Bier-Attacke: "Damit schadet man 1860"

Die A-Jugend der Löwen scheidet vor 5600 Zuschauern im Grünwalder Stadion im Halbfinale aus, Fans protestieren gegen Präsident Schneider: „Und Du hast den Verein verkauft!”
von  Pierre Winkler

München - Eigentlich waren sie sauer auf den Schiedsrichter. Einige Löwen-Anhänger hatten Feuerzeuge aufs Feld geworfen und eine Rauchbombe gezündet. Sie regten sich über Schiedsrichter Stefan Glasmacher auf, der viele Szenen gegen den TSV 1860 pfiff im A-Jugend-Halbfinalrückspiel gegen Kaiserslautern (0:2).
Als aber Löwen-Präsident Dieter Schneider zu den eigenen Fans ging, um sie zu beruhigen, schlug ihre Wut um: „Und du hast den Verein verkauft!”, schallte es Schneider entgegen. Die Fanwut wegen des Einstiegs von Investor Hasan Ismaik, sie richtete sich gegen Schneider, den Löwenretter, ohne dessen Wirken 1860 längst insolvent wäre.

„Ich konnte mich nur mit Gesten verständlich machen”, sagte Schneider. Einer schüttete sein Bier in Schneiders Richtung aus. „Der ist nach dem Spiel aber ganz kleinlaut zu mir gekommen und hat sich entschuldigt”, berichtete Schneider später. Wie er damit umgeht, erstmals nicht Liebling der Löwenfans zu sein, sondern Zielscheibe ihrer Attacken? „Ich habe kein Problem damit, wenn jemand eine andere Meinung hat”, erklärt Schneider der AZ. „Mit solchen Sachen schadet man aber dem Verein.” Droht den Löwen in der neuen Saison auch in der Allianz Arena Fanprotest gegen Ismaik? „Das kann ich nicht beurteilen”, meint Schneider. Der Präsident kämpferisch: „Wir werden aber alles tun, um diesen Fans zu zeigen, dass sie Unrecht haben.”

Auch beim FC Bayern hatten Fans zuletzt gegen die Vereinsführung opponiert – am 2. Juli treffen sich deshalb Fanvertreter mit Karl-Heinz Rummenigge und Co. Einen solchen runden Tisch hält Schneider bei 1860 (noch) nicht für nötig: „Wir haben ja einen Fanrat. Man muss sehen, inwieweit dieses Instrument ausreicht. Jeder Verein hat da seine eigene Kultur. Ich bin immer bereit, mit den Fans zu sprechen.”

Immerhin: Nach Schneiders Einsatz war Ruhe – zumindest flog von den Rängen nichts mehr aufs Feld. Sowohl die Fans als auch Löwen-Trainer Ivica Erceg hatten aber weiterhin Grund, sich über Schieds-richter Glasmacher aufzuregen. „Der Schiri kam auch zu mir, hat mir ein Mini-Feuerzeug in die Hand gedrückt und gesagt, das solle aufhören. Mit einem anderen Schiedsrichter wäre vielleicht ein anderes Ergebnis möglich gewesen”, sagte Erceg, gab aber nach dem Halbfinal-Aus zu: „Unser hundertprozentiges Leistungsvermögen war das nicht. Die Jungs waren vor dem Spiel gut drauf, vielleicht waren wir uns nach dem 1:0 im Hinspiel zu sicher.”

Zwei Tore von Nico Pfrengle reichten Kaiserslautern zum Einzug ins Finale, wo am Sonntag der VfL Wolfsburg wartet. Die Löwen verpassten das erste A-Jugend-Endspiel seit 1997. „Für viele in der Mannschaft war das sicher eine einmalige Chance”, sagte Daniel Jais, mit zehn Treffern Toptorjäger der Junglöwen in dieser Saison. „Mit der Saison kann man aber trotzdem zufrieden sein.” Von der Kulisse im Grünwalder Stadion – 5600 Zuschauer – war Jais beeindruckt: „Die Atmosphäre hat uns auf jeden Fall unterstützt.”

Hinter ihren Junioren stehen die Fans also; viele muss Dieter Schneider aber noch vom neuen Weg überzeugen, den die Profis mit ihrem arabischen Investor gehen werden. Ismaik träumt von Barcelona – nicht alle wollen dabei sein. 

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