Märchen mit Franz & Hopp
SINSHEIM - Hoffenheim weiht die neue Arena ein – und Bayern-Präsident Franz Beckenbauer kuschelt mit dem Spitzenreiter.
Da saß er also. In der neuen Rhein-Neckar-Arena in Sinsheim, der Großen Kreisstadt mit 35000 Einwohnern. Direkt neben Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp, dem Bauherrn. Die Einladung zur Einweihung hatte sich Franz Beckenbauer redlich verdient. Im Dezember hatte er beim Herbstmeister „Größenwahn“ diagnostiziert. Daraufhin folgte der Anruf von Hopp. Der wollte seinem „guten Freund Franz“ das Gegenteil beweisen.
Beim 2:0 gegen Cottbus – Demba Ba und Neuzugang Boubacar Sanogo trafen für den alten und neuen Tabellenführer – ist dieses Unterfangen komplett geglückt. Was Bayern-Manager Uli Hoeneß, zuletzt im Clinch mit dem Emporkömmling aus dem Kraichgau, ärgern dürfte. Kaiser Franz kuschelte mit Hopp, dem Macher und Gönner des neuen Titelrivalen des Rekordmeisters. „Da brauche ich den Uli nicht um Erlaubnis fragen“, meinte Beckenbauer lachend bei „Premiere“, „ich bin ja sein Chef.“
Einzig der rote Schal machte an diesem Samstag deutlich, dass es sich bei Beckenbauer tatsächlich um den Bayern-Präsidenten handelt und nicht um einen der neuen VIP-Fans der TSG 1899. Zwar bestritt Beckenbauer, später auch noch mit den Hoffenheimern feiern zu wollen: „Ich will heim, meine Kinder sehen.“ Doch obwohl ihm der großzügige Golf-Kumpel Hopp frei gegeben hatte („Franz darf selbstverständlich gehen, wann er will"), trat man abends erneut gemeinsam auf – im ZDF-Sportstudio, das aus dem neuen Stadion übertragen wurde.
Auch hier erging sich der noch vor ein paar Wochen so kritische Kaiser in Komplimenten für den Titelrivalen. „Was hier geschaffen wurde“, sagte der 63-Jährige voller Bewunderung, „ist, ich will nicht sagen ein Wunder, aber ein Märchen ist es schon.“ Respekt! Respekt! Respekt! Da strahlte Hopp neben ihm – und weil er gerade so schön in Schwung war, meinte Beckenbauer auch noch: „Hoffenheim ist zu Recht Herbstmeister geworden. Man muss sie ernst nehmen.“
Von Größenwahn bei den aufstrebenden Hoffenheimern war beim Bayern-Präsidenten mit keinem Wort die Rede. Wie auch, hatte doch Hopp kurz zuvor – angesichts des Kreuzbandrisses von Toptorjäger Vedad Ibisevic – ganz bescheiden gesagt: „Es wird in der Rückrunde nicht so laufen wie in der ersten Halbsaison. Die Hinrunde ist traumhaft gelaufen.“ Und, auch wenn es Hopp nicht hören wollte, die Rückrunde hat auch ganz gut angefangen. oh
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