Kunst im "Schweinespiel"
Ein „Hartes Stück Arbeit!“: Der Ex-Bayer Piotr Trochowski rettet der Nationalelf in einer Zitterpartie ein 1:0 gegen Wales. Das DFB-Team ist Tabellenführer, und Löw hat „ein gutes Gefühl für die Pause“
MÖNCHENGLADBACH Es war ein Geduldsspiel, eine Zitterpartie. 72 Minuten rannten die DFB-Kicker vergeblich an gegen die Waliser Abwehr-Mauer. Doch dann erlöste Piotr Trochowski Fußball-Deutschland. Der HSV-Star sorgte mit einem Traumtor fürs 1:0, für den zweiten Sieg der deutschen Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation binnen vier Tagen – und für die Tabellenführung in der Gruppe 4.
Bundestrainer Joachim Löw war zufrieden: „Mit den sechs Punkten aus dem Doppelspieltag haben wir ein gutes Fundament geschaffen, darauf können wir im nächsten Jahr aufbauen. Das gibt uns ein gutes Gefühl für die Pause.“ Erst im März 2009 geht’s in der WM-Qualifikation gegen Liechtenstein weiter. Da sind natürlich die nächsten drei Punkte fest eingeplant.
Gestern lobte Löw seine Spieler vor allem für ihre „mentale Stärke“ und bescheinigte ihnen: „In der zweiten Halbzeit haben wir sehr schnell gespielt, hatten die klareren Chancen, deshalb ist der Sieg, wenn er auch knapp ausgefallen ist, hoch verdient.“
Die gute Nachricht schon eine Stunde vor dem Anpfiff: Kapitän Michael Ballack, den die letzten Tage die Wade gezwickt hatte, konnte zu seinem 89. Länderspiel antreten. ZDF-Experte Oliver Kahn, der Ex-Bayern- und Nationalkeeper: „Ballack wollte sich als Kapitän zeigen.“ Löw verriet hinterher: „Ballack hatte noch Schmerzen, doch er wollte unbedingt spielen.“ Was der Chelsea-Star bestätigte: „Die Ärzte hatten mir versichert, dass nichts passieren kann.“
Nachher war er mit sich und seinen Kollegen zufrieden: „Wir haben es uns lange selbst schwer gemacht – aber dann ein wunderbares Tor geschossen. Der Sieg ist verdient.“
ZDF-Mann Kahn brachte es auf den Punkt: „So ein Schweinespiel muss man halt 1:0 gewinnen. Gegen solche Mannschaften mit massiver Deckung darf man nicht nervös werden. Das hat die deutsche Mannschaft gut gemacht. So fiel auch dann das entscheidende Tor.“
Löw („Wenn wir Wales nicht schlagen, hat der Sieg gegen Russland geringere Bedeutung“) hatte jene Elf aufs Feld geschickt, die am Samstag Russland 2:1 besiegt hatte. Mit Thomas Hitzlsperger als Ballack-Hiwi im Mittelfeld. Torsten Frings musste wieder auf die Bank. Kahn: „Es gibt nach der EM eben keine Erbhöfe mehr.“
Dafür neue Leistungsträger – und Matchwinner wie Piotr Trochowski. Der Ex-Bayer, der momentan beim HSV für Furore sorgt, traf mit einem Traumtor, einem Kunstschuss, aus 20 Metern in den Winkel zum 1:0 (72.). In seinem 18. Länderspiel das erste Tor. „Es hatte sich in den letzten Spielen angedeutet“, sagte Trochowski cool. „Ich habe sehr oft aufs Tor geschossen, irgendwann musste der Ball ja reingehen.“ Kahn lobte seinen ehemaligen Kollegen ob dessen „verzinkter Schusstechnik, der schneidet die Bälle fürchterlich an. Man sieht bei seinem Tor, dass sich der Ball vom Keeper wegdreht. Da hast du als Torwart keine Chance. Mit solchen Dingern hat er mich früher bei Bayern im Training schon immer geärgert.“ Die hohe Kunst im „Schweinespiel“ eben.
Geärgert haben sich die DFB-Asse auch über die vielen vergebenen Chancen in der zweiten Halbzeit. Ballack hatte die größte Chance zum 2:0, sein Freistoß landete am Pfosten (75.), Auch Schweinsteiger, Hitzlsperger und Trochowski vergaben große Chancen. Ein Fehler von Lahm hätte Bellamy fast den Ausgleich ermöglicht (81.), doch der Waliser vergab.
Löw tigerte nervös in seiner Couching-Zone herum, brüllte immer wieder: „Zusammenstehen!“ Was sein Team dann bis zum Schluss beherzigte.
„Es war ein hartes Stück Arbeit“, resümierte der starke Bastian Schweinsteiger. „Die Waliser standen ja mit elf Mann hinten drin. Trotzdem haben wir gewonnen und unsere Spitzenposition in der Gruppe gefestigt.“ Mit einem 1:0 im Schweinespiel. F.M.