Mirja Boes: "Gibt’s eine Backform für Spielerfrauen?"

Deutschlands Star-Comedian Mirja Boes spricht in der AZ über wehleidige Männer, Fußball als Gruppentherapie. Gockelgehabe à la Ronaldo und die Wunderwirkung von Mickey-Mouse-Pflastern.
München - Die Kölnerin Mirja gehört zu Deutschlands erfolgreichsten Comedians, im Moment ist sie mit ihren Programmen „Das Leben ist kein Ponyschlecken“ und „Für Geld tun wir alles“ auf Tournee. Mit der Abendzeitung hat sie unter anderem über Spielerfrauen aus der Barbie-Fabrik gesprochen.
AZ: Frau Boes, Männer, Fußball, Bier – diese Kombination, die es jetzt bei der EM in Frankreich wieder im Überfluss gibt, muss für einen Comedian ein Paradies sein.
MIRJA BOES: Oh ja! Comedy hat viel mit Beobachtung zu tun und hier findet man definitiv viel Futter. Das ist ja jetzt eine Arena, wo die Männer endlich ihren Emotionen freien Lauf lassen. Und das auch dürfen und wollen.
Ist ein Fußballspiel eine Art Gruppentherapie für Männer?
Das kann man so sehen. Eine riesige Stuhlgruppe, in der jeder reden, sein Innerstes zeigen kann. Ja, so ein Stadion ist eine riesige Gruppentherapie. Da sitzen auch nur lauter Experten drin, die es auf jeden Fall besser gemacht hätten, als die, die es auf dem Rasen vollbringen. Mir sind übrigens Frauen suspekt, die sich im Fußball voll auskennen. Es wird ja oft gesagt: Männer müssen dies und das. Ich sage, es gibt Dinge, die muss man nicht. Die müssen auch Frauen nicht. Das gehört dazu.
Es wird als Zeichen der Emanzipation gesehen, wenn Frauen Männerdomänen erobern.
Ich bin so emanzipiert, dass ich mich nicht emanzipieren muss. Wenn wir bei uns Fußball schauen, bin ich gerne dabei, aber es trifft mich nicht persönlich, wenn ich ein Tor verpasse. Ich bin gerne bereit, die Schnittchen zu servieren und alle Klischees zu erfüllen. Aber wir haben daheim auch so einen Rasenteppich. Da werden mit den Lego-Figuren meines Sohnes Spielsituationen nachgestellt. Das hat auch was.
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Thomas Müller als Stand-Up-Comedian? "Er hat Talent"
Wie gefällt Ihnen Thomas Müller? Hat er das Zeug zum Stand-Up-Comedian?
Er hat Talent, aber ich fürchte für Stand-up-Comedy wird es schwer. Sich auf eine Bühne zu stellen und 90 Minuten ein Publikum zu unterhalten, hat eine andere Dimension. Aber er ist eine fröhliche Natur, so, wie es viele Comedians auch sind.
Bayerns Franck Ribéry ist für seine Späße berüchtigt, er schmiert schon mal Zahnpasta an die Kabinen-Türgriffe.
Ich bin da ähnlich. Wenn ich mit der Band auf Tour bin, hat das was von Klassenfahrt. Ich mag solche Witze, wenn sie sicher auch von anderen als albern angesehen werden. Ich sehe das so, er hat halt das Kind in sich bewahrt. Nur, weil einem beim Aufstehen am Morgen langsam die Knochen knirschen, heißt das ja nicht, dass man im Kopf nicht noch ein bisschen Kind sein darf.
Thomas Müller: Trotz "EM-Fluchs" hat er großen Spaß
Fehlen einem als Comedian trotzdem Charaktere, wie es ein Lothar Matthäus war?
Zum Glück gibt’s Lukas Podolski, der gerne sehr ungefiltert spricht, aber generell ist es so, dass einem die Typen, die richtig herausstechen, fehlen, das ist alles sehr glattgebügelt, es gibt die Angst, anzuecken.
Die Keule der politischen Korrektheit wird ja bei jedem Satz, der über die Norm hinausgeht, geschwungen.
Ja, und die kann zuschlagen. Es ist langsam gefährlich, eine eigene Meinung zu haben. (lacht)
Fußballer wie kleine Kinder: Sieht es keiner, stehen sie gleich auf
Wie empfindet man als Frau die Theatralik auf dem Platz, wenn die großen Kerle nach einer Feindberührung wie von der tödlichen Männergrippe gefällt, sich am Boden wälzen?
Früher war ich da hart: Schauspieler! Heute glaube ich, dass die manchmal mit Schmerzen spielen, die andere zur Aufgabe zwingen würden. Aber in jedem Fußballer steckt ein kleiner Schauspieler. Ein bisschen erinnert mich das an meine Söhne. Die sind drei und fünf. Wenn die hinfallen, schreien die, aber kaum, dass ein Mickey-Maus-Pflaster drauf ist, ist die Welt wieder in Ordnung. Und wenn sie hinfallen und es keiner sieht, stehen sie gleich auf. Das ist bei den Fußballern nicht anders, wenn der Schiedsrichter nicht pfeift, stehen sie schnell auf, pfeift er, wird ‘ne Runde gestorben.
Andererseits gibt es Hahnenkämpfe, stehen sich die Herren Stirn an Stirn gegenüber.
Das ist wie Stierkampfarena. Nur wissen sie nicht, dass sie keine Bullen sind. Ich glaube, wenn man nahe genug rangeht, kann man den Moschusduft riechen. Das erinnert an Kämpfe von Alphamännchen. Nach dem Motto, wer den größten Haufen kackt, hat gewonnen.
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Spielerfrauen aus der Backform
Und das Gockel-Gehabe eines Cristiano Ronaldo? Witzfigur oder Sexsymbol?
Er hat eine Kunstfigur erschaffen, die mit normalen Maßstäben kaum zu messen ist. Unabhängig davon, ob sich hinter der gezupften Augenbraue viel abspielt, muss man zugeben, dass er ein gut aussehender Kerl ist. Aber wer sich so um sein Äußeres kümmert, der hat vielleicht einfach nicht die Zeit, ein Buch zu lesen. Man muss zugeben, er hat in seiner Art schon etwas Metrosexuelles.
Eher Auto-Sexuelles, der braucht nur sich selber, alles andere lenkt nur ab.
Stimmt. Der ist sicher in seinem Haus nie allein, der hat immer irgendwo ein Spiegelbild, das ihm folgt.
Dann gibt’s noch diese besondere Spezies: Die Spielerfrau!
Ich frage mich immer, gibt es für diese Frauen, die alle einem Typ entsprechen, eine Backform? Sind die aus einer Barbie-Fabrik entkommen? Spielerfrau, das ist mal ein Lebensziel. Da applaudiert sicher jeder, besonders die Eltern, wenn ein Kind als Berufswunsch äußert: Ich will Spielerfrau werden. Hurra!