Von der Regionalliga zur DFB-Elf: Das Fußball-Märchen von Kevin Behrens

Vor fünf Jahren spielte DFB-Stürmer Kevin Behrens noch in der Regionalliga – nun könnte er eine Option für die EM werden: "Ich bin sehr, sehr stolz darauf".
von  Maximilian Koch
"Natürlich können sich einige Jungs daran ein Beispiel nehmen", sagt Union-Stürmer Kevin Behrens über seinen Weg ins DFB-Team.
"Natürlich können sich einige Jungs daran ein Beispiel nehmen", sagt Union-Stürmer Kevin Behrens über seinen Weg ins DFB-Team. © Imago

Boston - Kevin Behrens (32) überlegte kurz, aber dann formulierte er seine Antwort voller Überzeugung. "Jamal Musiala", sagte der Stürmer von Union Berlin vor dem Teamhotel Renaissance in Foxborough, als er nach dem Spieler gefragt wurde, der ihn auf der USA-Reise bislang besonders positiv überrascht habe. "Ein sehr, sehr flinker Junge. Was der für Situationen auflöst - das ist schon beeindruckend. Ja, das hat mich am meisten beeindruckt."

Es ist eine neue Welt, in die Behrens bei der Nationalelf eintaucht. Vor fünf Jahren noch ging der gebürtige Bremer mit den Brillant-Ohrsteckern in der Regionalliga für den 1. FC Saarbrücken auf Torejagd – nun lässt er sich die Bälle im Training von Bayern-Superstar Musiala, einem potenziellen Weltfußballer, zuspielen. "Die Qualität auf dem Platz ist enorm, sehr anstrengend, hohes Tempo", berichtete Behrens weiter: "Daran muss man sich auch erst mal gewöhnen."

Kevin Behrens über seine DFB-Nominierung: "Geschockt und überrascht"

Es ist dem Angreifer zuzutrauen, denn Behrens weiß genau, wer er ist – und wo er herkommt. In der Jugend spielte er bei Werder Bremen, über die Stationen SV Wilhelmshaven, Hannover 96 II, Alemannia Aachen, Rot-Weiss Essen, Saarbrücken und SV Sandhausen kam er 2021 zu Union Berlin. Mit den Eisernen hat sich Behrens inzwischen in der Bundesliga etabliert und für die Champions League qualifiziert. 64 Mal kam Behrens in der Liga zum Einsatz und erzielte 14 Tore, vier davon in dieser Saison.

Die Entwicklung überzeugte schließlich auch Bundestrainer Julian Nagelsmann (36), der zum Hörer griff und Behrens für die US-Tour nominierte. Er sei "geschockt und überrascht" gewesen, gab Behrens zu. "Wenn ich ehrlich bin, hätte ich nicht mal gedacht, dass ich es noch in die Bundesliga schaffe. Ich bin sehr, sehr stolz darauf, dass ich nie aufgegeben und immer an mir gearbeitet habe."

Das Behrens-Märchen. Einen entscheidenden Anteil daran hat auch die Ehefrau des Stürmers, die für ihn "größte Unterstützung", wie Behrens sagt: "Meine Frau spielt eine sehr große Rolle, sie hat mir immer den Rücken gestärkt, ist immer überall hin mitgekommen, hat mich auch in schweren Zeiten immer unterstützt. Sie hat alles mitgemacht - von Wilhelmshaven bis jetzt." Bis ins Nationalteam.

Dort dürfte er hinter Mittelstürmer Niclas Füllkrug (30) zunächst die Jokerrolle annehmen, doch Behrens ist heiß, das merkt man ihm an. "Bei Union habe ich es immer ganz gut gemacht, wenn ich reingekommen bin, da habe ich ganz gut für Tumult gesorgt", sagte Behrens mit einem Schmunzeln: "Wenn ich hier einen Einsatz kriege, werde ich alles versuchen, einen Impuls zu setzen." Womöglich schon am Samstag (21 Uhr/RTL) im Testspiel gegen die USA.

An Kevin Behrens  "können sich einige Jungs ein Beispiel nehmen"

Coach Nagelsmann hat einen klaren Plan mit Behrens, der aufgrund seiner kräftigen Statur Thor und Adonis genannt wird. Er habe "noch einen Stürmer haben wollen, der kopfballstark ist", erklärte der Bundestrainer. Dazu einen, "der unglaublich viel defensiv marschiert". Und einen, der zur Brechstange taugen könnte. "Wenn wir am Ende noch ein Tor brauchen mit vielen Flanken, haben wir mit ihm einen zusätzlichen Spieler, der in der Box präsent ist", so Nagelsmann.

Eines hat Behrens bereits jetzt – vor seinem ersten Länderspiel – geschafft: Er hat vielen anderen Spielern vorgemacht, dass man auch im gehobenen Fußballer-alter bis in die Nationalelf kommen kann, wenn man alles dafür tut. Es gehöre auch Glück dazu, betonte Behrens, aber: "Natürlich können sich einige Jungs daran ein Beispiel nehmen: Dass man nie aufgeben sollte." Sonst sind solche Märchen auch nicht möglich.

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