Serena Williams: "Gemein wie ein Kettenhund"

Ein etwas ausgefallenes Kompliment von Papa Richard Williams an seine Tochter Serena, die im Wimbledon-Finale ihre Schwester Venus besiegte. Warum der Papa da schon im Flieger saß...
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Präsemtieren ihre Trophäen: Serena Williams (l.), die Siegerin, und ihre Schwester Venus.
AP Präsemtieren ihre Trophäen: Serena Williams (l.), die Siegerin, und ihre Schwester Venus.

LONDON - Ein etwas ausgefallenes Kompliment von Papa Richard Williams an seine Tochter Serena, die im Wimbledon-Finale ihre Schwester Venus besiegte. Warum der Papa da schon im Flieger saß...

Die großen Centre Court-Duelle seiner „Cinderellas aus dem Ghetto“ hält der schrullige Multimillionär nervlich einfach nicht durch. Und so musste Daddy Richard Williams den Spruch zum finalen Sister Act schon liefern, bevor er First Class heim nach Amerika flog, „um endlich den Rasen rund um unsere Villa abzumähen.“ In leiser Vorahnung der Kraftverhältnisse im letzten Turniermatch beschrieb der Chef der Tennis-Familiendynastie seine Tochter Serena als „ungewöhnlich bissig“ in diesen Wimbledon-Tagen 2009: „Sie ist so gemein wie ein Kettenhund auf dem Platz. Du möchtest ihr lieber nicht begegnen.“

Und so, wie der Oberhäuptling der „Williamses“ es klammheimlich prophezeit hatte, geschah es denn auch: Nicht die souveräne Regentin der letzten Jahre im grünen Rasenreich, Venus Williams (29), sondern ihre zwei Jahre jüngere Schwester Serena hielt am Samstag Nachmittag stolz und vergnügt die Silberschale in den sonnigen Himmel über London. „Ich wollte endlich auch mal wieder meinen Namen auf dem Ding sehen“, befand die freche Fighterin nach dem 7:6 (7:3), 6:2-Endspielsieg im recht einseitigen, schwunglosen Vergleich.

Ohnehin weit entfernt von allen 126 Mitbewerberinnen um den Höchstpreis im ganzen Wanderzirkus, spielte Little Sister Serena an diesem 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, zum allgemeinen Erstaunen auch in einer anderen Leistungsliga als die „abgesetzte Queen Venus“ (The Mirror). „Wenn man eines Tages auf die Karriere von Serena Williams zurückschauen wird, dann bleibt als großes Vermächtnis diese ungeheure Willenskraft, diese Intensität, dieser unbedingte Ehrgeiz“, sagte US-Tennislegende Billie Jean King, die mit ihren zwölf Grand Slam-Titeln jetzt nur noch einen Majortriumph der jüngeren Tennisbotschafterin aus dem Hause Williams lag.

Die stärkste und schillerndste Figur im Damentennis der Gegenwart ist diese Serena Williams allemal, eine bullige Fighterin, die bei allem Hang zum Glamour und Glitzer auch ein Gegenentwurf ist – ein lebendes Kontra zum schönen, schwachen Schein der Tour. Mag die Russin Dinara Safina dieser Tage auch als offizielle Nummer 1 der Weltrangliste grüßen, die Beste in der umherziehenden Karawane ist nur eine – die neue Wimbledon-Championesse, die gleichzeitig auch im Besitz der Grand Slam-Titel von New York und Melbourne ist.

Die Williams-Sisters werden in Wimbledon noch ein paar Jahre herrschen

„Ich bin lieber die Nummer 2 mit drei Pokalen im Schrank als die Nummer 1 ohne großen Titel“, eröffnete die Siegerin der Rasenmeisterschaften am Samstag ihrem Presseauditorium – dabei in der Paraderolle als fröhliche Provokateurin brillierend. Sie gratuliere Safina aber zur „tüchtigen Anstrengung, da oben gelandet zu sein“, so Serena, „dazu musste sie die Turniere in Madrid und Rom gewinnen.“ Sprach´s und konnte sich vor Lachen kaum einkriegen in ihrem knappen, hautengen T-Shirt mit rosa Aufdruck: „Are you looking at my titles?“.

Langweilig wird es einem ja nicht mit dieser Wuchtbrumme, die in der Hitze großer Duelle auf jeden Ball so erbarmungslos und präzise draufzuhauen scheint, als sei es der letzte in ihrem Leben. „Es gibt keine zweite Spielerin, die ihren „Willen auf dem Platz so ausdrückt wie Serena“, sagte Virginia Wade, die letzte britische Wimbledonsiegerin, „das ist einfach in ihren Genen drin.“ Kein Wunder, dass es jene Kämpfernatur Serena Williams war, die nun auch schon rekordverdächtig zum dritten Mal auf dem Weg zu einem Grand Slam-Triumph einen Matchball abwehrte – genau wie in den Habfinals der Australian Open 2003 und 2004 (gegen Kim Clijsters und Maria Scharapowa) stemmte sich die Amerikanerin nun im Vorschlußrunden-Duell mit Jelena Dementiewa erfolgreich gegen den Knockout: Der abgewehrte Siegpunkt klatschte an die Netzkante und von dort ins Feld der Russin.

Es war allerdings der einzige kribblige Augenblick in einer Wimbledon-Kampagne, in der Serena Williams mit souveräner Lässigkeit ihre Haus-Arbeiten auf den Grünflächen des All England Club verrichete. Sie war in diesem Jahr einfach die bessere, zupackendere Repräsentantin des eindrucksvollsten Tennisclans aller Zeiten – einer Erfolgstruppe, die insgesamt acht von zehn Wimbledon-Titeln seit dem Start ins neue Millenium holte, fünf in Person von Venus, drei in Gestalt von Serena. „Für das Spiel auf Rasen sind sie beide wie geschaffen. Sie werden hier wohl noch ein paar Jahre einsam herrschen“, sagte Experte John McEnroe, „erst kommen die Williamses . Und dann der Rest der Welt.“

Und wenn sie nicht gegeneinander spielen, dann siegen sie ganz nebenher auch noch noch gemeinsam. Denn als sich schon langsam Dunkelheit über diesen Londoner Samstag legte, da hatte auch Venus Williams noch ihren Titel abbekommen – nach einem 7:6 (7:4), 6:4-Doppelsieg an der Seite ihrer fabelhaften Schwester Serena gegen das australische Pärchen Stosur/Stubbs. Was das Fazit dieses Damenturniers bekräftigte: Wimbledon 2009 – es war Williams und sonst nichts.

Jörg Allmeroth

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