein Künstler, er ist auch ein Fighter."
Ein Aushängeschild sammelte Sportsmanns-Punkte, das zweite sein erstes Saisontor: Nach einem langen Ball von Sean Dulic ließ Niederlechner 1860 mit einem Traum-Lupfer jubeln. Glöckner: "Er hat seine Hausaufgaben gemacht und die Mannschaft angeführt." Wohl dem, der mit David Philipp, Kilian Jakob, Patrick Hobsch und Maximilian Wolfram nachlegen kann, doch am Ergebnis sollte sich nichts mehr ändern. Ein „verdienter Punkt“ für Niederlechner: „Hafenstraße, unglaubliche Stimmung. Ich habe schon viele Stadien erlebt, aber das war schon was Besonderes.“ Bühne frei für Sechzigs Heimpremiere gegen den VfL Osnabrück (Samstag, 14 Uhr).
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