Manuel Neuers Regenbogenbinde und der neue Aktionismus
Lange Zeit hatte man das Gefühl, die Fußball-Profis würden in einer Parallel-Welt, die weit entrückt ist von den Ängsten, Sorgen, Problemen, aber auch Bedürfnissen des normalen Bürgers, existieren.
Fußballer haben ihr soziales Gewissen entdeckt
Ich-AGs, die mit Überheblichkeit und Abgehobenheit agieren. Doch in den letzten Monaten, speziell seit der Corona-Pandemie, haben die Fußballer ihr soziales Gewissen entdeckt.
Sie sind sich bewusst, dass sie eine Stimme haben, mit der man nicht nur Floskeln nach Spielen unter das Volk verbreiten kann, sondern, dass ihr Wort Gewicht hat, dass sie mit ihren Aussagen und Überzeugungen was bewirken können, ja einen Unterschied machen können.
Vorbildfunktion ist kein Fremdwort mehr
Vorbildfunktion ist kein Fremdwort mehr. Egal, ob das Nationalspieler Leon Goretzka ist, der unermüdlich Rassismus und Diskriminierung anprangert, und der zusammen mit Bayern-Teamkollege Joshua Kimmich die Initiative "We kick Corona" ins Leben gerufen hat.
Oder Nationalmannschaftskapitän Manuel Neuer, der mit seiner Regenbogenbinde ein Zeichen für Toleranz für die sexuelle Selbstbestimmung der Homosexuellen und Transgender-Gemeinde sendet.
Neues Selbstbewusstsein
Ein neues Selbstverständnis und auch Selbstbewusstsein. "Es war in der Vergangenheit oft so, dass wir uns politisch nicht so positioniert haben und stattdessen den Richtlinien, wie es immer gewesen ist, gefolgt sind.
Jetzt hat - auch dank der sozialen Medien - jeder Einzelne mehr Einfluss, etwas zu bewegen", sagte Neuer dem "Kicker". "Wir möchten der Nationalmannschaft ein Gesicht geben und den Menschen zeigen, dass es außerhalb des Fußballs wichtige Dinge gibt, auf die wir hinweisen und hinter denen wir stehen."
Vorbilder für Kinder und Jugendliche
Und: "Wir sind für viele Kinder und Jugendliche Vorbilder, und ich denke, dass wir da gerade ein positives Bild abgeben."
Seine Regenbogen-Binde will der Torwart bei dieser EM weiter tragen und er freut sich über die Resonanz.
"Ich finde es gut. Daran sieht man, wo wir stehen in unserer Gesellschaft, und dass wir 2021 in Mitteleuropa so weit sind, dass wir als offene, tolerante Gesellschaft eine solche Aktion als sehr positiv empfinden", sagte der 35-Jährige vom FC Bayern.
"Eigentlich habe ich von unserer Bevölkerung nichts anderes erwartet, und wir als Mannschaft können nur sagen, dass wir dafür sehr dankbar sind."