Kimmich brilliert als Rechtsverteidiger: Ist die Positions-Debatte damit endgültig beendet?

Der erste Schritt ist gemacht, der erste Pflichtsieg des Oktober-Doppelpacks eingesackt. Mit 4:0 gewann die deutsche Nationalmannschaft in Sinsheim souverän gegen Außenseiter Luxemburg, das sich in der 20. Minute mit der Roten Karte für Dirk Carlson, der mit seinem Handspiel einen Elfmeter verursachte, selbst schwächte. Wichtig war der hohe Erfolg (ein paar Treffer mehr hätten schon herausspringen müssen) gegen Luxemburg, in der Fifa-Weltrangliste als 96. zwischen Äquatorial-Guinea und Mosambik platziert, für die Tordifferenz in der WM-Qualifikationsgruppe.
Zwei Standardtreffer von David Raum und Joshua Kimmich sorgten für den 2:0-Pausenstand, danach erhöhten Serge Gnabry (48.) und wieder Kimmich (50.), der doppelte Joshua, auf 4:0. Die beste Nachricht des Abends aus DFB-Sicht kam aus Belfast: Nordirland bezwang die Slowakei überraschend mit 2:0, nun haben alle drei Nationen in der Gruppe A jeweils sechs Punkte – nur der Gruppensieger qualifiziert sich direkt für die WM 2026. Nun muss das DFB-Team den zweiten Schritt machen, am Montagabend (20.45 Uhr, RTL) im unangenehmen, weil meist nasskalt-windigen, Windsor Park von Belfast.
Nagelsmann überrascht mit Kimmich als Rechtsverteidiger
Überraschend: Die erneute Wende von Nagelsmann im Fall Joshua Kimmich. Vor dem Länderspiel-Doppelpack im September hatte der Bundestrainer wortgewaltig betont, er wolle aufgrund der "Kürze der Zeit" bis zur WM 2026 in seinem "Herzstück", sprich im Mittelfeld-Zentrum, keine Experimente mehr machen. Weil sein Kapitän "einer von zwei, drei Spielern ist, die dort im Klub Stammspieler sind", schickte er Kimmich auf dessen favorisierte Position als Sechser.
Das Hintertürchen, verklausuliert als Bedingung, formulierte Nagelsmann so: "Sollten die angedachten Rechtsverteidiger-Kandidaten auf ganzer Linie versagen, wovon ich nicht ausgehe, überlegen wir nochmal." So kam es dann. Mit der Umstellung an diesem Freitag beendete der Bundestrainer auch die Hoffnungen von Nnamdi Collins.
Beim 0:2 in der Slowakei durfte der Rechtsverteidiger der Frankfurter Eintracht sein Länderspiel-Debüt feiern – und fiel durch. Auswechslung zur Pause, kein Einsatz, keine Nominierung mehr. Nagelsmann bestätigte vor Anpfiff in der ARD: "Wir schauen uns natürlich immer Alternativen an, aber Joshua ist auf beiden Positionen so stark, dass es für einen Konkurrenten schwierig ist, da vorbeizukommen." Immerhin wurde der seit 2021 erstmals wieder nominierte Rechtsverteidiger Ridle Baku nach einer guten Stunde eingewechselt.
Kimmich spielt Hybrid-Position als Sechser und Rechtsverteidiger
"Es ist eine seiner Stärken, dass er beide Positionen sehr gut spielen kann", erklärte Nagelsmann, "im Grunde spielt er mit Ball die Position, die er auch bei Bayern unter Vincent Kompany spielt. Dort fühlt er sich wohl und wird großen Einfluss haben. Defensiv spielt er rechter Verteidiger."
Mit der Retro-Rochade ging Nagelsmann auf Nummer sicher mit Kimmich, der im Spielaufbau tatsächlich hinten rechts begann, dann wie ein Achter einrückte. Gegen den Ball arbeitete Rechtsaußen Karim Adeyemi weit nach hinten zurück, unterstützte ihn. "Wir haben schon vor dem Lehrgang darüber gesprochen. An sich ist es eine sehr, sehr lange Diskussion", meinte Kimmich in der ARD, "der Trainer weiß, dass ich auf beiden Positionen spielen kann und dementsprechend kann man das nutzen." Der Kimmich – ein Fall für zwei.
Wie viel Druck auf dem DFB-Team nach der Blamage von Bratislava lag, konnte man am aggressiven und erstaunlich ausgelassenen Jubel der Torschützen erkennen. Erst schrie Raum nach hübsch verwandeltem Freistoß seine Freude über seinen ersten Treffer im Nationaltrikot (31. Einsatz) in die Kamera, dann zeigte Kimmich die Faust nach dem versenkten Elfmeter – und das in seinem 104. Länderspiel. Dadurch überholte er den 2024 verstorbenen Franz Beckenbauer und liegt auf Rang elf im ewigen DFB-Ranking, gleichauf mit Per Mertesacker. Die Sahne auf dem Kraichgauer Kimmich-Kuchen: Zwei Länderspiel-Tore gelangen ihm noch nie, jetzt hat er zehn.