Pechschwarzes Trauerspiel
MÜNCHEN - Frust in Fröttmaning! WM-Generalprobe verpatzt! Beim 0:1 gegen Maradonas Argentinier ist die deutsche Elf chancenlos, der Keeper patzt – und Bundestrainer Löw gibt zu: „Es gibt Baustellen!“
Das Vorspiel war großartig: Der qualmende Stumpen-Diego an der Grünwalder Straße, der Prämienpoker der DFB-Elf – Ergebnis: 250 000 Euro pro Mann für den Titel – und die fühlbare Spannung vor der WM-Generalprobe. Und dann das! Frust in Fröttmaning! Ein enttäuschendes 0:1 einer chancenlosen deutschen Mannschaft gegen souveräne Argentinier. Taktisches Ballgeschiebe auf hohem (Argentinien) und mittelmäßigem (Deutschland) Niveau. Bis zur WM bleibt noch viel, sehr viel zu tun!
Joachim Löw gab unumwunden zu: „Das war heute nicht das Spiel für die Zuschauer.“ Und auch nicht für sein Team! „Es ist uns nicht geglückt, Druck aufzubauen“, meinte der Bundestrainer, „die Argentinier haben uns laufen lassen. Sie haben uns gut gestört. Etwas mehr Mut hätte uns gut getan.“ Seine Bilanz: „Selbstbewusstsein haben wir heute nicht gezeigt.“ Oder wie Franz Beckenbauer – noch recht milde – urteilte: „Es war nicht das temperamentvollste Spiel der deutschen Mannschaft.“ Allerdings staunte auch er. „Was mich überrascht“, meinte Beckenbauer, „ist, dass die deutsche Mannschaft nicht eine einzige brauchbare Torchance zustande bringt.“
Wohl wahr! Dabei ging es doch um so viel! Taugt Keeper René Adler als WM-Nummer eins? Taugt Bastian Schweinsteiger als Mittelfeld-Abräumer, als Sechser nicht nur beim FC Bayern? Taugt Debütant Thomas Müller auf rechts mit seinen gerade mal 20 Jahren schon für die WM? Und: Wie steckt die DFB-Auswahl die Streitereien um die gescheiterte Vertragsverlängerung von Löw weg?
Nun ja, sie mühten sich redlich. Doch der Respekt vor den Argentiniern, die vom – gestern rauchfreien – Exzentriker Diego Maradona gecoacht werden, lähmte das DFB-Spiel. Die Angst vor Weltstars wie Lionel Messi und Gonzalo Higuain war spürbar. Und in der DFB-Offensive passierte – quasi nichts. Ballack und Schweinsteiger? Kämpferisch, aber in Sachen Kreativität die doppelte Nulllösung. Özil? Unsichtbar! Müller? Tapfer, aber glücklos. Und Podolski? Blieb absolut alles schuldig.
Beim Gegentor von Gonzalo Higuain (44.) ging im deutschen Team alles schief! Mit einem einzigen langen Pass hebelte di Maria die im neuen, pechschwarzen Trikot angetretenen DFB-Kicker aus: Mertesacker hechelte Real-Star Higuain hinterher, Torhüter Adler stürmte ihm im Blindflug entgegen – und wurde ausgespielt. Der Angreifer schob den Ball aus fast 30 Metern ins verwaiste Tor. Ein klarer Torwartfehler. „Wenn du dein Tor verlässt, dann musst du den Ball bekommen“, sagte dazu Ex-Keeper Kahn, „da wäre es besser gewesen, auf der Linie zu bleiben, dann fällt das Tor vielleicht nicht.“ Adler gab’s denn auch widerwillig zu: „Das war der berühmte Schritt zu spät – und das nutzt ein Weltklasse-Stürmer natürlich aus.“
Löw versuchte danach alles. Gomez für Klose, Cacau für Özil, Kroos für Müller. Das Tempo stieg, der Druck auch, die Zahl der Torchancen nicht. Lediglich der umtriebige Cacau schoss aufs Tor (77.). Ein pechschwarzes Trauerspiel.
Vor Ort war gestern auch Jürgen Klinsmann. Ihn müsste das wirre DFB-Gekicke eigentlich an Bayerns Auftritte unter seiner Regie erinnert haben. Sein DFB-Nachfolger Löw hat noch viel zu tun bis zur WM. „Wenn man von Baustellen spricht“, gab er zu, „gibt es noch die eine oder andere.“ Zu allem Überfluss auch noch sein Vertrag! Und dennoch meinte Löw: „Wir werden eine gute WM spielen, das kann ich versprechen.“ Die Generalprobe haben sie jedenfalls grandios vermurkst. Könnte also klappen. [jos, ps