Markenzeichen Wut: McEnroe wird 50
Tennis-Rüpel gehört noch lange nicht zum alten Eisen, aber Freude kann er sich über den Ehrentag nicht. "Besonders toll fühle ich mich nicht, 50 zu werden. Ich habe Probleme mit meinem Arm, das hatte ich noch nie."
Schon vor Boris Becker erblickte in Deutschland einer der erfolgreichsten Spieler der Tennis-Geschichte das Licht der Welt. Am 16. Februar 1959 wurde in Wiesbaden ein gewisser John Patrick McEnroe Jr. geboren, Sohn von John Senior, damals mit der US- Luftwaffe in Deutschland stationiert. An diesem Montag feiert der Junior, der mit weniger als einem Jahr nach New York zog und später zur Tennis-Legende wurde, seinen 50. Geburtstag.
Interview-Anfragen dazu bügelt sein Manager und guter Freund Gary Swain in schlanken E-Mails ab: John habe keine Lust, Fragen zu beantworten. Im Dezember beim Senioren-Masters in London hatte der dreimalige Wimbledon- und viermalige US-Open-Champion wissen lassen: „Besonders toll fühle ich mich nicht, 50 zu werden. Ich habe Probleme mit meinem Arm, das hatte ich noch nie.“
McEnroe wirkt bei den Oldie-Turnieren drahtig und austrainiert wie kein anderer. Und auch in seinen Schimpftiraden ist er unübertroffen. „Die Leute erwarteten von mir, dass ich ausflippe“, schilderte der fünffache Vater einmal der „New York Times“. „Sie kommen dafür, mich Schläger schmeißen und die Schiedsrichter anpöbeln zu sehen – nicht wegen der Qualität meines Tennisspiels. Und das wirkt sich komisch auf meine Psyche aus.“ „Absurd“ und „irgendwie lustig“ sei das, dass er manchmal selbst nicht mehr wisse, ob er wirklich sauer sei.
Einerseits ist es tragisch, dass er mehr für seine Launen denn für sein Tennis in Erinnerung geblieben ist. Das sagte sogar einmal der langjährige Wimbledon-Oberschiedsrichter und McEnroe-Intimfeind Alan Mills. Andererseits spielt McEnroe selbst auch mit seinem Image als Wutkopf und Flegel. In einem Werbespot aus dem Jahr 2005 diskutiert er mit einem Polizisten, ob sein Auto innerhalb oder außerhalb der Halteverbotslinie geparkt ist. Und in „Die Wutprobe“ (2003), einem Film mit Adam Sandler, mimt er sich selbst – in einer Therapiegruppe.
Es fehlt dem Genie, der manischer Ehrgeizling und Perfektionist ist, nicht an Selbstironie. So beschreibt er in seiner 2002 erschienenen Autobiografie, wie er, der begeisterte Hobby-Gitarrist, seine zweite Frau, die Rock-Sängerin Patty Smyth (51), einst zu einem gemeinsamen Konzert überreden wollte. Smyth habe ihm entgegnet: „Schau John, du kannst nicht erwarten, der großartigste Tennisspieler aller Zeiten und gleichzeitig noch Keith Richards zu sein.“
McEnroes Autobiografie heißt „You Cannot be Serious!“ („Das kann nicht Dein Ernst sein!“), ein Satz, den er den Unparteiischen mit Vorliebe an den Kopf schleuderte. Der Lockenkopf, der die Gegner nicht nur mit Dauer-Gezeter, sondern auch mit ständigem Gezupfe am Hemd entnervte, erhielt rasch Spitznamen wie „Superbrat“ („Super- Rotzlöffel“). Auch heute in der Rolle als scharfzüngiger TV-Kommentar bei Grand-Slam-Turnieren polarisiert McEnroe: Vor einigen Jahren drohte ihm bei den Australian Open der Bruder eines Spielers Prügel an, nachdem er vorher allzu übel über dessen Spiel hergezogen war. „Er ist der Talentierteste, der je gespielt hat“, sagte der französische Ex-Profi Guy Forget (44) kürzlich im „tennismagazin“ über den Serve- und Volley-Spezialisten. „Bigmac“ sammelte in seiner Karriere 77 Einzel- und 78 Doppeltitel – den letzten seiner fünf Wimbledonsiege im Doppel 1992 mit Michael Stich. Zudem beendete der Linkshänder mit dem famosen Ballgefühl die Jahre 1981 bis 1984 jeweils als Weltranglisten-Erster. Doch Forget, heute Kontrahent McEnroes bei den Senioren, erklärte auch: „Er hasst es immer noch am meisten von uns, zu verlieren.“