Polizeieinsatz bei Löwen-Spiel: Fans in "Todesangst"
MÜNCHEN - „Hochaggressives Potenzial“; „Auseinandersetzungen, die nur durch massiven Polizeieinsatz verhindert werden konnten“; „es wurde versucht, die Candidbrücke zu stürmen“; „es mussten Schlagstöcke eingesetzt werden, um die Fangruppen zu trennen. Das ist schon heftig“: Wer den Polizeibericht über die Einsätze rund um das Regionalliga-Derby am Dienstag im Grünwalder Stadion liest und Polizei-Pressesprecher Wolfgang Wenger zuhört, muss den Eindruck bekommen, in Giesing wäre am Dienstag beinahe ein Bürgerkrieg ausgebrochen.
Polizeieinsatz beim Derby 1860 II gegen FC Bayern II: Das sagen die Fans
„Ich hatte zum ersten Mal beim Fußball wirkliche Todesangst“; „fast wäre es zu einer Massenpanik gekommen“; „wir hatten Glück, dass wir nicht zerquetscht wurden“: So lauten dagegen die Berichte vieler Löwen-Fans, die die AZ am Mittwoch erreichten. Auch der 1860-Fanbeauftragte Axel Dubelowski bekam viele Beschwerden über den Polizeieinsatz rund um das Derby.
Es ist wohl wie immer auch eine Frage der Perspektive. Darum zu den Fakten: Am Dienstag hat das erste Derby im renovierten Grünwalder Stadion stattgefunden, die Polizei war mit 350 Beamten im Einsatz, dazu kamen 200 Ordner. Rund 10.700 Fans erlebten ein rassiges Viertligaspiel, das die Bayern verdient mit 2:0 gewannen.
Beide Fangruppen brannten während des Spiels auch zahlreiche Feuerwerkkörper und Pyrotechnik ab. Als eine Rauchbombe im Tor von 1860-Keeper Vitus Eicher landete, wurde die Partie kurz unterbrochen.
Zu Scharmützeln zwischen den Fanlagern kam es aber nicht. Unschön – und richtig dumm – dagegen: Vor dem Spiel hatten einige Schwachköpfe Bierflaschen nach Polizisten geworfen, ein paar nicht mehr zu rettende Idioten hatten außerdem versucht, Böller unter die Polizei-Pferde zu werfen. Acht Personen wurden rund um das Derby festgenommen.
Lesen Sie hier: Der Liveticker zum Nachlesen - Bayern gewinnt das kleine Derby
Ein Nachspiel könnte aber auch das Verhalten von Ordnern und Polizisten vor der Westkurve haben – wo es wohl beinahe zu einer Massenpanik gekommen wäre. Wie Augenzeugen berichten, sei nur einer der sechs Eingänge zur Westkurve geöffnet gewesen, nur zwei Ordner kontrollierten zudem die Zuschauer. Durch dieses zwei Meter breite Nadelöhr mussten 3500 Menschen durch, dementsprechend groß war das Gedränge.
Als 45 Minuten vor Spielbeginn die meisten Fans noch immer vor dem Stadion standen, sei es zu Unruhen gekommen. „Von hinten wird gedrängelt, teilweise echte Panik unter den Leuten. Und was sagt der Polizist ganz vorne? ’Wenn ihr so drängt, kommt halt gar keiner mehr rein’“, so zitiert ein User auf az-muenchen.de einen Polizisten.
„Die Leute drängten zum Eingang, vorne Polizei, hinter uns Polizei. Es wurde immer enger. Ich habe ein Kind rausgehoben, hatte aber selbst auch zum ersten Mal Todesangst beim Fußball“, hat in der Szene als besonnen geltender Anhänger dem TSV-1860-Fanbeauftragten geschrieben. Ein anderer vergleicht die Situation mit der Tragödie von Duisburg vor drei Jahren, als bei einer Massenpanik 21 Menschen starben: „Ich bekam kaum Luft, hatte Angst, dass es so endet wie bei der Loveparade.“
Die Situation entspannte sich nach AZ-Infos erst, als der Einsatzleiter des Nürnberger Unterstützungskommandos anordnete, die Tore zu öffnen und die Fans ohne Einlasskontrollen ins Stadion zu lassen. So vermied der Beamte möglicherweise eine Katastrophe – allerdings erklären sich so auch die vielen Bengalos im Block.