"One-Love"-Eklat: Bierhoff beklagt "Drucksituation"

Eine "gute" Spielvorbereitung geht anders, findet Oliver Bierhoff. Das FIFA-Diktat zur Kapitänsbinde sei ein bewusstes Störfeuer. Die Reaktion der Verbände bringt auch die Spieler in Erklärungsnöte.
AZ/dpa |
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Von der FIFA enttäuscht: Oliver Bierhoff.
Von der FIFA enttäuscht: Oliver Bierhoff. © Federico Gambarini/dpa

Al-Shamal - Die verlorene Kraftprobe mit dem Fußball-Weltverband um die "One-Love"-Kapitänsbinde belastet nach Einschätzung von DFB-Direktor Oliver Bierhoff auch die sportliche Vorbereitung der Nationalmannschaft auf den WM-Start gegen Japan.

Der 54-Jährige sprach angesichts des Zeitpunktes des FIFA-Diktats von einem speziellen Druck, dem die Spieler ausgesetzt würden, die sich bei dem umstrittenen Turnier in Katar schwerpunktmäßig auf ihre sportlichen Aufgaben konzentrieren wollten. Kapitän Manuel Neuer und seinen Teamkollegen wird nun vielfach Charakterschwäche vorgehalten.  

"Ich bin nahe am Tagesgeschehen. Es ist echt ärgerlich. Die FIFA sagt, es geht um den Fußball. Es geht darum, dass die Spieler sich gut vorbereiten können", hatte Bierhoff bei einer gemeinsamen Stellungnahme mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf im Trainingszentrum des DFB-Teams in Al-Shamal gesagt. Die Strafandrohung der FIFA habe auch Kapitän Manuel Neuer überrascht und enttäuscht, berichtete Bierhoff, der den Weltverband attackierte. 

"Die Aktion steht ja nicht erst seit gestern. Sie wissen seit längerer Zeit, dass wir die Binde tragen wollten." Gewartet worden sei aber bis zu den ersten Spielen jener europäischen Teams, die in Katar mit der symbolträchtigen Binde für Menschenwürde auflaufen wollten.

"Das ist echt traurig"

Die Entscheidung sei zeitlich "ganz bewusst" so gesetzt worden, kritisierte Bierhoff: "So eine Drucksituation, wohl wissend, dass sowohl Spieler als auch Trainer mit den Köpfen beim Spiel sind, es schwer ist, auch innerhalb der Gruppe eine Entscheidung zu treffen. Das ist echt traurig."

DFB-Chef Neuendorf ließ erkennen, dass die Spieler gar nicht eingebunden wurden in die kollektive Entscheidung der Funktionäre mehrerer europäischer Fußballverbände, darunter die von England, Deutschland und den Niederlanden. "Wir wollen die Spieler nicht so einer Situation aussetzen", begründete Neuendorf. Die Androhung sportlicher Sanktionen seitens der FIFA habe "sehr viel Druck ausgeübt auf die Spieler, die Unruhe hineinbringt in die Mannschaften. Das ist wirklich nicht das, was man vor so einem Turnier braucht".

Der 61 Jahre alte DFB-Präsident sieht den Verzicht auf das Tragen der Binde als gerechtfertigt an. "Wollen wir die Mannschaft, wollen wir unseren Kapitän einem solchen Risiko aussetzen, dass wir sportlich sanktioniert werden? Da war unsere Antwort, die ganze Debatte wollen wir nicht auf dem Rücken der Spieler austragen", sagte Neuendorf. 

Die Thematik wird die deutschen Spieler und auch Bundestrainer Hansi Flick in Katar jedoch weiter verfolgen und beschäftigen. Bierhoff deutete andere Aktionen für Menschenrechte zumindest an, indem er sagte: "Das eine ist das, was auf dem Platz passiert. Da gibt es klare Regularien. Was wir in der Freizeit machen, ist doch eher uns überlassen."

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4 Kommentare
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  • Tonio am 22.11.2022 10:50 Uhr / Bewertung:

    Dieser Armbinden-Streit ist doch total heuchlerisch! Als ob dem DFB jetzt gerade eine Woche vor Beginn der WM aufgefallen wäre, dass die Menschenrechte in Katar nicht dem westlichen Standard entsprechen. Wenn es den europäischen Fußballverbänden mit dem Durchsetzen ihrer politischen Ansichten wirklich ernst gewesen wäre, hätten sie diese WM in Katar bereits vor 10 Jahren wegen der offensichtlichen Korruptionsvorwürfe gekippt und eine neue WM Vergabe organisiert. So ist das doch alles nur noch Schmierentheater und offensichtliche Heuchelei.

  • Sachsenlöwe am 22.11.2022 10:29 Uhr / Bewertung:

    Beim Erpressen gehören immer 2 dazu: Der Erpresser und die, die sich erpressen lassen. Die Erpressten hätten Rückgrat zeigen können, wenn sie eines hätten. Mich hätte sehr interessiert, was passiert wäre, wenn England, Holland und Deutschland gestern vor den Spielen erklärt hätten, wir alle spielen mit der Binde und bei einer gelben Karte deswegen für einen Spieler verlassen wir sofort den Platz und fahren heim. Es wäre sehr interessant gewesen zu sehen, was angesichts sofort sinkenden Werbeinteresses bei den Sponsoren mit der FIFA passiert wäre? Aber dazu hätte es Mut gebraucht (nicht mal halb so viel, wie es die iranischen Spieler gezeigt haben). Aber wer erwartet von saturierten Sportfunktionären schon Mut? Ich schäme mich für euch!

  • Der Münchner am 22.11.2022 08:38 Uhr / Bewertung:

    Koffer packen und heimfahren!
    Geht nur leider nicht, weil der DFB sonst viel, viel Geld verliert. Geht doch nur ums Geld und da geht die Moral und die Haltung über Bord.

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