EM-Städte: Wembley, deutscher Schicksalsort
London - Am 25. Mai 2013 war das Wembley-Stadion, ja der ganze Nord-Westen Londons, fest in der Hand von Bayern- und Dortmund-Fans.
Überall wehten Schals und Fahnen, in den U-Bahnen auf dem Weg zur Arena sangen die beiden Fanlager ihre Lieder. Champions-League-Finale. Das wichtigste Klub-Spiel Europas.
Und dann trafen im Heiligtum des englischen Fußballs zwei Teams aus der Bundesliga aufeinander. Was zunächst ein wenig skurril erschien, entwickelte sich zu einem großen Fest. Denn London hatte sich bestens vorbereitet auf die rivalisierenden Teams und ihre Anhänger, in der Stadt blieb es weitestgehend friedlich, die Engländer waren großartige, sehr tolerante und gelassene Gastgeber. Und der FC Bayern am Ende der glückselige Sieger dank Arjen Robbens Tor zum 2:1. Robben, für immer Mr. Wembley.

"Bayern München und Borussia Dortmund errichten dem Fußball ein Monument", jubelte die spanische Zeitung "Sport" nach einem hochklassigen Endspiel: "Es ist nicht wichtig, wer der Sieger war. Gewonnen hat der Fußball, gewonnen hat Deutschland. Alle Spieler hätten auf Schultern vom Platz getragen werden müssen."
1956 brach sich Bert Trautmann im FA-Cup-Finals das Genick
London und der deutsche Fußball - die Geschichte ist lang und voller Höhepunkte. 1956 etwa brach sich Bert Trautmann während des FA-Cup-Finals das Genick und mehrere Halswirbel.

Doch der deutsche Keeper von Manchester City blieb im Tor und sicherte den 3:1-Sieg gegen Birmingham City. Trautmann wurde zur Legende - wie Geoff Hurst. Der Stürmer erzielte 1966 im WM-Finale in der Verlängerung das höchst umstrittene Wembley-Tor zum 3:2, England besiegte Deutschland am Ende mit 4:2.

Aber war Hursts Schuss, der an die Unterkante der Latte prallte und vom Boden nach vorne sprang, wirklich drin? Studien anhand von Fotos und Filmaufnahmen ergaben Jahre danach eindeutig: Nein! Aber da war's auch zu spät für die deutsche Mannschaft um Torhüter Hans Tilkowski.
1996 gab es zumindest eine kleine Revanche, als Deutschland in Wembley Europameister wurde (2:1 n.V. gegen Tschechien), die Queen überreichte Kapitän Jürgen Klinsmann den Pokal. Zuvor hatte das Team von Bundestrainer Berti Vogts im Halbfinale den Gastgeber eliminiert - wie schon bei der WM 1990 im Elfmeterschießen.

England trauerte. Übrigens auch im Oktober 2000, als Didi Hamann beim Ausstand des alten Wembley-Stadions zum 1:0-Sieg traf.
Und dann kam eben das Endspiel 2013, als der deutsche Fußball pünktlich zum 150. Geburtstag des englischen Verbandes Europa regierte. Was mit dem WM-Sieg 2014 manifestiert wurde.
Bei der EM wird London mal wieder zu Europas Fußball-Hauptstadt
England hingegen ist seit 1966 titellos. Bei der EM wird London mal wieder zu Europas Fußball-Hauptstadt. Das ist die englische Metropole auf Vereinsebene ohnehin - gleich fünf Londoner Klubs (West Ham, Tottenham, Arsenal, Chelsea, Crystal Palace) spielen aktuell in der Premier League, Fulham ist abgestiegen.
Doch nun gilt es eben auch für die Nationalteams. Neben drei Gruppenspielen und zwei Achtelfinals finden die beiden Halbfinals und das Endspiel am 11. Juli im Wembley-Stadion statt. Sieben Partien insgesamt - in keiner Gastgeberstadt wird häufiger gespielt.
Nicht ohne Grund: 90 000 Sitzplätze gibt es in der riesigen Arena, die für mehr als 1,2 Milliarden Euro neu gebaut wurde. Gute Stimmung ist garantiert, auch wenn aufgrund der Corona-Pandemie nicht alle Plätze besetzt sein werden.
In der Vorrunde treffen unter anderem England und Schottland in Wembley aufeinander (18. Juni). Ein Highlight. Doch die englischen Fans und Spieler haben natürlich noch mehr vor, sie hoffen auf das Finale am 11. Juli. Am liebsten gegen die deutsche Mannschaft. Es würde zur Wembley-Geschichte passen.