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Gottlose Fußballwelt: Abschied von Zlatan Ibrahimovic

Der Fußball verliert einen Ausnahme-Profi und seinen größten Exzentriker: Matthias Kerber, der Sportchef der AZ, über den Abschied von Zlatan Ibrahimovic.
Matthias Kerber
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Tränen beim Abschied in Mailand: Zlatan Ibrahimovic.
Tränen beim Abschied in Mailand: Zlatan Ibrahimovic. © dpa

München - Wir leben in einer säkularisierten Welt – und jetzt auch in einer gottlosen Fußballwelt: Zlatan Ibrahimovic beendet mit 41 Jahren seine unglaubliche Karriere. Am Ende muss sogar der selbst ernannte Fußball-Gott, der bei seinem spektakulären Toren öfter mal die Gesetze der Physik, insbesondere der Schwerkraft außer Kraft gesetzt zu haben schien, sein Knie in Demut – eine ihm zutiefst fremde Charaktereigenschaft – beugen.

Am Ende bringt Vater Zeit auch die größten Widerstandskämpfer gegen das Altern zur Strecke. Mit Ibrahimovic geht ein Spieler, ein Mensch, der in dieser Welt, die von der Pandemie der grassierenden politischen Überkorrektheit heimgesucht wird, ein Anachronismus ist.

Zlatan Ibrahimovic: Eine Mensch gewordene Provokation

Eine Welt, in der jedes Wort – ja schon fast jeder Gedanke – das nicht der Krämerseelen-Prüfung der Goldwaage unterzogen wurde und standgehalten hat, dem Bannstrahl der Sozialen Medien in Form eines Shitstorms ausgeliefert ist. Ibrahimovic war stets eine Mensch gewordene, wandelnde Provokation. Auf dem Spielfeld agierte er einem Ritt auf dem Rasiermesser gleich am Rande der Unsportlichkeit.

Er schimpfte, er (be-)drohte, er setzte seinen massigen Körper als Rammbock ein, er legte Akrobatik-Aktionen hin, die nur akzeptiert (oder eher geduldet) werden, wenn sie – wie bei Zlatan so oft – vom (Tor-)Erfolg gekrönt waren. Hätte er versagt, man hätte ihn und sein überbordendes Ego schon längst mit Schimpf und Schande aus dem Mannschaftssport Fußball verbannt.

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Zlatan Ibrahimovic war seine ureigenste Marke

Und Ibra-kadabra hatte immer Sprüche parat, die er mit einem schelmischen Lächeln, das einem immer im Unklaren ließ, ob er wirklich an unheilbarer Hybris erkrankt ist oder ob er die Welt zum Narren hält und die Marktwirtschaft besser als jeder Ökonom verstanden hat und er seine ureigenste Marke erschaffen hat.

Erfolg als ständiger Begleiter

Egal, wo er spielte – und er spielte fast überall – der Erfolg war fast sein ständiger, treuer Begleiter. Alleine seine Anwesenheit ließ bei den Mitspielern die Brust vor Stolz und Selbstbewusstsein schwellen, er war so bei allem Egoismus, ein perfekter Team- und Führungsspieler, der allen Zweifeln Kabinenverbot erteilte.

Nicht nur seine Fans, die bekennenden Zlatanisten, werden Ibrahimovic vermissen. Ohne ihn ist die neue Fußballwelt ungemein farblos – und leider eben nun ohne ihren Fußball-Gott auch gottlos.

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