„Ein bisschen Russisch“
Die Eltern von Deutschlands Nationalspieler Andreas Beck siedelten aus Sibirien über. Wenn er am Samstag im Luschniki-Park antritt, drücktihm seine Oma in St. Petersburg die Daumen.
AZ: Herr Beck, Sie sind womöglich einer der Schlüssel zum Sieg beim WM-Qualifikationsspiel am Samstag in Moskau gegen Russland. Sie können etwas, was sonst keiner kann: Russisch.
ANDREAS BECK: Na ja, ein bisschen Russisch. Ich verstehe schon einiges, kann es dann herleiten, könnte mich aber nicht mit einem Russen über Politik unterhalten.
Müssen Sie auch nicht. Nur den Gegner etwas ausspionieren, wenn die Spieler sich Anweisungen geben oder die Taktik umgestellt wird.
Die Kommandos hätte ich drauf. Vielleicht könnte ich unserem Team auf diese Weise behilflich sein.
Sie sind in Kemerowo, nahe Nowosibirsk im tiefsten Sibirien geboren. Ihre Eltern sind nach Deutschland ausgesiedelt als Sie drei waren. Erinnern Sie sich an Russland?
Im Grunde kaum. Ich kenne meinen Geburtsort, eine traditionelle Arbeiterstadt, nur aus Erzählungen, von Fotos oder aus dem Internet. Wie Sie schon sagen, ich war drei, als wir nach Wasseralfingen bei Aalen im Schwäbischen ausgewandert sind. Davor ziehe ich meinen Hut. Meine Mutter ist mit zwei Kleinkindern an der Hand und zwei Koffern nach Deutschland. Ein sehr mutiger Schritt. Ich bin Mama und Papa dafür sehr dankbar.
Sprechen Ihre Eltern mit Ihnen noch russisch?
Ab und zu ja, wir mischen. Sie sind ja beide in Russland geboren, haben mich und meinen Bruder Arthur aber deutsch erzogen. Nur wenn die Oma Swetlana aus St.Petersburg bei meinen Eltern in Aalen zu Besuch ist, wird russisch gesprochen. Dann müssen wir auch immer russisches Fernsehen über Satellit schauen, diese Heimatfilme. Für die Oma machen wir das gerne.
Sie sagen, Sie sind deutsch erzogen worden. Welche russischen Werte haben Sie dennoch angenommen?
Hartnäckig zu sein. Sich im Leben durchkämpfen zu müssen. Wenn nötig, neue Wege zu gehen - so wie das viele Russland-Deutsche als Einwanderer gemacht haben. Und nicht zu vergessen: die Küche.
Welche russischen Spezialitäten tischen die Eltern auf?
Diese ganzen Teigsachen, dazu die traditionellen Eintopfgerichte. Oder die Suppen: Borschtsch oder Soljanka, eine Fleischsuppe – das mag ich sehr gerne.
Sind Ihre Eltern in Moskau?
Nein, das wäre zu hektisch und stressig mit der Anreise und dem Visum. Außerdem müssen sie arbeiten – und auf den Hund aufpassen. Die werden sich einen schönen Fernsehabend machen. Mein Bruder ist im Stadion.
Wann waren Sie denn zuletzt in Russland?
Das ist lange her. Ich glaube, mit zehn Jahren war ich mal bei der Oma in St. Petersburg. Sonst nicht.
Mit keiner Junioren-Auswahl des DFB, mit dem VfB Stuttgart oder Ihrem jetzigen Verein Hoffenheim?
Nein, ich war auch noch nie in Moskau. Ich bin sehr gespannt.
Sollte Philipp Lahm von Joachim Löw auf die linke Abwehrseite gestellt werden, dürften Sie wohl wie in der zweiten Halbzeit gegen Aserbaidschan rechts verteidigen - vor 80000 Zuschauern in Moskau.
Für mich wäre das natürlich ein unglaubliches Ereignis, ähnlich wie das gewonnene U21-Finale im Sommer gegen England. Es ist das größte Spiel, das im deutschen Fußball in diesem Herbst ansteht. Wäre toll, wenn ich dabei sein könnte – da drückt mir sogar die Oma die Daumen.
Interview: Patrick Strasser