Graf und Becker drücken Lisicki die Daumen
Am Samstag greift Sabine Lisicki nach dem Triumph im Tennis-Mekka Wimbledon. Nach ihren glanzvollen Siegen gegen Williams und Radwanska gilt sie gegen die Französin Marion Bartoli als Favoritin.
London – Es dauerte nur wenige Stunden, da war der Lisicki-Hype über den großen Teich geschwappt. Aus dem fernen Las Vegas gratulierte Steffi Graf ihrer Nachfolgerin im Wimbledonfinale und Dirk Nowitzki forderte Sabine Lisicki über das Finale gesprochen. Er hat mir ein paar Tipps gegeben. Ich finde es einfach toll, dass er sein erstes Endspiel hier gewonnen hat.“
Mit dem Sieg über Agnieszka Radwanska ist die blonde Berlinerin im Kreis der großen deutschen Sportstars angekommen, plötzlich nimmt die Nation Anteil an ihrem Siegeszug, und selbst die Briten vergessen für einen kurzen Moment die „Murray-Mania“. Ob sie mittlerweile in England beliebter als in ihrer Heimat sei, wollten die Gastgeber des bedeutendsten Tennisturniers der Welt wissen. Sabine Lisicki lachte, so wie sie in diesen Tagen immer lacht. „Ich weiß es nicht“, sagte sie: „Ich glaube, Deutschland ist gerade ziemlich glücklich.“
Happy sind jedoch auch die Briten. Die altehrwürdige Times bewundert Lisicki für ihre Kampfkraft, sie rühmt die 23-Jährige als Spezialistin „für aussichtlose Fälle“. Zum zweiten Mal innerhalb von vier Tagen lag Lisicki gegen Radwanska in einem entscheidenden Satz 0:3 in Rückstand, zum zweiten Mal drehte sie mit dem Rücken zur Wand auf und das Match gegen eine Weltklassespielerin.
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„Fang' gar nicht erst an, gegen Sabine Lisicki zu gewinnen. Bringe dich bloß nicht in die Situation eines sicheren Sieges. Denn du weißt, das bringt sie in Rage. Und wenn sie in Rage ist, spielt sie ziemlich furchterregendes Tennis. Ihrem besten Tennis ist nichts entgegenzusetzen: Frag Serena Williams“, schrieb die Times.
Das Achtelfinale gegen die Top-Favoritin, der tränenreiche Sensationssieg war für Lisicki selbst das Schlüsselspiel auf dem Weg ins Finale gegen die Französin Marion Bartoli (Samstag, 15.00 Uhr MESZ). „Das Gefühl nach dem Sieg gegen Serena war noch größer, noch intensiver. Nachdem ich sie geschlagen habe, habe ich wirklich daran geglaubt, dass hier alles möglich ist“, sagte Lisicki nach ihrem Halbfinalkrimi, mit dem sie in die Fußspuren der großen Steffi Graf getreten war.
Auf den Tag genau vor 14 Jahren stand die Brühlerin zum letzten Mal im Wimbledonfinale, es war ihr neuntes insgesamt. Solch dramatische Vorstellungen, wie Lisicki sie auf dem Heiligen Rasen abliefert, ringen auch Graf größten Respekt ab. 'Super Sabine! Unglaublicher Kampf, toll wie Sabine Lisicki gegen Agnieszka Radwanska ihre Ruhe und Nerven behalten hat und selbst nach einem Rückstand von 0:3 im dritten Satz wieder zu ihrem Spiel gefunden hat", schrieb Graf bei Facebook: 'Wir werden alle im Finale mitfiebern und drücken ihr fest die Daumen!"
Der Unterstützung des Publikums auf dem Centre Court darf sich Lisicki zudem sicher sein. Sie ist der Publikumsliebling, wirkt mit ihrem Strahlen wie ein Magnet auf die Fans. 'Sab Fab!", dichtete der Boulevard: „Lisicki wird auch im Damenfinale am Samstag gegen Marion Bartoli nach vorne gebrüllt werden.“ Die Finalistin des Jahres 2007 mit dem ungewöhnlichen Spielstil hat sich im Turnierverlauf unbeliebt gemacht, als sie sich beim Schiedsrichter über den feuchten Rasen beschwert hatte. Buh-Rufe waren die Konsequenz.
Von Gegenwind hat sich die eigenwillige Bartoli jedoch nie beeindrucken lassen, er macht sie nur stärker. „Ich denke, dass ich es verdient habe, noch einmal im Wimbledon-Finale zu stehen“, sagte sie sechs Jahre nach ihrer Niederlage gegen Venus Williams. Dass „Queen Marion“ (L'Equipe) bereit ist, zeigte sie nicht erst im Halbfinale gegen die Belgierin Kirsten Flipkens. Bartoli ist im Turnierverlauf noch immer ohne Satzverlust.
Dennoch gilt Sabine Lisicki als große Favoritin auf den ersten deutschen Wimbledonsieg seit 1996 – nicht nur bei den Buchmachern. Sie hat die größeren Gegnerinnen geschlagen, das Publikum auf ihrer Seite und scheinbar unerschütterliches Selbstvertrauen.