Querschüsse vorm Fest

Gegen Liechtenstein dürfte das DFB-Team locker gewinnen. Doch vor dem WM-Qualifikationsspiel herrscht ein Reizklima, ganz ohne Leichtigkeit.
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Nicht immer einer Meinung: Bundestrainer Joachim Löw (r.) und Kapitän Michael Ballack.
firo/Augenklick Nicht immer einer Meinung: Bundestrainer Joachim Löw (r.) und Kapitän Michael Ballack.

LEIPZIG - Gegen Liechtenstein dürfte das DFB-Team locker gewinnen. Doch vor dem WM-Qualifikationsspiel herrscht ein Reizklima, ganz ohne Leichtigkeit.

Die Eltern sind im Urlaub. Ausgerechnet jetzt, da der Sohn mal wieder in der sächsischen Heimat ist. So kann Michael Ballack, geboren in Görlitz und fußballerisch aufgewachsen in Chemnitz (bei der BSG Motor Fritz Heckert Karl-Marx-Stadt), keinen Abstecher nach Hause machen. Womöglich würde er dort etwas mehr Harmonie vorfinden als in den Kreisen, in denen er, der Wahl-Londoner vom FC Chelsea, sich momentan bewegt: Im Nationalteam, stationiert in Leipzig, zur Vorbereitung auf das WM-Qualifikationsspiel am Samstag (20 Uhr, ZDF live) gegen Liechtenstein. Denn vor dem zu erwartenden Schützenfest gibt’s jede Menge Querschüsse. Beim DFB herrscht derzeit ein gehöriges Reizklima, eine zum Teil hausgemachte, teils von außen hereingetragene Unruhe.

Ballack selbst war einer der Auslöser. Er war es, der sich nach dem EM-Finale 2008 mit DFB-Teammanager Oliver Bierhoff noch auf dem Rasen angelegt hatte, der sich im Herbst einen über die Medien ausgetragenen Zoff mit Bundestrainer Joachim Löw geliefert hatte. Alles schien bereinigt, hieß es. Dann kamen Klose und Lahm. Beide erfahrene Führungsspieler, geschätzt für ihre klare Meinung. Lahm meinte, Ballack gehe nun „mehr auf Spieler zu, das hat er vorher nicht so häufig gemacht, wie man das von einem Kapitän gewohnt ist". Der verletzte Klose verriet, „dass sich Michael jetzt wieder mehr einzugliedern versucht". Das müsse er nun „auch auf dem Platz tun. Das wird nicht von heute auf morgen geschehen, aber das muss er lernen." Eine doppelte süß-saure Watschn, geschickt in ein Kompliment verpackt.

Schnell sprang Bierhoff - ja, wirklich, Bierhoff - in die Presche und bezeichnete Kloses Äußerungen als „sinnlos". Nun konterte Adressat Ballack, wieder über die Medien – genau das hatte Löw mittels eines Kommunikationsknigge im Herbst aus Lehre aus dem Zoff mit Ballack, Frings und auch Kuranyi für die Zukunft ausschließen wollen.

"Man kann es nicht jedem Recht machen"

In Leipzig sprach Ballack: „Mit der ein oder anderen Aussage der letzten Zeit kann ich wenig anfangen. Ich weiß nicht, was Miro damit bezwecken wollte." Schnell ging Ballack (32), seit über vier Jahren DFB-Kapitän, in die Verteidigungshaltung über: „Ich bin der Typ, der ich immer war, und habe meinen Stil nicht verändert." Von wegen weniger ruppig im Ton? Ballack im „kicker" klar: „Ich habe mich entwickelt, aber nicht verändert. Ich bin einer, der offen ist. Aber man kann es auch nicht jedem Recht machen."

Was Bundestrainer Löw derzeit auch feststellt, vor allem nicht den Herrschaften vom FC Bayern. „Es ist eine neue Qualität, dass der Draht zwischen Nationalmannschaft und den Vereinen so getrennt wird. Was mir fehlt, ist der enge Kontakt", sagte Uli Hoeneß in „Bild". Der Bayern-Manager weiter: "Ich mag nicht dieses ,Das wissen wir besser, das macht ihr schlechter". Eine Neuauflage der Besserwisser-Debatte, ausgelöst durch die Aussagen von Löw über den mangelnden Tempofußball in Deutschland und durch den am Dienstag in Leipzig durchgeführten Leistungstest.

Die Querschüsse aus München sind für die DFB-Verantwortlichen unverständlich. „Ich bin sehr enttäuscht", sagte Bierhoff, „ich kann mir nicht erklären, warum er das sagt, zumal es nicht den Tatsachen entspricht. Wir arbeiten doch prima zusammen." Ach, ja? Löw selbst biss sich während der Pressekonferenz in Leipzig auf die Zunge. Auf die Hoeneß-Aussagen angesprochen, sagte er: „Das ist ja völlig verkehrt. Das so einzuschätzen, ist ja fast schon." Da brach er ab. So läuft Konfliktvermeidung.

Patrick Strasser

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