Siege für Putin

Mit Öl-Millionen führen der ehemalige Staatschef und Milliardär Abramowitsch die Sbornaja zu neuen Höhen: „Sie sind keine Schreckgespenster“.
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Wladimir Putin, ehemals Staatspräsident, gab den Kick zu Russlands Fußball-Renaissance. Er befahl Abramowitsch zu investieren.
dpa Wladimir Putin, ehemals Staatspräsident, gab den Kick zu Russlands Fußball-Renaissance. Er befahl Abramowitsch zu investieren.

Mit Öl-Millionen führen der ehemalige Staatschef und Milliardär Abramowitsch die Sbornaja zu neuen Höhen: „Sie sind keine Schreckgespenster“.

MOSKAU Er ist abhängig, der russische Fußball – und zwar von den Millionen der Öl- und Energieriesen, von den Geldern eines Ölmagnaten wie Roman Abramowitsch. Das gilt nicht nur für die Klubs, sondern auch für das aufstrebende Nationalteam um Coach Guss Hiddink. Dass die Sbornaja vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland am Samstag in Dortmund (20.45 Uhr, ARD live) als härtester Gegner des Vize-Europameisters gilt, hat viel mit den Millionen der neureichen russischen Industrie-Milliardäre, mit dem Geld der Oligarchen, zu tun.

Russlands Kicker scheinen sogar gegen die Turbulenzen auf dem internationalen Finanzmarkt gefeit, die manchen englischen Premier-League-Klub zittern lassen, der am Tropf anderer ausländischer Investoren – zum Teil aus den USA – hängt. So wird das Vermögen von Chelsea-Eigner Abramowitsch auf rund 20 Milliarden Dollar geschätzt (siehe unten).

Und Abramowitsch ist der Eckpfeiler der russischen Fußballoffensive, die einst der frühere Staatspräsident Wladimir Putin in Auftrag gegeben hatte. Das Ziel war, das Nationalteam massiv zu verbessern. Abramowitsch holte den Taktiker Guus Hiddink als Coach und bezahlt große Teile von dessen Gehalt und Spesen bezahlt. „Wenn ich einen Wunsch habe, kann ich ihn jederzeit anrufen", hat der Holländer einmal gesagt.

Gazprom hingegen steckt hinter dem rasanten Aufschwung des russischen Meisters Zenit St. Petersburg, der nicht nur den FC Bayern im Uefa-Cup-Halbfinale mit 4:0 wegfegte, sondern auch das Finale gewann. Eine Million US-Dollar, so schätzen Russland-Experten wie der ehemalige Hannover-Manager Ilja Kaenzig, bekam jeder Spieler für den Titel. Petersburg versucht, seinen abwanderungswilligen Star Andrej Arschawin mit einem neuen Vertrag bis 2013 und sechs Millionen Euro im Jahr zum Bleiben zu bewegen. Arschawin, der wie Pavel Pogrebnjak von Bayern umworben wird, ist einer der Spitzenverdiener.

„Hinter jedem russischen Klub steckt ein Oligarch, der Staat oder ein Unternehmen", sagt Kaenzig, der früher auch bei Bayer Leverkusen tätig war. Im Falle des Nationalteams ist es eben Abramowitsch. Putin hatte dem Milliardär einst nahe gelegt, auch etwas für die Heimat zu tun. Eigentlich war es ein Befehl.

Seit einigen Jahren nun hängt der Verband am Tropf von Abramowitsch, jedoch ohne Angst, dass der sich aus dem Staub macht. Hohe zweistellige Millionenbeträge, so schätzen Experten, soll er der „Sbornaja“ bereits zum Wohl des Vaterlandes überlassen haben. Die von ihm gegründete Stiftung „Fußball-Akademie“ ist landesweit im Stadionbau aktiv. Das Engagement wird als Dienst am Vaterland gesehen. Und der Kremel duldet keinen Widerspruch und droht mit Repressalien gegen investitionsunwillige Milliardäre aus dem Energiesektor. Nur wer zahlt, hat Ruhe.

Im Gegenzug siegt Hiddink für Putin und eine Nation, die sich im Aufwind zur Großmacht sieht. Als bei Olympia die Bilanz allzu mager ausfiel, drohte auch ein besorgter Putin.

Beim Schießen der Tore aber hilft das Geld der Öl-Milliardäre nicht immer. Den Rest muss der erfahrene Coach Hiddink erledigen. Bei der EM im Sommer fielen die Russen durch eine moderne Taktik und eine erstaunliche Fitness auf, die ihnen den Vorwurf eintrug, es gehe nicht mit rechten Dingen zu. Hiddink hat versteckte Dopingvorwürfe stets vehement zurückgewiesen. Mit seinem Trainerstab kümmert sich Hiddink um den Aufbau moderner Strukturen. Kaenzig: „Wir können davon ausgehen, dass Russland auf dem Weg zur Fußball-Großmacht ist."

„Russland kann eine der führenden Fußball-Nationen Europas werden", sagt auch Hiddink selbst, dessen Vertrag bis 2010 läuft. „Die Erfolge bei der EM helfen uns“, glaubt er, „aber wir sind noch nicht am Ziel. Russlands Fußball muss moderner werden." Ein anderes Ziel ist die WM 2010. Das sieht man auch im Kreml so. Und auf dem Weg ins Jahr 2018 – dann will Russland die WM ausrichten – werden Einfluss und Gelder der Oligarchen noch zunehmen. Dann, meint Kaenzig, könnte sich die ganze Kraft Russlands zeigen. Und während im Westen Klubmanager wie Bayerns Uli Hoeneß („Wenn diese Russlandisierung sich fortsetzt, werden wir in zehn Jahren sagen können: Nastrowje, auf Wiedersehen Fußball!") warnen, sagt Hiddink: „Putin und Abramowitsch sind keine Schreckgespenster, sie tun viel für den Fußball.“

Oliver Trust

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