Münchner bei Olympia: Sprinter Tobias Unger

MÜNCHEN Relaxen an der Isar, Joggen im Englischen Garten. Tobias Unger kennt die Vorzüge Münchens und hat sich hier „immer wohlgefühlt“. Dabei ist der Profisportler schon im Grundschulalter von der bayerischen Landeshauptstadt ins Schwäbische gezogen. Mit seinen Eltern ging es damals nach Kirchheim/Teck in der Nähe von Stuttgart, wo der 33-Jährige noch heute wohnt.
Bevor es für den besten deutschen 100- und 200-Meter Sprinter der vergangenen Jahre Anfang August zu den Olympischen Sommerspielen nach London geht, erinnert sich Tobias Unger gegenüber der AZ gerne an seine ersten Jahre in München und vor allem an die Zeit, als er des Sports wegen noch einmal für zwei Jahre zurückgekehrt ist. Ende 2009 war das. Vom LAZ Salamander Kornwestheim wechselte er damals zur LG Stadtwerke München – und blieb immerhin zwei Jahre.
„Ich hatte eine tolle Zeit. Zusammen mit meinem Kumpel, dem Stabhochspringer Fabian Schulze, habe ich in einer WG in Obermenzing gewohnt“, sagt Tobias Unger. Besucher hatten die beiden in dieser Zeit jede Menge. „Vor allem während des Oktoberfests. Da war das schon immer cool. Jeder wollte zu uns kommen. Hätten wir die Wohnung zu der Zeit vermietet, hätten wir viel Geld verdienen können“, sagt Tobias Unger und lacht.
Gerne erinnert er sich auch an regelmäßige Besuche auf dem Viktualienmarkt oder dem Tollwood-Festival: „Da hat’s mir immer sehr gut gefallen, das war ein bisschen Alternativprogramm zum Alltag.“ Wenn Tobias Unger das so sagt, klingt es etwas nach Sehnsucht, nach Heimatgefühlen. Kehrt er also bald nach München zurück? „Vorstellen kann ich mir das natürlich, aber in Kirchheim fühle ich mich auch super wohl.“ Sowieso stehen für den Studenten der Sportwissenschaft in den nächsten Wochen genügend Aufgaben an, die keine Sehnsucht nach Relaxen an der Isar oder Joggen im Englischen Garten aufkommen lassen.
Ende Juli wartet die mündliche Bachelor-Prüfung zum Thema Sport- und Gesundheitsförderung. Im Anschluss daran geht es nach London zu Olympia. „Nach München wird’s mir also erst wieder im Anschluss an die Spiele reichen“, sagt Tobias Unger, der als kleiner Bub zunächst fasziniert war vom Weitwurf, dann aber gemerkt hat, dass er besser rennen kann als werfen. Seitdem ist er auf der Jagd nach Sekunden. Zehntelsekunden. Hundertstelsekunden. Zu einem internationalen Titel hat es in seiner Karriere bisher zwar noch nicht gereicht, dafür hat Tobias Unger insgesamt 15 deutsche Meistertitel in der Halle und auf der roten Asche vorzuweisen.
Bei den Olympischen Spielen in Athen und Peking blieb er ohne Medaille. Dass sich dies nun in London ändern könnte, glaubt Unger nicht. „Wenn man realistisch ist, wird das auch nichts mehr. Da müssten wir mit der Staffel schon sehr vom Pech der anderen profitieren. Aber irgendetwas zwischen Platz fünf und acht sollte schon drin sein.“ Nach London will Unger noch zwei Jahre weitersprinten. Bis zur Europameisterschaft 2014.
Dann soll Schluss sein. Für die Zeit danach büffelt der Profisportler auch in den Tagen vor Olympia. „Ich will das einfach vor London weghaben“, sagt Unger, der noch immer in regem Kontakt mit vielen anderen Sportlern mit Münchner Bezug steht. Sei es der Stabhochspringer Tim Lobinger oder der 400-Meter-Staffelläufer Kamghe Gaba. Im Deutschen Haus an der Themse will er nicht über den Büchern hängen, sondern mit den anderen deutschen Athleten die Stimmung genießen. „Zumal es ja meine letzten Olympischen Spiele werden, das will man dann schon auskosten. Auch wenn ich sicher nicht die ganze Zeit im Deutschen Haus abhängen werde.“ Entspannen kann er aber erst nach den Wettkämpfen.
In London will er über die 200 Meter und mit der 100-Meter-Staffel starten. Ein bisschen Aufregung gehört auch bei den dritten Spielen für Tobias Unger dazu. „Da bekommt man als Sportler einfach keine Routine rein.“
Sprinter Tobias Unger:
Geboren: Am 10. Juli 1979 in München.
Beruf: Student der Sportwissenschaft.
Leben: Wohnt in Kirchheim/Teck bei Stuttgart.
Verein: VfB Stuttgart.
Disziplinen: 200 Meter, 100-Meter-Staffel.
Erfolge: 15 deutsche Meisterschaften in der Halle und auf der roten Asche, Europameisterschafts-Zweiter in Helsinki 2012, zwei Olympia-Teilnahmen (2004 und 2008).