Abschied von Peter Grosser: Ruhe in Frieden, ewiger Meisterlöwe

Peter Grosser ist tot. Die Polizei findet die 1860-Ikone leblos auf. "Das ist einfach nur traurig", sagt Fredi Heiß.
von  Matthias Eicher
Wurde tot in seiner Münchner Wohnung aufgefunden: Peter Grosser, der Kapitän der legendären Meisterlöwen von 1966.
Wurde tot in seiner Münchner Wohnung aufgefunden: Peter Grosser, der Kapitän der legendären Meisterlöwen von 1966. © imago images/Sven Simon

München - Er war der einzige Löwen-Kapitän, der je eine Meisterschale in den weiß-blauen Himmel hielt. Seine Karriere war gekrönt von großen Triumphen, sein Leben erschüttert durch private Schicksalsschläge. Er machte keinen Hehl daraus, dass ihm die Corona-Krise in den letzten Monaten die Lebensfreude raubte. Nun hat der Meisterlöwe seinen letzten Kampf verloren.

Peter Grosser ist tot. Der TSV 1860 trauert um seinen Spielführer der legendären Meistermannschaft von 1966. Grosser (82) wurde am Dienstagmorgen leblos in seiner Wohnung aufgefunden. Die Todesursache ist noch ungeklärt. "Ich bin schockiert. Wir haben erst kürzlich telefoniert, das ist erst etwa 14 Tage her", sagte Meisterlöwen-Kollege Fredi Heiß der AZ: "Der Peter kam mir verändert vor, war nicht gut drauf. Wir wollten uns eigentlich bald mal wieder treffen. Das ist nur traurig."

Peter Grosser litt unter der Corona-Krise

Wie alle Sechzger weint Heiß um eine der größten Vereinslegenden. Die Giesinger schrieben: "Die gesamte Löwen-Familie ist in tiefer Trauer. Peter Grosser hat nicht nur Titel mit dem TSV 1860 gewonnen, sondern auch als Mensch in Giesing tiefe Spuren hinterlassen. Ruhe in Frieden!"

Am 28. September 1938 in München geboren, durfte Sechzigs Ikone 2020 noch seinen 82. Geburtstag begehen. Zum Feiern war ihm in Zeiten der Corona-Krise nicht mehr zumute. Bedrückt bedankte er sich für die telefonischen Glückwünsche der AZ: "Ein Fest gibt's nicht, rausgehen soll man auch nicht. Ich hoffe, dieser Schmarrn ist bald vorbei."

Sein größter sportlicher Triumph - und der größte Erfolg des TSV 1860: 1966 führt Peter Grosser die Löwen als Kapitän zur Meisterschaft.
Sein größter sportlicher Triumph - und der größte Erfolg des TSV 1860: 1966 führt Peter Grosser die Löwen als Kapitän zur Meisterschaft. © imago images/Sven Simon

Dank AZ-Reporter: So kam Peter Grosser zum TSV 1860

Es sollte ihm nicht mehr vergönnt sein, das Ende der Pandemie zu erleben. Grosser und die Abendzeitung, das ist übrigens eine eigene Geschichte. Zwischen 1958 und 1963 war der torgefährliche Mittelfeldspieler zuerst für den FC Bayern aktiv (134 Spiele, 65 Treffer). Trotz einer Vereinbarung der Rivalen, sich keine Spieler abzuwerben, landete Grosser nach einem Clinch mit dem FCB dank der Einmischung von AZ-Reporter Rolf Gonther doch noch an der Grünwalder Straße, wo er bis 1969 blieb (130 Spiele, 49 Tore).

Früher, als die AZ-Redaktion noch die Sendlinger Straße ihre Heimat nannte, war Grosser fast ein Nachbar. Er lebte nur ein paar Schritte entfernt. Wollte ein Reporter nach dem Löwen-Spiel mal wieder etwas wissen, schlug Grosser gerne den Asamhof als Treffpunkt vor - besser, als sich den Telefonhörer ans Ohr zu halten.

Peter Grosser polarisierte die Fan-Lager

"In de Knia, da hackelt's und schnackelt's gern", meinte der Jubilar, als er sich mit dem AZ-Kollegen Florian Kinast zu Ehren seines Achtzigsten nochmal im alten Stammlokal getroffen hatte. Auch im "Löwenstüberl" am Vereinsgelände traf man Grosser oft, manchmal im Doppelpack mit Heiß. Man traf ihn als ehrlichen Fürsprecher seiner Sechzger, der seine Worte mit Bedacht wählte. "Herr Eicher, seiens nicht zu hart zu meinen Löwen!", mahnte er nach so manchem sportlichen Rückschlag, um dagegen bei besonders schwachen Leistungen grantig abzuwehren: "Ich sag' lieber nix. Sonst wird's böse."

Ehrung zum 50-jährigen Jubiläum: Rejek mit Reich, Grosser, Radenkovic, Rebele, Patzke und Heiß - sowie Cassalette (v.l.).
Ehrung zum 50-jährigen Jubiläum: Rejek mit Reich, Grosser, Radenkovic, Rebele, Patzke und Heiß - sowie Cassalette (v.l.). © sampics/Augenklick

Bei aller Kritik, geäußert oder hinuntergeschluckt - er meinte es immer gut mit seinem Herzensverein. Gerade deshalb konnte er gar nicht anders, als im Fan-Lager der Löwen mit seinen vereinspolitischen Ansichten zu polarisieren: "Wir hätten nie aus der Allianz Arena ausziehen dürfen!", sagte er.

Ismaik über Grosser: "Ein Querdenker und Visionär"

Grosser dachte groß, wollte 1860 wieder in der Bundesliga sehen. Kein Wunder, dass ihn Investor Hasan Ismaik im Rahmen seiner Anteilnahme als "Querdenker und Visionär" bezeichnete.

Sportlich erlebte Grosser eine lange und erfüllte Karriere, wenngleich dem zweifachen Nationalspieler - für viele unverständlich - die WM-Teilnahme 1966 geraubt wurde. Seine aktive Laufbahn beendete er 1975 beim SV Austria Salzburg (164 Spiele, 32 Tore), er wurde danach Trainer in Unterhaching und bei Türkgücü sowie zwischen 1990 und 2011 Hachinger Vizepräsident. Hachings Boss Manni Schwabl nahm ebenfalls Anteil am Tod Grossers und zeigte sich "tief bestürzt" über den Verlust "eines der wichtigsten Gesichter des Vereins".

Schwere Schicksalsschläge: Grosser verlor seine beiden Söhne

Schrecklich sein Schicksal, Grosser musste den Tod seiner beiden Söhne ertragen: Filius Peter starb 1979 mit 19 Jahren bei einem Verkehrsunfall in Fürstenried. Thomas erlitt 2008 einen Herzstillstand - bei einem Hallenkick in Unterhaching. "Manchmal fragst du dich, warum das Leben so brutal zuschlägt. Ein Kind zu beerdigen, ist schon furchtbar. Aber zwei. Drüber weg kommst du nie", sagte Grosser einmal: "Ich hätt' auch von der Brückn springen können. Aber das hätt' auch nichts gebracht."

Jetzt ist er mit seinen Söhnen wieder vereint - und schaut seinen Münchner Vereinen von oben zu. Ruhe in Frieden, Meisterlöwe.

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