Die Gala der Löwen-Oldies
München - Die 74. Spielminute, Allianz Arena. Sowas hat man lange nicht gesehen. „Oh, wie ist das schön, oh, wie ist das schön“, hallte durch das Rund in Fröttmaning. Nein, es drehte sich nicht um ein Champions-League-Heimspiel des FC Bayern. Die leidgeprüften Fans des TSV 1860 waren es, die kollektiven Freudentaumel fielen.
Die Löwen haben sich am Freitagabend, nach dem Pokalerfolg in Würzburg, gegen Erzgebirge Aue auch in der Liga den Frust von der Seele geschossen. Die Elf von Trainer Kosta Runjaic siegte am elften Spieltag vor 16 600 Zuschauern mit 6:2. Levent Aycicek (16., 72.), Michael Liendl (23., 43., jeweils per Elfmeter), Sascha Mölders (49.) und Daniel Adlung (89.) trafen für teils furios aufspielende Sechzger, Pascal Köpke (29.) und Cebio Soukou (55.) konnten jeweils nur für den Anschlusstreffer sorgen. „Schon lange her, dass die Blauen mal so viele Tore erzielt haben in einem Heimspiel“, sagte ein gelöster Runjaic hinterher – in der Arena gelang das noch nie zuvor.
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Damit hat der TSV auf die acht bisherigen Zähler nach einer sechs Partien währenden Durststrecke wieder einen Dreier draufgepackt. „Heute konnten wir endlich mal zeigen, was wir draufhaben“, freute sich Türöffner Aycicek und kannte auch den Grund für die blaue Explosion: „Das Erfolgserlebnis in Würzburg war immens wichtig für den Kopf.“ Nicht unerheblich für das blaue Schützenfest war der Platzverweis für Ex-Löwe Sebastian Hertner (siehe unten). Geschäftsführer Thomas Eichin war’s egal: „Zuletzt hatten wir das nötige Glück nicht, diesmal schon – und haben Gott sei Dank auch die Tore gemacht. Das gibt uns Luft und Ruhe.“
Liendl verwandelt Elfmeter eiskalt
Aycicek war es, der von der Strafraumgrenze das 1:0 erzielte: Wie schon in Stuttgart verwandelte er einen (leicht abgefälschten) Freistoß. Egal, Sechzig führte! Sieben Minuten später sogar mit zwei Toren: Der wiedergenesene Ivica Olic holte clever einen Elfmeter heraus, der wiederberücksichtigte Spielmacher Michael Liendl verwandelte eiskalt in die Tormitte. „Da habe ich schon geschwitzt“, gab er nach dem Spiel zu.
Kaum schienen die Sechzger mal einen überzeugenden Auftritt hinzulegen, folgte der Rückschlag: Torwart Jan Zimmermann und Kapitän Jan Mauersberger behinderten sich gegenseitig, Pascal Köpke bedankte sich und staubte ab. Nachdem Olic Hertner zu einer Rettungstat auf der Linie gezwungen hatte, durfte Liendl erneut sein Können vom Punkt zeigen – 3:1. „Der war schon besser“, sagte er lachend und gestand, dass seine Denkpause an ihm nagte: „Klar war das nicht einfach wegzustecken, aber ich denke, ich habe die richtige Reaktion gezeigt.“
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Als Mölders nach der Pause nach Traumpass von Liendl cool zum 4:1 einschob, schien das Spiel gelaufen – war es aber nicht: Soukous Sonntagsschuss brachte Aue zurück, und Sechzig wackelte trotz Überzahl! „Darüber bin ich richtig angefressen – darf uns nicht passieren“, klagte Eichin. Weil Aycicek und Joker Adlung das halbe Dutzend vollmachten, gab’s großen Löwen-Jubel anstelle eines blauen Wunders. „Wir haben verdient gewonnen, aber es war nicht souverän. Es gab wieder Phasen, in denen wir gewackelt haben“, sagte Runjaic. Richtig zufrieden sein konnte er aber mit seinen Oldies Olic, Mölders und Liendl.