Klose: Auf Bewährung

Obwohl außer Form, lässt Löw gegen Australien wohl Bayerns Angreifer Miroslav Klose stürmen. In der AZ debattieren frühere DFB-Stürmer wie Seeler und Fischer, ob der Bundestrainer damit ein zu großes Risiko eingeht.
von  Abendzeitung
Darf wohl im Auftaktspiel in der Startformation ran: Miroslav Klose.
Darf wohl im Auftaktspiel in der Startformation ran: Miroslav Klose. © dpa

Obwohl außer Form, lässt Löw gegen Australien wohl Bayerns Angreifer Miroslav Klose stürmen. In der AZ debattieren frühere DFB-Stürmer wie Seeler und Fischer, ob der Bundestrainer damit ein zu großes Risiko eingeht.

JOHANNESBURG Am letzten Juni-Wochenende könnte im Hause Klose ein schönes Jubiläum gefeiert werden. Aus dem Jungen, der mit neun bei der SG Blaubach-Diedelkopf mit dem Kicken anfing, könnte bald das Mitglied des exquisiten Ü100-Klubs werden. Übersteht das DFB-Team die Vorrunde, könnte Miroslav Klose im Achtelfinale sein 100. Länderspiel bestreiten. Wenn Joachim Löw ihn denn lässt. Es sieht ganz so aus, als würde er. Zumindest im Auftaktspiel gegen Australien am Sonntag (20.30 Uhr, ZDF live). Ein Einsatz auf Bewährung.

Einerseits hat Klose gerade mit drei Treffern in 25 Spielen die schlechteste Bundesligasaison seiner elfjährigen Profikarriere hinter sich. Andererseits hat er im DFB-Team nicht nur die meisten Länder- (96) und WM-Spiele (14), sondern ist neben Teófilo Cubillas der einzige, dem bei zwei Weltmeisterschaften mindestens je fünf Treffer gelangen. Fünf davon in Eröffnungsspielen: drei beim 8:0 gegen Saudi-Arabien (2002), zwei beim 4:2 gegen Costa Rica (2006). Zudem haben Namensforscher herausgefunden, dass dem Namen Klose eine verkürzte Form von „Nikolaus“ zugrunde liegt, was aus dem Griechischen stammt und „Volkssieger“ bedeutet. Wer sonst also sollte zum ersten Spiel auflaufen?

Der Mann heißt Claudemir Jeronimo Barreto. Oder kurz: Cacau. Hat gerade mit 13 Treffern in 25 Spielen die beste Bundesligasaison seiner neunjährigen Profikarriere hinter sich, zuletzt in vier Länderspielen drei Tore erzielt – und ist definitiv besser in Form als Klose. Doch wenn der Bundestrainer über Klose redet, ist klar, wer spielen wird: „Miro hat sich oft aus einem Tief herausgekämpft. Ich traue ihm das auch diesmal zu. Bei Miro kann ich großes Vertrauen haben, er hat es meistens mit Toren zurückgezahlt (wie beim 1:0 in Russland, d. Red.). Ich habe jetzt ein gutes Gefühl, dass Miro seine Form und seine körperliche Frische findet. Er fühlt sich besser.“

Ehemalige Stürmer-Größen stützen Löws Treue-Kurs. Uwe Seeler sagt: „Wenn der Bundestrainer ihm das Vertrauen schenkt, dann sollte man das akzeptieren. Wenn Löw meint, dass Klose gut trainiert hat, dann muss er ihm vertrauen. Löw hält ja später auch den Kopf hin. Klose hat große Verdienste um den deutschen Fußball.“

Der Ex-Schalker Klaus Fischer meint dagegen: „Ich war mal von Klose überzeugt, aber nach dieser Saison fehlt es ihm an Selbstvertrauen. Löw hält zu ihm, weil Klose bei den letzten zwei Weltmeisterschaften je fünf Tore geschossen hat. Also wird er ihn gegen Australien von Anfang an bringen. Aber das wird ganz hart für Klose, alle Augen werden auf ihn gerichtet sein und er wird sich bewähren müssen.“ In Cacau sieht Fischer den „beweglicheren Mann, der vorne Nadelstiche setzen kann“.

Ex-Nationalstürmer Stefan Kuntz schlägt sich auf Kloses Seite: „Ein Stürmer lebt stark vom Vertrauen des Trainers. Ich finde es gut, dass er von Löw auch in dieser schwächeren Phase das Vertrauen bekommt. Ich würde es ihm auch geben. Allerdings wird er das Vertrauen bei ausbleibenden Leistungen nicht über das gesamte Turnier bekommen. Beim ersten Spiel muss er sich bewähren.“

ARD-Experte Günter Netzer sagt derweil über den Bundestrainer: „Ich bin verwundert Löw hat so viel Vertrauen in Klose gesetzt, dass er sich daran messen lassen muss.“

Löw aber wird sich von all dem nicht beirren lassen und seine Linie durchziehen, wie bei Frings, Kuranyi und Hitzlsperger. Klose wird spielen. Auf Bewährung. tbc/ane

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.