Interview

Marie Lang im EM-Gespräch: "Diese Wehleidigkeit ist wirklich extrem nervig"

Kickbox-Queen Marie Lang spricht in der AZ über die Schauspielerei der Kicker - mit anschließender Wunderheilung. "Bei uns täuscht man vor, dass es einem gut geht, beim Fußball ist es genau andersrum"
Matthias Kerber
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Münchens Kickbox-Queen Marie Lang
Münchens Kickbox-Queen Marie Lang © imago/Future Image

EM-Gespräch mit Marie Lang: Die Kickbox-Queen ist großer Fußball-Fan – und EM-Kolumnistin der AZ.

Marie Lang wünscht Dänemark den EM-Sieg

AZ: Hallo, Frau Lang, hat die Kickbox-Queen das Achtefinal-Aus der deutschen Mannschaft schon überwunden - und für wen schlägt eigentlich beim Halbfinale zwischen Deutschland-Bezwinger England und Dänemark Ihr großes Fußballfan-Herz?
MARIE LANG: Der EM-Aus-Blues hat schon ein paar Tage gedauert, aber wenn man ehrlich und objektiv ist - was einem als Fan immer schwerfällt -, waren wir auch einfach nicht besser. Bis auf das Portugal-Spiel, das ich zum Glück als einziges im Biergarten angeschaut habe, war das wirklich keine Offenbarung. Aber trotzdem kann ich es jetzt den Engländern nicht gönnen, allein schon, weil sie uns aus dem Turnier gekickt haben (lacht). Ich bin ganz klar für Dänemark. Die haben es sich verdient. Wie die Mannschaft nach dem Drama um ihren Superstar Christian Eriksen. . .

... der im ersten Spiel gegen Finnland einen Herzstillstand erlitten hat und noch auf dem Platz wiederbelebt werden musste.
Genau. Wie da die Mannschaft zusammengewachsen und über sich hinaus gewachsen ist, das ist schon die emotionalste Geschichte dieser Europameisterschaft. Ich denke, es gibt fast niemanden auf der Welt, der es den Dänen jetzt nicht gönnt - außer den Engländern natürlich.

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Wehleidigkeit bei Fußballern: "Das ist so eine üble Schauspielerei"

Wobei, Sie dürften ja in letzter Zeit viel Fankummer gewohnt sein, Ihr Freund ist schließlich Anhänger des Bundesliga-Absteigers Schalke 04.
Das war dem sportlichen Weltuntergang schon ein bisschen nahe, schlimmer ging eigentlich nimmer, das stimmt. Und auch als Thomas Müller - ich trage sein Trikot bei den Spielen - gegen die Engländer diesen Hundertprozentigen nicht rein macht, das war schon superbitter. Das war so, als hätte ich meine Gegnerin drei Mal zu Boden geschlagen, aber am Ende knockt sie mich noch aus. So hat es sich zumindest angefühlt.

Schmerzen gehören zu Ihrem Job als Kickboxerin unweigerlich dazu, was halten Sie denn von den männlichen Fußballern, die sich so gerne nach einem Foul ewig schmerzverzerrt auf dem Platz wälzen - bei denen dann aber eine Blitzgenesung und Wunderheilung einsetzt, sobald es weitergeht?
Diese Wehleidigkeit finde ich wirklich extrem nervig. Das ist so eine üble Schauspielerei, ich finde das furchtbar unsportlich. Wir Kampfsportler tun ja immer so, als wäre gar nichts passiert, wenn wir schwer getroffen sind, wenn wir richtig angeklingelt sind. Wir wollen nie Schmerzen und Schwächen zeigen und bei einigen der Fußballer ist es genau andersrum. Sie tun so, als wären sie schwer verletzt, wenn in Wirklichkeit nichts los ist, nur um Zeit zu schinden. Ich finde das richtig affig. Vor allem hat man ja jetzt schon so einen richtigen Generalverdacht, man nimmt es im ersten Moment schon fast nicht mehr ernst, wenn es dann - wie etwa den Italiener Leonardo Spinazzola im Viertelfinale gegen Belgien - einen wirklich schwer erwischt.

Sind Männer generell wehleidiger als Frauen?
Ich glaube, bei der Frage kann ich nur verlieren, wenn ich antworte. (lacht)

Leon Goretzka als Kampfsportler? "Ich würde es ihm zutrauen"

Niederlagen sind Sie doch als Deutschland-Fan gerade ziemlich gewohnt.
(lacht) Stimmt auch wieder. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Man darf es nicht pauschalisieren, aber ich denke schon, dass Männer insgesamt vielleicht etwas wehleidiger sind.

Gibt es in Ihren Augen einen Fußballer, der das Zeug zum Kickboxer hätte?
Außer Kung-Fu-Zlatan-Ibrahimovic? (lacht) Schwierig. Ich habe mal gesehen, dass Leon Goretzka für ein Fotoshooting als Kampfsportler posiert hat. Ob er es wirklich kann, ist natürlich eine andere Sache. Aber ihm würde ich es glatt zutrauen. Wir waren auch schon mal im gleichen Kino.

Welcher Film?
Das war die Premiere des Films "Trautmann".

Die Dokumentation über den Torwart Bert Trautmann, der trotz eines Genickbruchs mal weitergespielt hat. Und in England eine Legende ist.
Genau. Da war Goretzka und ich eben auch. Wir haben auch lange gequatscht. Er ist ein sehr netter, aufgeweckter Kerl. Es imponiert mir sehr, dass er auch klare Kante gegen Rassismus zeigt, sich für Toleranz einsetzt. Fußballer haben da schon eine wirklich enorme Reichweite, die sollen sie auch für wichtige Botschaften nutzen. Wie gesagt, Goretzka würde ich den Kickboxer abnehmen. Wenn er Lust hat, lade ich ihn gerne zu meinem nächsten Kampf ein, dann kann er sich aus der Nähe anschauen, ob das seine Welt wäre.

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