Temperatur-Schock für Jogi

Der Winter ist übers DFB-Quartier hereingebrochen – mit Frost und dem ersten Schnee seit 25 Jahren.Das Spiel gegen Serbien findet aber bei sommerlichen Bedingungen statt. Ein Risiko, wie der Arzt erklärt.
von  Abendzeitung
Kalt ist's in Südafrika: Bundestrainer Jogi Löw 8l.) mit Assistemnt Hansi Flick.
Kalt ist's in Südafrika: Bundestrainer Jogi Löw 8l.) mit Assistemnt Hansi Flick. © dpa

Der Winter ist übers DFB-Quartier hereingebrochen – mit Frost und dem ersten Schnee seit 25 Jahren.Das Spiel gegen Serbien findet aber bei sommerlichen Bedingungen statt. Ein Risiko, wie der Arzt erklärt.

CENTURION Die Nordkoreaner waren knapp dran, verloren aber dann doch gegen Brasilien. Und Neuseeland? Ja, das war eine kleine Überraschung, ihr 1:1 gegen die Slowakei. Doch in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat es die erste richtige Sensation dieser WM in Südafrika gegeben: Schneefall.

In Johannesburg und Pretoria, dort also, wo die deutsche Mannschaft ihr Quartier in Centurion hat, schneite es zum ersten Mal seit 25 Jahren – selbst für den Winter auf der Südhalbkugel höchst ungewöhnlich. Bis zu minus zwei Grad Celsius wurden am frühen Morgen gemessen. Die einheimischen Zeitungen waren voll davon, der Winter wird liebevoll „Jack Frost“ genannt, doch die Konsequenzen waren weniger lustig: Dutzende Inlandsflüge und Zugverbindungen fielen aus, zahlreiche Pässe sind weiter gesperrt. Viele Südafrikaner froren bei Minusgraden, weil der Strom ausfiel und Gasflaschen knapp wurden.

Im DFB-Lager hat man reagiert. Erste Vorsichtsmaßnahmen wurden getroffen, gerade weil es mit Bastian Schweinsteiger bereits einen Spieler erwischt hat. Der Bayern-Profi konnte auch am Mittwoch nicht mittrainieren, er leidet unter einem Infekt der oberen Atemwege. Es gehe aber „bergauf“ mit dem Mittelfeldspieler, versicherte Assistenz-Trainer Hansi Flick. Man mache sich „keine Sorgen“, dass Schweinsteiger am Freitag im zweiten Gruppenspiel gegen Serbien (13.30 Uhr, ZDF live) in Port Elizabeth ausfallen könnte. Dennoch: Die Kälte ist ein Problem. Erste Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen. Flick: „Wir sagen den Spielern: ,Zieht euch warm an. Föhnt euch die Haare nach dem Duschen!' Wir rufen die Tipps von der Mama immer wieder ins Gedächtnis.“ Nach dem mittäglichen Training am Mittwoch im Stadion von Atteridgeville stiegen die meisten Spieler mit Kapuzenpullis schnell in den Bus.

Doch Besserung ist in Sicht. Das Spiel am Freitag, im Südosten am Indischen Ozean. Bis zu 23 Grad sind für die Mittagszeit in Port Elizabeth vorhergesagt. Und genau liegt hier das nächste Risiko: Die Deutschen im Klimaschock. Am Donnerstag reist der Tross von 1400 Metern in der Hochebene der Provinz Gauteng in die „windy city“ Port Elizabeth auf Meereshöhe, bis zu 25 Grad Temperaturunterschied sind zu verkraften.

„Die Akklimatisation werden wir normalerweise locker schaffen“, hatte DFB-Internist Tim Meyer gesagt und nach dem Flug aus dem europäischen Sommer in den Winter Südafrikas erklärt: „Mit Kälte sind die Spieler vertraut, außerdem ist es für den Körper viel leichter, sich von warmen Temperaturen an kältere zu adaptieren als umgekehrt. Die Akklimatisierung läuft in die richtige Richtung.“

Diesmal jedoch nicht.

„Natürlich ist es für die Psyche angenehmer, ins Warme zu kommen", erklärte 1860-Vereinsarzt Willi Widenmayer der AZ, „aber die Spieler dürfen nicht leichtsinnig sein, müssen sich trotzdem warm kleiden. Sie müssen wie auch in ihrem Trainingsquartier in der Höhe viel trinken.“

Das Hauptrisiko aber ist die Gefahr der Infekte. Widenmayer: „Der Körper ist einem kräftigen Temperaturstress unterworfen innerhalb weniger Stunden, der Effekt dieser Belastung kommt oft erst Tage später.“

Vor allem nach der Rückreise nach dem Serbien-Spiel am Abend zurück in die Kälte Pretorias. „Daher werden die DFB-Ärzte viele hoch dosierte Vitaminpräparate reichen sowie Elektrolyt-Getränke, um den Mineralhaushalt hoch zu halten.“

Schals, Mützen und Handschuhe haben die Zeugwarte sowieso im Gepäck.

Patrik Strasser

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