Bewegender Lorant-Abschied: (Nicht nur) Giesing trauert um einen einzigartigen Löwen
München - Seine unnachahmliche grau-silberne Föhnfrisur schimmerte selbst auf dem kleinen Foto von ihm – im Trainingsanzug mit dem Löwen-Wappen auf der Brust – fast heller als die beiden Kerzen, die zu seinen Ehren daneben auf dem Altar der Pfarrkirche St. Helena platziert waren. Dort, mitten im Herzen Giesings, feierten 500 Sechzger Abschied von einer Lichtgestalt der Löwen, wie es sie kein zweites Mal geben wird: Ruhe in Frieden, Werner.
"Lieber Gott, wir danken dir, dass wir Werner Lorant als Trainer und als Menschen erleben durften", sprach Kult-Pfarrer Rainer Maria Schießler in einem andächtigen Moment des Trauergottesdienstes am Donnerstag. Der bekannte Priester, der selbst ein Sechzger-Fan ist, verlieh der Trauerfeier durch kleine Anekdoten über das Wirken von Werner beinhart, durch Fußball-Vergleiche mit den leidgeprüften Löwen und dem ein oder anderen flotten Sechzger-Spruch über die Fans, die teils in Kutten und weiß-blauen Farben, teils "in den "schwarzen Trikots" der Trauer gekommen waren, eine sportliche Note.
Unzählige Legenden verabschieden sich von Lorant
Schießler bedachte aber auch den Menschen Lorant mit warmen Worten: "Kein Mensch ist perfekt, auch Werner Lorant war es nicht – aber jeder Mensch ist vollkommen."
Peter Pacult, Bernhard Winkler, Thomas Miller, Harald Cerny, Jens Jeremies, Manni Schwabl, Miroslav Stevic, Michael Hofmann, Thorben Hoffmann, Daniel Bierofka, Marco Kurz, Manni Bender, Holger Greilich, Uwe Wolf – unzählige alte Weggefährten Lorants kamen in die Kirche, um ihm die letzte Ehre zu erweisen und der gemeinsamen Triumphe in den neunziger Jahren zu gedenken.
"Das ist doch Ehrensache", meinte Peter Pacult, der Aufstiegsheld von 1994 im Gespräch mit der AZ, den Schießler ans Rednerpult bat, der damalige Torjäger und spätere Co-Trainer Lorants aber dankend verzichtete – bevor ihn die Emotionen übermannten?

"Vor drei Jahren hat mich der Werner nochmal in Klagenfurt besucht, im Rahmen eines Turniers. Damals haben wir schön geplaudert und man hat leider schon gemerkt, dass es ihm nicht mehr so gut geht", erinnert sich der Österreicher: "Es ist schade, dass er sich gegen seine Krankheit nicht mehr wehren konnte, aber der Tod gehört leider zum Leben."
Pfarrer Schießler bringt mit Lorant-Witz die Trauergemeinde zum Lachen
Nicht deplatziert, sondern bestens zu Lorant passend war Schießlers himmlischer Witz, der Applaus wie Gelächter in der Kirche hervorrief: Lorant sei auf dem Weg zum Allmächtigen. "Da stand ein Engel in Sichtweite des Himmelstores und sagte: ‘Werner, reiß di zam an der Himmelspforte, bleib ruhig und sch*** nicht gleich den Erstbesten an, sonst kommst du da nicht rein!’ Werner antwortete: "Das ist mir wurscht – mit Stadionverbot kenne ich mich aus!’"

Eine Anspielung auf die legendären Ausraster Lorants an der Seitenlinie, die ihm enorme Strafen und die ein oder andere Sperre eingebracht hatten.
"Der Werner war eine prägende Persönlichkeit, für mich, für uns alle und den ganzen Verein", sagte ein sichtlich bewegter Miller, damals unter Lorant gefürchteter Verteidiger: "Sportlich hart, aber ehrlich, nach außen hin garstig oder beinhart, aber menschlich eine gute Seele."
Zu guter Letzt trat Lorants jüngere Schwester Erika ans Rednerpult und informierte die Trauergäste mit brüchiger Stimme darüber, dass Lorant in der Familiengruft in seinem Geburtsort Welver beerdigt wird. Ihre bewegenden Worte: "Ich habe Werner in den letzten Tagen seines Lebens begleitet und möchte mit euch Abschied nehmen. Obwohl unser Schmerz groß ist und Werner uns früh genommen wurde, werden wir nie vergessen, dass er ein Teil unserer Familie und ein Teil der Fußballgeschichte ist." Direkt an den Bruder gerichtet sagte sie: "Werner, wir werden dich für immer in unseren Herzen tragen."

Robert Reisinger fehlt bei Trauerfeier für Werner Lorant
Als die Löwen wieder aus der Kirche gezogen waren, herzten sich Lorants ehemalige Schützlinge, die sich teils jahrelang nicht gesehen hatten. "Schade, dass sich der Verein da nichts einfallen lässt", fand Sturm-Legende Bernhard Winkler. Meisterlöwe Fredi Heiß fragte etwas provokativ: "Wo ist denn eigentlich jemand, der 1860 repräsentiert?"
Eine Delegation um Trainer Patrick Glöckner, Geschäftsführer Christian Werner und Kapitän Jesper Verlaat, Torhüter Marco Hiller oder Neulöwe Philipp Maier war gekommen, doch Heiß spielte auf die Abwesenheit von Präsident Robert Reisinger an. Mit Verwaltungsrats-Boss Sascha Königsberg, Ex-Vizepräsident Hans Sitzberger, die Ex-Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer und Robert Schäfer sowie dem designierten Vize Christian Dierl hatten es dann doch einige ehemalige, aktuelle und baldige Bosse geschafft.
Was 1860 ebenfalls verpasste, aber Haching-Präsident Schwabl spontan mit einigen alten Kollegen einläutete: eine Art Leichenschmaus im Hachinger Wirtshaus.

Hätte Lorant gewiss gefallen, dort im Biergarten in der Sonne sein Weißbier zu trinken. Mit wehender Löwen-Mähne.