Der TSV 1860 und die Aufstiegsangst: Gründe für den Absturz

München - Löwen, was ist nur mit euch passiert? Wo ist dieses bissige, gierige Rudel hin, das zu Saisonbeginn von Woche zu Woche erfolgreich auf die Jagd gegangen ist? Fünf Siege in fünf Spielen zu Beginn, Rekordserie. Jetzt sind es drei Pleiten in drei Spielen. Was ist nur passiert?

"Die Löwen sind kaum wiederzuerkennen", sagt Karsten Wettberg, der "König von Giesing", zur AZ und spricht aus, was gerade beim jüngsten Spiel beim SC Freiburg II (0:2) deutlich zu erkennen war: "Die Spieler haben überhaupt kein Selbstbewusstsein. Sie müssen wieder so agieren wie zu Saisonbeginn" Woher sie kommt, die Aufstiegsangst der Löwen? Ein Erklärungsversuch.
Der TSV 1860 verspielt seine gute Ausgangsposition
Die Abwärtsspirale: "Wir hatten eine sehr gute Ausgangsposition, die haben wir uns in den letzten drei Spielen kaputt gemacht." Die Aussage stammt von Kapitän Stefan Lex, der nach dem Freiburg-Malheur Rede und Antwort stand, aber die Nicht-Leistung der Löwen auch nicht recht in Worte fassen konnte. Klar ist, wie Wettberg erkennt: "Wenn der Erfolg ausbleibt, gehen die Köpfe nach unten." Dieser Abwärtsspirale gilt es, sich mit aller Macht entgegenzustemmen.
Kritik von allen Seiten: Was die Giesinger gewiss nicht kalt gelassen hat: Die enorme Erwartungshaltung im Lager der Blauen und die damit einhergehende Kritik, von der enttäuschten Anhängerschaft teils völlig unsachlich formuliert. Lex über die Fans, was einer Mischung aus Forderung und Dank an die mitgereisten Sechzger glich: "Draufhauen bringt im Moment nichts, das wissen auch unsere Fans. Wir müssen alle zusammen am Montag den Bock umstoßen."
Dem TSV 1860 fehlt eine klare Stammformation
Fehlende Stammformation: Ein Mitgrund für den Leistungseinbruch der Blauen ist gewiss, dass Köllner eine klare Stammformation fehlt. Viel zu oft musste oder wollte der Sechzig-Trainer die Startelf tauschen. Verletzte Leistungsträger wie Marcel Bär oder Leandro Morgalla sind das eine, doch gerade im Mittelfeld wechselte Köllner mehr durch, als seinen Kickern und ihm selbst lieb sein kann. Wettberg dazu: "Eine Stammformation gibt Sicherheit, Automatismen können entstehen." Bei Sechzig lief am Ende so gut wie gar nichts automatisch, weshalb sich der TSV die Dinge wieder mühsam erarbeiten muss.

Schwächelnde Neulöwen: "Ich muss mich heute selbst für meine Leistung entschuldigen, bin nicht in die Zweikämpfe reingekommen, habe die Fifty-Fifty-Dinger immer verloren." So selbstkritisch zeigte sich Abwehrchef Jesper Verlaat. Es war tatsächlich eines der schwächsten Spiele von ihm im 1860-Trikot, wenngleich der Niederländer insgesamt zu den Gewinnern zählt.
Andere Neulöwen nahmen sich da schon längere Auszeiten: Fynn Lakenmacher etwa, Bulle von einem Mann und immerhin Sechs-Tore-Stürmer, hat den Kopf derzeit unten. Seine Tore verteilte der zuletzt wirkungslose Angreifer nur auf Heimspiele und hauptsächlich auf Meppen (4:0, Zweierpack) und Aue (3:1, Hattrick). Und dann wäre da noch Spielmacher Martin Kobylanski, der auch Wettberg ein Rätsel ist: "Wieso kriegt man ihn nicht fit?"
Wettberg: "Wieso rennen die nicht? Wo bleibt der Kampfgeist?"
Lähmende Aufstiegsangst: Eine paralysierende Wirkung hat auch, dass 1860 zuletzt zwei Mal am Aufstieg vorbeigeschrammt ist und jetzt die Rückkehr in die Zweite Liga vollmundig ausgegeben hat. Wettberg über den bleischweren Rucksack der Blauen: "Diesen Druck kann man Köllner, auch Günther Gorenzel und der Mannschaft nicht nehmen. Sie müssen damit klarkommen." Dies ist, so klar und deutlich muss man es sagen, aktuell nicht der Fall.
Fehlende Basics: Wohl das Schlimmste für den Fan ist es, sich solche Spiele wie in Freiburg zu Gemüte zu führen: "Wenn man sich dieses Spiel angeschaut hat, fragt man sich schon: Wieso rennen die nicht? Wo bleibt der Kampfgeist?", fragt sich Wettberg. Wenn es keine spielerischen Lösungen gibt, wird nicht nur bei Sechzig traditionell der Biss des eigenen Wappentiers gefragt: kratzen, beißen, kämpfen.
Nun muss Köllner beweisen, ob er seinen Kickern im letzten Heimspiel vor der Winterpause gegen Essen (Montag, 19 Uhr) wieder Kampfgeist und den Glauben an die eigene Stärke einhauchen kann. "Es wäre ein großer Fehler, in Panik zu verfallen", stellt Wettberg klar: "Es geht nur zusammen!"