Judoka Stoll in der AZ: "Mein großer Traum ist eine Medaille bei Olympia"
AZ: Frau Stoll, herzlichen Glückwunsch nachträglich zu Bronze bei der Judo-EM. Die Feier wird corona-bedingt moderat gewesen sein, oder?
THERESA STOLL: Wir haben mit der Familie ein bisschen angestoßen. Aber dadurch, dass sehr viel Trubel war und ich an dem Wochenende auch noch Geburtstag hatte, war ich nicht böse, dass es keine riesige Feier gab.
Sorge vor einer Corona-Infektion beim Judo
Judo ist Vollkontaktsport. Hatten Sie Sorgen, sich beim Turnier anzustecken?
Ich hatte am Anfang auf jeden Fall Respekt und wusste nicht, wie das Ganze ablaufen soll. Es gab eine eigene Bubble, in der wir uns aufhalten mussten. Nach dem Check-In mussten wir einen Coronatest machen und bis zum Ergebnis im Zimmer in Quarantäne bleiben. Wir durften erst raus, als das Ergebnis da war. Beim ersten Kampf hatte ich ein etwas merkwürdiges Gefühl, das war aber vor allem der fehlenden Routine geschuldet.
Stolls Ziel für Olympia 2021: Eine Medaille
Wie lauten Ihre Ziele bei den Olympischen Spielen im kommenden Jahr?
Es ist mein großer Traum und mein Ziel, eine Medaille zu holen. Ich fahre für eine Medaille dort hin. Wenn mir das nicht gelingen würde, wäre ich super enttäuscht.
Ihre Zwillingsschwester Amelie ist Trainingspartnerin und Konkurrentin zugleich. Nur ein Judoka einer Gewichtsklasse pro Nation darf zu Olympia. Sie haben sich letztlich durchgesetzt. Ist es hart, dieses Duell gegen die eigene Zwillingsschwester zu führen?
Auf jeden Fall. Es tut mir natürlich auch super leid, weil ich weiß, wie sehr meine Schwester es will. Sie ist mindestens genauso ehrgeizig wie ich - und trainiert genauso hart. Es ist nicht einfach, aber es ist eine Tatsache, die wir beide akzeptieren müssen. Wir mussten uns von Anfang an damit auseinandersetzen, dass wir gegeneinander kämpfen und Konkurrentinnen sind. Es gibt keine richtige Lösung für uns, deshalb müssen wir die Situation so annehmen und das Beste daraus machen.
Geschwisterkampf: " Wir sind es gewohnt, gegeneinander zu kämpfen"
Die Brüder Karl-Richard und Johannes Frey hatten beschlossen, nicht gegeneinander anzutreten. Hatten Sie auch derartige Überlegungen?
Wir waren fast immer in der selben Gewichtsklasse. Wir haben das alles durchgespielt, ob es eine Möglichkeit gibt, dass eine von uns in eine andere Gewichtsklasse unter- oder oberhalb wechselt. Aber beides ist körperlich nicht möglich. Wir sind es gewohnt, gegeneinander zu kämpfen. Es ist nichts Schönes, aber eine Tatsache, die wir akzeptiert haben.
So können Sie beide sich auch gut gegenseitig motivieren. Kann dieser andauernde Vergleich zwischen Schwestern auch ermüdend sein?
Ich bin super froh, dass ich eine Zwillingsschwester wie Amelie habe und es überwiegen die schönen Dinge. Die Tatsache, dass man oft in einen Topf geworfen und verglichen wird, ist aber nicht ganz einfach. Obwohl wir eigentlich zwei normale Geschwister sind und jeder seinen eigenen Weg geht, wird man sehr oft verglichen.
Stoll: "Judo ist für mich eine der schönsten Sportarten"
Wenn Sie Abwechslung brauchen zwischen Training, Wettkämpfen und Studium. Wo kriegen Sie Ihren Kopf frei und können abschalten?
Ich gehe super gerne in die Berge. Ich war sogar nach dem Wettkampf in den Bergen unterwegs. Nach dem ganzen Trubel in Ruhe die Natur genießen zu können, hilft mir sehr.
Judo ist Randsportart. Wo müsste Ihrer Meinung nach angesetzt werden, damit der Sport öfter im Fokus steht?
Wenn beim Judo sehr viel taktiert wird, ist es selbst für uns Kämpfer nicht sonderlich attraktiv. Die Regeln verändern sich regelmäßig, die Kampfgerichte versuchen die Regeln so anzupassen, dass die Kämpfe spektakulärer werden. Ich bin der Meinung, dass dies noch nicht ganz geschafft wurde. Zudem sind die Regeln nicht einfach und man müsste sich etwas mehr damit befassen, um sie zu verstehen. Das ist schade, denn für mich ist Judo eine der schönsten Sportarten.
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