Stefan Lex und Marius Willsch hören auf: Identitätsverlust beim TSV 1860

München - Wenn den Löwen ein Stück Identität verlorengeht: Nach Kapitän Stefan Lex hat nun auch Marius Willsch sein Karriereende erklärt.
"Ich glaube, die letzten zwei Jahre waren die schlimmste Zeit meiner Profikarriere. In den letzten Wochen und Monaten ist daher der Entschluss gereift, dass im Sommer Schluss ist", sagte der Rechtsverteidiger des TSV 1860 wie kürzlich Spielführer Lex in einem Video bei "Löwen-TV": "Mein Körper macht leider nicht mehr mit."
Im Gegensatz zum 33-jährigen Lex, der seine Laufbahn eigenen Aussagen zufolge "erhobenen Hauptes" und aus freien Stücken beenden wollte, leidet der ein Jahr jüngere Kollege nach wie vor an den Folgen einer hartnäckigen Schambeinentzündung, die er als Ursache für seinen Schlussstrich angibt.

Willsch zieht den Schlussstrich: "Habe mich lange genug gequält"
"Ich habe mich lange genug gequält und bin an einem Punkt, zusammen mit meiner Familie zu überlegen, dass das jetzt die logische Konsequenz der letzten Monate ist", meinte der gebürtige Passauer. Besonders bitter: Der 118-malige Löwe (zwei Tore, acht Assists) setzte als einer der Leistungsträger im Aufstiegskampf 2020/21 alles auf eine Karte, ließ sich mehrfach fitspritzen und opferte sich damit für seine Sechzger auf.
Die Leidenszeit, sie wollte und wollte danach nicht enden, weshalb der Dauer-Rekonvaleszent Willsch unter Ex-Trainer Michael Köllner im Winter sogar schon aufs Abstellgleis geraten ist. Seine Probleme seien leider nicht vergangen: "Es war nie mehr auf dem Level, das ich gesagt habe: Es ist perfekt, ich bin schmerzfrei und kann wieder marschieren wie früher."

Zehn satte Jahre lang trug Willsch den Löwen auf der Brust, fünf in der Jugend bis hoch zu den Profis, wo er den ganz großen Durchbruch verpasste. Nochmal fünf seit 2018, als er vom FC Schweinfurt 05 zu 1860 zurückkehrte. Er war dem Ruf von Vereinsikone Daniel Bierofka gefolgt und als vormaliger Offensivakteur nur aufgrund einer Verletzung von Verteidiger Herbert Paul rechts hinten zu einer Säule geworden.
Doch nicht nur das: Wie Lex gilt Willsch bei 1860 neben dem Rasen als bodenständiger und gemütlicher Bayer. Das Duo ist nicht nur wichtig für das Mannschaftsklima der Blauen, es war auch wesentlicher Bestandteil einer Runde, die spätestens jetzt in die Brüche geht: Die beiden waren leidenschaftliche Kartler in Sechzigs berühmt-berüchtigter Schafkopf-Runde.
TSV 1860: Hiller eines der wenigen Löwen-Gesichter noch
"Schafkopfen mit dem Lexi, dem Mäsch, der Waschfrau Tanja oder Zeugwart Steges, das war legendär, da hatten wir eine Riesengaudi", meinte kürzlich auch Ex-Löwe und Bayreuth-Stürmer Markus Ziereis im Gespräch mit der AZ und scherzte über seine Ex-Kollegen: "Auch wenn die beim Karteln nur mit mehr Glück als Verstand gewonnen haben." Nun gewinnt Willsch ein neues Leben in der alten Heimat Pfennigbach, wo sich der Sportmanagement-Absolvent mit Frau Nina und der Tochter niederlassen will.
Was bleibt bei 1860 ohne die beiden Vorzeige-Profis an Identität übrig? Torhüter Marco Hiller ist zuerst zu nennen, er gilt inzwischen als eines der wenigen Gesichter. Dazu kommt Yannick Deichmann, zwar ein Nordlicht, aber Prototyp eines Löwen-Kämpfers, der die Qualitäten des stolzen und mächtigen Wappentiers auf dem Rasen hochhält. Die Löwen verlieren somit nicht nur zwei Spieler, sie verlieren zwei Urbayern, zwei Schafkopfer - und mit ihnen ein Stück Verbundenheit.