Heynckes über van Gaal: „Übers Ziel hinaus geschossen!“
Auch Jupp Heynckes, der Coach von Tabellenführer Bayer Leverkusen, kritisiert van Gaal. Ansonsten gibt es viel Unterstützung für Bundestrainer Joachim Löw im Streit um den Fitnesstest
STUTTGART Was alles getrunken wurde, wie lange es ging und wer die schlimmsten Zecher waren – nein, das wollte Jupp Heynckes dann doch nicht verraten am Montag. „Ich war ja lange Zeit nicht mehr bei den Trainertreffen dabei“, sagte der Coach von Bayer Leverkusen und grinste sich eins. „Aber gestern Abend ging es viel gesitteter zu als vor 20 oder 25 Jahren. Damals waren noch Haudegen dabei, die mal länger zusammengeblieben sind.“
Heute ist anders. Und so dauerte die Sitzung, bei der sich Bayern-Trainer Louis van Gaal von seinem Assistenten Hermann Gerland vertreten ließ, nur gut dreieinhalb Stunden. Genug Zeit für die sportliche Leitung des DFB, den Ligatrainern ihre WM-Planungen zu präsentieren. Darüber hinaus war Fortbildung angesagt: Albert Capellas, Koordinator für die Nachwuchsarbeit des FC Barcelona, stellte die Ausbildungsphilosophie seines Vereins vor. Sportpsychologe Dr. Hans-Dieter Hermann referierte über das Thema „Psychiatrische Erkrankungen im Profifußball“.
Ansonsten war das Treffen am Rande des Leistungstests für die WM-Kandidaten dazu da, sich gegenseitig Unterstützung zuzusichern und auf die Schultern zu klopfen. Einzig van Gaal bekam noch einmal ein Echo auf sein Lästern („Das ist Wahnsinn! Vier Tage – das ist nicht normal. Ich muss auch ein Spiel vorbereiten“) vom Freitag. „Es wird immer unterschiedliche Meinungen geben, das müssen wir respektieren, und das ist auch kein Problem. Das gilt auch für Louis van Gaal“, sagte Bundestrainer Löw. Deutlicher wurde da schon Heynckes, der seinen Nachfolger bei den Bayern aber auch in Schutz nahm. „Der Termin stand schon lange fest, da kann man nicht kurz vorher aufschreien. Da müssen wir in der Bundesliga auch etwas aufpassen“, äußerte Heynckes und fügte hinzu: „Van Gaal kennt so etwas nicht aus Holland oder Spanien, deshalb ist er vielleicht etwas über Ziel hinausgeschossen.“
Erstmals dabei im Kreise der Nationalelf beim Fitnesstest ist Thomas Müller, die Saisonentdeckung des FC Bayern. Löw ermunterte ihn wie Bayerns Leihgabe Toni Kroos, der in Leverkusen brilliert, mit Blick auf die WM zum Angriff auf etabliertere Akteure. „Man spürt, mit welchem Nachdruck die jungen Spieler nachdrängen, mit welcher Kraft und Dynamik sie in die Mannschaft wollen“, schwärmte der Bundestrainer über den Nachwuchs.
Löw verdeutlichte am Beispiel von Thomas Hitzlsperger vom VfB Stuttgart zudem, dass Spielpraxis im Verein für eine WM-Nominierung unerlässlich sei. Der Mittelfeldspieler sitzt nur noch auf der Bank. Löw verriet: „Bei Hitzlsperger steht möglicherweise sogar ein Transfer an.“