Interview

Höhenflug von TSV-1860-Keeper Marco Hiller nach der Torwart-Posse von Jacobacci: "Unglaubliches Gefühl"

TSV-1860-Torhüter und Vize-Kapitän Marco Hiller spricht im exklusiven AZ-Interview über Sechzigs Serie, das fiese Wind-Gegentor im Hinspiel gegen Ulm, die Art von Ex-Trainer Maurizio Jacobacci und neue Saisonziele.
Matthias Eicher
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Marco Hiller spielt seit seinem elften Lebensjahr für den TSV 1860.
Marco Hiller spielt seit seinem elften Lebensjahr für den TSV 1860. © IMAGO/pmk

AZ: Herr Hiller, bei welchem Familienmitglied funktioniert der Greifreflex am besten – beim Nachwuchs oder doch beim jungen Papa, der den Kasten der Löwen gerade in den letzten Wochen überdurchschnittlich sauber hielt?
MARCO HILLER: Bei beiden sehr gut, würde ich sagen!

Wie hat sich der Mensch Marco Hiller seit der Geburt seiner Tochter verändert?
Jeder, der mal Vater geworden ist, weiß, was das für ein unglaubliches Gefühl ist. Ich habe das Glück, dass sich meine Partnerin so gut um alles kümmert. Für mich als Sportler ist gerade der Schlaf natürlich wichtig und es ist toll, dass mich meine Familie unterstützt. Von daher ist unser Baby beflügelnd. (grinst breit)

Marco Hiller: "Wir haben ein ganz anderes Selbstverständnis"

Was hat sich bei Papa Hiller als Torhüter und bei Sechzig nach der Entlassung von Maurizio Jacobacci und der Ernennung seines Nachfolgers Argirios Giannikis gewandelt?
Wir sind richtig im Flow und ich denke, das überträgt sich auf jeden einzelnen Spieler. Es geht einfach alles viel lockerer von der Hand, auch wenn es gleichzeitig harte Arbeit ist. Wir haben ein ganz anderes Selbstverständnis, das wir vorher nicht hatten. Aber wir dürfen nicht nachlassen und weniger machen, sonst läuft es schnell wieder anders.

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Wie erklären Sie sich, dass 1860 seit acht Spielen keine einzige Niederlage hinnehmen musste?
Jeder einzelne Spieler hat den Spaß wieder gefunden, das muss man so klar sagen. Man muss auch lobend erwähnen, dass wir einen großen Kader haben und trotzdem jeder mitzieht: keiner lässt sich hängen, keiner verbreitet schlechte Stimmung. Das ist wirklich top. Ganz abgesehen von den mannschaftstaktischen Dingen, die derzeit auch sehr gut klappen.

Starke Defensive beim TSV 1860: "So ist Deutschland 2014 Weltmeister geworden"

Sechzig stellt inzwischen die beste Abwehr der Liga (27 Gegentore). Woran liegt das?
Stimmt, in der Abwehr läuft es richtig gut: Unser Kapitän Jesper Verlaat ist richtig gut in seine Rolle als Anführer hinein gewachsen, mit Mitch Glück macht es ein junger Spieler sehr gut, mit Max Reinthaler haben wir einen Routinier dazu bekommen. Wir können auch Viererkette mit vier Innenverteidigern spielen – so ist Deutschland 2014 Weltmeister geworden. (lacht)

Nur 14 Gegentore in 17 Spielen und acht Mal zu Null: Damit dürften Sie auch gut leben können, oder?
Das liest sich gut. Ich bin sehr zufrieden, das ist eine ordentliche Quote, hoffentlich geht es so weiter! Ich halte natürlich auch gerne noch den ein oder anderen Elfmeter.

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Hiller über Argirios Giannikis: "Man hat das Gefühl, dass ihn das alles gar nicht interessiert"

Warum lässt Sie und die Mannschaft auch der Machtkampf und das ganze Drumherum kalt, das bei 1860 nie verstummt?
Ich denke, wir haben es dem Trainer zu verdanken, dass er es gar nicht an sich ran lässt – und uns auch gar nichts erzählt. Man hat das Gefühl, dass ihn das alles gar nicht interessiert – die Ruhe, die er hineinbringt, überträgt sich auch auf die Mannschaft.

Am Samstag um 14 Uhr steht das Duell mit dem SSV Ulm an. An das Hinspiel (0:1) dürften Sie sich nicht allzu gerne erinnern, Stichwort: Wind.
Dieses dumme Gegentor ärgert mich immer noch, erst recht, wenn man am Ende null Punkte hat. Da haben wir etwas gutzumachen.

Die Torwart-Posse von Maurizio Jacobacci: "Eine irritierende Situation"

Ex-Löwen-Coach Jacobacci hat sich damals keinen Gefallen getan, die Pleite auf den Wind zu schieben. Zwei Fragen dazu: Erstens: War der Ball aus Ihrer Sicht haltbar?
Jeder, der mal selbst im Tor stand, der weiß: Das ist ein Sch***-Ball, mit dem du nicht rechnest, den du nicht einschätzen kannst – und plötzlich fällt er hinten rein. Von außen betrachtet hat es der ein oder andere sicher anders gesehen, aber ich würde nicht sagen, dass es ein Torwartfehler war.

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Zweitens: Wie blicken Sie auf die manchmal etwas fragwürdigen Erläuterungen des Ex-Trainers zurück, der auch Ihnen im Zweikampf mit Ihrem Herausforderer David Richter damals das Vertrauen ausgesprochen hatte – und plötzlich wieder entzog?
Ich war damals natürlich überrascht, weil es vom Trainer anders kommuniziert war. Unabhängig von meiner Person kann man es, glaube ich, auch von außen nachvollziehen, dass es eine irritierende Situation war.

Damit wären wir bei Ihrem Spezl Fynn Lakenmacher angekommen: Jacobacci hatte öffentlich erklärt, ihn verleihen zu wollen – unter Giannikis hat er schon drei Tore, einen Assist eine ganz andere Körpersprache.
Fynn ist das beste Beispiel dafür, dass Fußball eine Kopfsache ist – und wie viel Selbstvertrauen bewirken kann: Er ist ja kein neuer Spieler, sondern immer noch Fynn Lakenmacher. Daran sieht man, dass viele Dinge in die Leistung eines Spielers hineinspielen.

Marco Hiller warnt:" Wir dürfen jetzt nicht rechnen oder auf die Tabelle schauen"

Damit zurück ins Hier und Jetzt: Ist 1860 stark genug, um Aufstiegskandidat Ulm daheim zu schlagen?
Auf jeden Fall!

Ihnen dürfte klar sein, was im Falle eines Sieges wieder losgeht, oder? Dann würde der Abstand zwischen Ulm auf Relegationsrang drei und 1860 nur noch sieben Punkte betragen.
Wir können stolz sein, was wir 2024 geleistet haben, aber im Winter hatten wir mit zwei Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze noch andere Themen. Wir dürfen jetzt nicht rechnen oder auf die Tabelle schauen. Die Fans können gerne davon träumen, oder die Zeitungen darüber schreiben, aber wir müssen realistisch bleiben, denn wir haben mit unserer Punkteausbeute noch nichts erreicht, nicht einmal den Klassenerhalt.

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Was wäre aus Ihrer Sicht realistisch? Die Qualifikation für den DFB-Pokal? Haching und Ingolstadt zu überholen?
Natürlich ist in dieser Dritten Liga vieles möglich, das hat man auch in den letzten Jahren gesehen. Aber wie gesagt, wir müssen erst unsere Hausaufgaben machen und dann sehen wir, was möglich ist.

Ist es schade, dass nur noch so wenig Saison übrig bleibt für Sechzigs Wellenreiter? Oder anders gefragt: Bei 18 auslaufenden Verträgen kann man als Spieler nur hoffen, dass die Mannschaft größtenteils zusammenbleibt, oder?
Es ist nicht mein Thema, wie es mit der Mannschaft aussieht. Als einzelner Spieler ist es natürlich belastend, wenn ein Vertrag ausläuft, aber das kann in diesem Geschäft öfter passieren. Als Fußballer musst du professionell damit umgehen und deine beste Leistung zeigen, für einen neuen Vertrag oder einen neuen Verein. Wir tun jedenfalls gut daran, weiterzuarbeiten und alles anderes auszublenden.

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8 Kommentare
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  • Exilloewe III am 01.03.2024 17:35 Uhr / Bewertung:

    Hiller ist ohne Zweifel ein guter Drittligakeeper, hat aber große Probleme bei der Berechnung von weiten Flanken oder Ecken, und im Spielaufbau. Er möge mir verzeihen, daß ich mich da bei Richter besser aufgehoben fühle.

  • Chris_1860 am 01.03.2024 16:03 Uhr / Bewertung:

    "Das größte Schreckgespenst der Drittligastürmer trägt Gelb. Von Maurizio Jacobacci noch degradiert, im Winter fast schon weg, bringt Marco Hiller im Dress des TSV 1860 München die gegnerischen Angriffsreihen zur Verzweiflung. Fehlerfrei präsentierte sich der 27-Jährige im Februar und wahrte in drei von vier Spielen die weiße Weste. 93,3 Prozent abgewehrte Bälle sind für diesen Zeitraum der Topwert unter den Torhütern der 3. Liga (mind. drei Spiele; Quelle: Magenta). Vereinfacht ausgedrückt: von 15 Schüssen auf sein Tor lässt Hiller nur einen passieren." (TZ vom 01.03.24)

    Ein Torwartproblem haben wir nun wirklich nicht.

    Viel mehr schmerzt, dass gegen Ulm leider Reinthaler und Guttau ausfallen, beide zuletzt in überragender Form. Hoffen wir, dass die Backups das ähnlich gut hinbekommen. ELIL 🦁 💙

  • Kaiser Jannick am 01.03.2024 15:37 Uhr / Bewertung:

    Hiller hatte nach der öffentlichen Demontag durch MJ ein paar ungewöhnliche Wackler. Seit ihm AG aber wieder das volle Vertrauen ausgesprochen hat, hat er keinerlei Fehler mehr gemacht. Wir sollten froh sein, zwei identisch starke Keeper zu haben.

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