EM-Streitfrage: Braucht der Fußball die Technik?
PRO
AZ-Redakteur Landsgesell: Drin oder nicht drin? Das fragte sich die Fußballwelt nach dem WM-Finale zwischen Deutschland und England, das das Wembley-Tor hervorbrachte. 40 Jahre später bewies eine Studie: nicht drin. Und nun? Sahen Millionen Fernsehzuschauer Sekunden später die Zeitlupe: drin. Nur der fünfte, sechste oder siebte Schiedsrichter an der Torauslinie hat das nicht mitbekommen.
Es wird Zeit. Zeit für technische Hilfsmittel, wie es sie im Eishockey oder beim Tennis seit Jahren gibt. Nur im Fußball nicht. Das soll auch so bleiben, fordern jetzt wieder Menschen, die man im positiven Sinne als Fußballromantiker bezeichnen könnte. Dass es mittlerweile tragbare Telefone gibt, mit denen man unterwegs ins Internet gehen und Fotos schießen kann, haben sie wahrscheinlich auch noch nicht mitbekommen.
Und zur Info: Das alte Wembley-Stadion ist abgerissen, Fußbälle sind nicht mehr aus Leder und Franz Beckenbauer hat seine Karriere beendet. Es wird Zeit.
CONTRA
AZ-Redakteur Schlosser: Nun geht das schon wieder los! Diese Torkamera-Jammerei, dieser Schrei nach moderner Technik am Spielfeldrand. Klar, es ist schade für die Ukraine, dass das Schiedsrichtergespann falsch entschieden hat. Mehr aber auch nicht.
Nun reflexartig irgendwelche Chips im Ball oder hypermoderne Kameras an der Torlinie zu fordern, ist einfach langweilig. Die Folge wären Spielunterbrechungen, um Videoaufzeichnungen zu studieren. Oder Schiedsrichter, die auf ihrem iPhone oder auf Bildschirmen Szenen studieren. Grauenhaft!
Dann lieber emotionale Debatten über – aus welchen Gründen auch immer – nicht gegebene Treffer: Man denke nur ans Wembley-Tor. Nationalspieler Thomas Müller hat es gestern ebenso einfach wie richtig zusammengefasst: „Fehler passieren überall.“
Und allen, die nun mit der Masse schreien: „Her mit der Torüberwachungsanlage!“, sei gesagt: Keine Technik, sei sie auch noch so ausgefeilt, arbeitet fehlerlos. Keine. Nie.
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