Interview

Jo Groebel: "Es sind richtige Stars im Frauenfußball entstanden"

Der Medienpsychologe Jo Groebel analysiert den Hype um die DFB-Frauen: "Neues Zeitalter beginnt."
| Victoria Kunzmann
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Alexandra Popp (2.vr) jubelt mit ihren Teamkolleginnen. Sie und vier weitere deutsche Spielerinnen wurden als Teil der beste WM-Elf ausgezeichnet.
Alexandra Popp (2.vr) jubelt mit ihren Teamkolleginnen. Sie und vier weitere deutsche Spielerinnen wurden als Teil der beste WM-Elf ausgezeichnet. © Nick Potts/PA Wire/dpa

München - AZ-Interview mit Jo Groebel: Der 71-Jährige gilt als einer der Begründer der modernen Medienpsychologie und Fernsehforschung.

AZ: Herr Groebel, die deutschen Frauen haben bei der EM in England eine regelrechte Euphorie entfacht. Was sagen Sie als Fachmann: Woher kommt der jetzige Medienhype um die DFB-Nationalelf bei dieser EM?
JO GROEBEL: In erster Linie liegt es daran, dass die Qualität in der Mannschaft mit ihren tollen Spielerinnen inzwischen wirklich überzeugend ist. Die hat sich schon früher angedeutet, jetzt sieht man, welch hohes Niveau sie erreicht haben. Man hat auch viel stärker als bei den Männern das Gefühl, dass es um das Wir-Gefühl geht, um den Spaß an der Sache. Die Spielerinnen denken nicht viel darüber nach, ob sie gerade ihren Wert gesteigert haben. Man sagt Frauen am Arbeitsplatz nach, dass der Sachbezug da ist, sie gute Arbeit leisten und Gutes tun wollen.

Medienpsychologe Joe Groebel
Medienpsychologe Joe Groebel © gbrci via www.imago-images.de (www.imago-images.de)

Kann man die Frauen-Mannschaft also den Männern-Teams gegenüberstellen?
Man kann es natürlich kontrastieren mit allem, was man aus dem Männerfußball mitbekommt. Hier geht es gefühlt nur noch um den Marktwert Einzelner.

Welchen Stellenwert haben die Medien bei der Begeisterung für die DFB-Frauen?
Die Platzierung ist so prominent wie noch nie zuvor gewesen. Die Begeisterung wäre aber nicht so groß, wenn nicht die Mannschaft selbst so groß und so gut wäre. Die bessere Platzierung geht damit einher, dass plötzlich die Gesichter der Spielerinnen bekannt sind. Plötzlich kennt jeder Frau Popp und leidet mit, wenn sie nicht mitmachen kann. In Bezug auf die Leistung sind richtige Stars entstanden.

Ohne Story keine Medien und ohne Medien keine Aufmerksamkeit

Was braucht es noch, damit das Publikum aufmerksam wird?
Ohne Story kriegen sie keine Medien und ohne Medien keine Aufmerksamkeit. Plötzlich wird der Frauenfußball mal zum Drama, mal zur Komödie oder zur Tragödie. Alle Ingredienzen sind vorhanden, die vorher medial noch nicht in der Form transportiert wurden. Das Publikum hat in dieser Krisenzeit dringend das Bedürfnis gehabt, eine gute Nachricht zu bekommen, mitfiebern zu können und eine positive Story erzählt zu bekommen, selbst, wenn sie am Ende enttäuschend war. Die Mannschaft mit ihrer positiven Ausstrahlung ist nach den düsteren Monaten sehr willkommen. Zudem gibt es inzwischen auch ein großes Interesse an den einzelnen Persönlichkeiten.

Aber die meisten Spielerinnen kannte außer den echten Fans ja vor der EM niemand.
Genau. Durch die EM wurden die einzelnen Spielerinnen interessanter. Spannend ist es zu sehen: Endlich beginnt ein Zeitalter, in dem man Frauen auch in Bezug auf Sport als interessant und großartig akzeptiert. Sie sind als Akteure und nicht nur als Jubelnde präsent.

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Wie kann es die Frauen-Bundesliga schaffen, die Aufmerksamkeit hochzuhalten?
Die Frage ist natürlich: Wer soll es schaffen? Die Fußballerinnen werden genauso spielen und genauso reüssieren wie bisher. Es wird sich organisch entwickeln, die Liga wird das Interesse nicht planen oder steuern können. Das können allein die Medien. Bei den Frauen läuft die Story weiter, nämlich mit der WM im nächsten Jahr. Die Medien haben keinen Auftrag, das zu tun, aber es entspricht dem Marktprinzip. Das heißt, es gibt eine gute Basis und eine Geschichte, die weiterlaufen wird.

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