"Es waren die Spielerfrauen!"

Hier erklärt Kabarettist Christ Böttcher, warum die Spielerfrauen die Aufstellung verraten haben und was Joachim Löw mit Hansi Hinterseer gemeinsam hat.
Matthias Kerber |
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Das EM-Gespräch: Hier erklärt Kabarettist Christ Böttcher, warum die Spielerfrauen die Aufstellung verraten haben und was Joachim Löw mit Hansi Hinterseer gemeinsam hat

AZ: Herr Böttcher, Deutschland steht nach dem 4:2 gegen Griechenland im Halbfinale. Das unterstreicht, was Bundestrainer Joachim Löw zu EM-Beginn verkündet hat: „Trainer ist kein Idiot!” Jetzt wissen wir, was der Jogi nicht ist. Sie als Löw-Double Nummer eins können uns sicher sagen, was der Trainer Löw denn nun ist...

CHRIS BÖTTCHER: Nun, gegen die Griechen, das war klar. Die mussten uns weiterkommen lassen, die hätten ohne deutsche Finanzspritzen nicht einmal die Anfahrt zum Spiel zahlen können, die hätten trampen müssen. Da weiterzukommen war das Mindeste, was sie uns schulden. Und zu Jogi: Er ist der Gepflegteste von allen, ein Vorbild in allen Lebenslagen. Ob im scherzenden Umgang mit Balljungen oder als Mann mit der passenden Pflegeserie. Nur als Fußballer, da war er nicht überragend, da kann er seinen Jungs nichts beibringen. Taktisch schon, zusammen mit Co-Trainer Hansi Flick, der ein guter Mann ist, wenn er nichts sagt und keine Stahlhelme verteilt, und Teammanager Oliver Bierhoff ist Löw das Trio fatale, das modische Dreigestirn Fußballdeutschlands. Er hat die Mannschaft stylingtechnisch auf högschdes Niveau geführt.

Den EM-Titel der gepflegtesten Mannschaft haben wir dank Jogi schon sicher, der fußballerische wäre eine nette Dreingabe, ist aber nicht so entscheidend, denn der Mode-Oscar ist ja das, wofür man eigentlich hier ist. Wir sind die Rundum-Wohlfühl-Truppe, das ist so wunderbar undeutsch, selbst wenn er högschde Disziplin einfordert.

Wie lässt sich die Maulwurf-Affäre um die veröffentlichte Aufstellung mit högschder Disziplin vereinbaren?


Also ich bin mir sicher, dass die Spieler da nicht dahinter stecken. Aber der Schuldige ist trotzdem ausgemacht.

Lassen Sie hören!

Es waren die Spielerfrauen! Da waren welche so stolz und andere so angefressen, dass ihre Männer spielten beziehungsweise auf die Bank mussten, dass die sich Luft verschafft haben und die Aufstellung ausgeschnattert haben. Frauen verarbeiten ja, indem sie reden. Die Gina-Lisa, die ja vor der EM mit Boateng so, naja, Sie wissen schon. Die war sicher sauer. Der Jogi hat dem Boateng, nachdem er gegen die Griechen beide Tore verschuldet hat, absolutes Gina-Lisa-Verbot erteilt. Er hat richtig schwere Geschütze aufgefahren. Er hat ihm die Bundeskanzlerin Angela Merkel aufs Zimmer geschickt. Das sollte zur Abkühlung reichen. Aber sie soll das Zimmer erst um fünf Uhr früh verlassen haben, heißt es. Aber sonst hat der Jogi mit seinen Auswechslungen ja ein Glückshändchen bewiesen.

Glückshändchen dank Glücksbändchen?


Das sind ja eigentlich keine Glücksbändchen, sondern All-inclusive-Bändchen vom Wellness-Peeling-Cluburlaub, zu dem er die Spieler in der EM-Vorbereitung eingeladen hat. Aber mit den Rochaden macht der Jogi alles richtig. Das mit dem Gomez am Anfang der EM war ein Super-Schachzug, aber gegen Dänemark musste er ihn auswechseln, weil der Mario einen Nachföhntermin hatte, den er nicht verschieben konnte. Deswegen saß er auch gegen Griechenland draußen. Der Coup mit Lars Bender war großartig. Dass der junge Kerl dann das Siegtor gegen die Dänen machte, dafür will Jogi ihm eine Schnullerkette und einen Strampelanzug mit DFB-Logo schenken.

Eine wichtige Frage: Kann man sich mit den richtigen Pflegeprodukten nicht nur die Sorgenfalten, sondern auch die Sorgen wegcremen?

Der Jogi hat zum Glück eine sehr positive Lebenseinstellung. Er sieht seine Frau nicht so oft, das tut ihm gut, da kriegt man kaum Sorgenfalten. Außerdem: Wir sind ja keine Holländer. Wir haben keinen Robben im Team, wir mussten keine Elfmeter schießen, deswegen sind wir sorglos und sorgenlos.

Löw wird immer mehr zum Gute-Laune-Jogi, wie man etwa an seiner Episode mit dem Balljungen gesehen hat.

Er ist eine Badenser Frohnatur. Er hat sich von all seinen unlustigen Vorgängern emanzipiert. Ein Ribbeck ohne jedes Merkmal, ein Vogts mit seinen Adiletten. Jogi, der ist einzigartig, der ist knuddelig, der hat was von Petzi-Bär. Mit seinem Dialekt kam die Glaubwürdigkeit zurück in den deutschen Fußball. Löw ist so etwas wie der Hansi Hinterseer des deutschen Fußballs, nur eben mit schwarzen Haaren. Jeder mag ihn, keiner will ihm Böses.

Ihm unterlaufen ja auch kaum noch Fauxpas...


Stimmt! Noch 2010 hat er ausgiebig in der Nase gepopelt und sich dauernd unter dieAchseln gelangt und dann an dem Finger gerochen. Auch das hat er eingestellt. Er ist immer weltgewandter und staatsmännischer geworden. Früher hat man gesagt, der Beckenbauer, der könnte Bundeskanzler werden, der ist so beliebt. Beim Jogi ist das ähnlich, da müsste er schon FDP-Chef werden, damit seine Popularität abstürzt.

Nur als Tanzlehrer wäre er wohl ungeeignet, sein Torjubel sieht sehr ungelenk aus.


Das war elefantös, aber nicht unsportlich. Für einen Mann von 52 Jahren springt er doch noch sehr hoch. Ich weiß auch nicht, ob er sich Fett an der Hüfte hat absaugen lassen – oder ob diese taillierten Hemden wirklich alles so toll kaschieren. Er sieht für sein Alter schon noch sehr fesch aus. Er hat eine Topfigur.

Ist es schwer für Löw, die Spieler mit dem Badenser Dialekt zu motivieren?

Der Jogi holt immer das Maximum raus, seine Hände sind zwar zart gecremt, können aber auch strafend hart sein. Und er fordert immer das Beste in allen Lebenslagen. So hat es ihm etwa gar nicht gefallen, dass Gomez gegen die Holländer gar nicht jubeln wollte. Jetzt hat er ihm ein paar Aufgaben gestellt. So soll er sich schon im Hinblick auf die Spanier ein paar witzige Posen einfallen lassen. Nix mehr mit Torero-Jubel, das muss innovativer werden. Gomez könnte etwa einen spanischen Bänker darstellen, mit leeren Hosentaschen nach außen, oder einen spanischen König, der uneheliche Kinder schaukelt, oder gerade einen Elefanten erlegt hat. So was ist jetzt gefragt.

Wie stehen eigentlich die Promis die Sie veräppeln, zu Ihren Parodien?


Die können meist damit gut leben. Ich weiß aber, dass der Loddar Matthäus darüber gar nicht erfreut ist. Wobei ich zugeben muss, bei dem ist es schwer, das Original zu übertreffen, da muss man als Kabarettist fast kapitulieren. So tief und so oft kann man gar nicht mit seinen Witzen in der untersten Schublade kramen, wie der sich da selber aufhält. Und der Jogi, der ist ein Mann von Welt. Der steht da drüber – und notfalls cremt er sich den Ärger weg.

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