WM in Katar: "Bloß weg aus der Hitze"

Trainer Uli Stielike ist Katar-Experte. Warum er von einer WM im Sommer abrät, welche Erfahrungen er hat
Florian Bogner |
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AZ: Herr Stielike, Sie trainierten zuletzt Al-Sailiya aus Doha. Was sagen Sie zur Frage: WM 2022 in Katar im Sommer oder Winter?

ULI STIELIKE: Eine Sommer-WM würde für die Kataris kein Problem darstellen.

Bitte?

Alles, was es braucht, sind gekühlte Stadien, um für vernünftige Temperaturen zu sorgen. Und wenn die Kataris eins haben, dann ist es Geld, um für die richtige Technologie zu sorgen. Aber...

Ja?

Zur WM werden hunderttausende Fans und Touristen anreisen. Aber hier kann man im im Juni oder Juli nicht mal an den Strand gehen. Da verbrennt man sich die Füße. Das Wasser hat Badewannentemperatur. Man darf bei der Austragung einer WM nicht nur an die Fußballer und deren Terminschwierigkeiten denken.

Zumal in Katar der Ligabetrieb im Hochsommer ruht.

Genau. Es wäre paradox, die WM in dem Zeitraum auszutragen, in dem selbst die Einheimischen das Weite suchen. Für die Kataris ist die Sommerpause sogar ein erheblicher Nachteil, weil die asiatische Champions League von Frühjahr bis November geht. Wenn es ginge, hier im Sommer zu spielen, würden sie es längst machen.

Wie darf man sich Katar im normalen WM-Zeitraum vorstellen?

Da ist hier keiner. Kein Fußballer zumindest. Der Juni ist der Urlaubsmonat. Im Juli geht's drei Wochen ins Trainingslager nach Europa. Bloß weg von der Hitze.

Wie fühlt sich der Sommer in Katar an?

Sobald die vier vorne am Thermometer aufleuchtet, weißt du, was Hitze ist. Wenn man in der Bundesliga im August über 32 Grad stöhnt, muss ich schmunzeln. 32 Grad hat man im Juni hier zum Frühstück. Tagsüber sind 45 bis 48 Grad keine Seltenheit. Das ist happig. Das tut beim Atmen weh.

Ganz anders im November/Dezember.

Dann sind die Bedingungen hier ideal. Die Bayern erleben es gerade. Dabei ist das Wetter gerade ungewöhnlich schlecht für diese Zeit – mit angenehmen 18 Grad. Bis April ist alles okay.

Die Terminfrage mal ausgenommen: Was erwarten Sie sich von der Wüsten-WM?

Katar hat einen riesigen Vorteil: die kurzen Wege. Vom Stadtzentrum Doha sind fast alle WM-Stadien in 45 Minuten zu erreichen. Für die Spieler ist das angenehm – und die Fans können sogar zwei, drei WM-Spiele am Tag sehen.

Die Infrastruktur gibt das her?

Ja. Deswegen ist Doha jetzt schon eine einzige Baustelle. Nicht nur wegen der WM, die hat das aber nochmal beschleunigt.

Wird sich Katar, das immer noch als nicht frei gilt, bis 2022 weiter westlichen Standards anpassen, sich öffnen müssen?

Katar wird sich nach und nach öffnen. Die WM-Organisatoren sind alles junge Leute. Zum Großteil gehören sie der Herrscherfamilie des Emirs an, haben im Ausland studiert. Die wissen sehr genau, dass es eine Fanmeile braucht bei der WM, dass es einen Bierausschank geben muss und dass die Deutschen ihre Schweinsbratwürste haben wollen.

 

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