Direktes WM-Ticket in Gefahr: Diese vier Baustellen muss Nagelsmann dringend schließen
Es hat sich eingetrübt. Meteorologisch – und beim DFB stimmungstechnisch. Der Herbst ist da. Kälter, trister ist es geworden um die deutsche Nationalmannschaft. Ob es ein Goldener Herbst wird für Bundestrainer Julian Nagelsmann und sein Team steht in den Sternen. Zahlreiche Ausfälle, formschwache Spieler, eine Systemdebatte und skeptische Fans, die beim zähen 3:1 gegen Nordirland im September in Köln zwischenzeitlich lautstark pfiffen. Und das drei Tage nach dem 0:2-Fehlstart zum Auftakt in die WM-Qualifikation in der Slowakei.
"Wir müssen den Kredit, den wir gerade etwas verspielen, wieder zurückgewinnen", forderte Verbandsgeschäftsführer Andreas Rettig und mahnte: "Wir dürfen uns keinen Ausrutscher mehr erlauben." Gegen Außenseiter Luxemburg, in der Fifa-Weltrangliste als 96. zwischen Äquatorial-Guinea und Mosambik geführt, muss in Sinsheim (20.45 Uhr, ARD) das erste von vier verbleibenden WM-Qualispielen in diesem Herbst gewonnen werden, um die Chance auf das direkte Ticket für die WM 2026 zu erhalten.
Für die DFB-Elf sind nun sechs Punkte Pflicht
"Zwei Siege – das ist unser klares Ziel", betonte Nagelsmann mit Blick auf das ungleiche Duell mit dem Großherzogtum (bisher zwölf Erfolge in 13 Duellen, bei einem Torverhältnis von 60:11, einzige Niederlage im März 1939) und die kniffligere Partie am Montag in Belfast gegen Nordirland. Als Gruppenzweiter müsste das DFB-Team in die gnadenlosen Play-offs im März, dort drohen Zitterpartien wie auf dem Weg zur WM 2002 mit der Ukraine.
Immerhin: Wenn die ersten Stricke reißen, man nur Zweiter der Vierergruppe wird, gibt es einen doppelten Boden: Für die K.o.-Spiele im Frühjahr wäre man über die Nations League qualifiziert - so der komplizierte Modus.
Nagelsmann kann sein zweijähriges Dienstjubiläum nächste Woche nur mit frischen sechs Punkten auf der Torte feiern. Der erfahrene Sportdirektor Rudi Völler, am Donnerstagvormittag beim Abschlusstraining in Herzogenaurach aufmerksamer Beobachter, weiß: "Manchmal ist es gut, einen Schuss vor den Bug zu bekommen, dass wir die Spiele hoch konzentriert angehen und wirklich alles reinschmeißen."
Die AZ nennt die vier Punkte, die sich gegenüber den September-Länderspielen dringend verbessert werden müssen bzw. wofür Nagelsmann sorgen muss:
1) Stabile Außenverteidiger finden
Seit Nagelsmann seinen Kapitän Joshua Kimmich als Sechser ins Mittelfeld-Zentrum beordert hat, sucht er einen Rechtsverteidiger. Diesmal zurück im Kader: der Leipziger Ridle Baku. Frankfurts Nnamdi Collins (21) wurde nach seinem schwachen Debüt in der Slowakei zur Pause ausgewechselt, nun nicht mehr berücksichtigt (Leistungsprinzip ja, aber Fürsorgepflicht für ein Talent?). Er wirkt verunsichert, steht immerhin im U21-Kader. Diesmal dabei sein Eintracht-Teamkollege Nathaniel Brown (22), ein Linksverteidiger. Beginnen aber wird der erfahrene David Raum (27/RB Leipzig).
2) Die Abwehr stabilisieren
Elf Gegentore im Kalenderjahr 2025 sind zu viel. Die Hoffnungen ruhen nach dem Ausfall von Antonio Rüdiger und den wackligen Auftritten von Jonathan Tah im DFB-Dress auf Rückkehrer Nico Schlotterbeck (BVB). "Er gibt uns einen herausragenden Spielaufbau, einen super Siegeswillen und endlich mal wieder einen linken Fuß hinten", sagte Nagelsmann.
3) Eine Achse bzw. Stammelf finden
Und das mit weniger Systemwechseln (mal Dreier-, mal Viererkette), weniger Personalrochaden, klaren Rollenverteilungen wie bei der Heim-EM 2024. Kimmich muss als Chef agieren, Florian Wirtz seine aktuell beim FC Liverpool verschüttete Genialität wiederfinden und in der Offensive vorangehen.
4) Die Abschlussschwäche abstellen
2025 gab es lediglich zwei Siege (2:1 im März in Italien und das 3:1 gegen Nordirland) in sechs Spielen, dabei erzielte man nur neun Tore. Bezeichnend: Keiner der drei auf der DFB-Website als Angreifer gelisteten Spieler des Oktober-Kaders, sprich der wieder gesunde Nick Woltemade, Jonathan Burkardt und Maximilian Beier, hat auch nur ein Länderspiel-Tor erzielt.
Bayern-Profi Serge Gnabry ist mit 23 Treffern für den DFB der aktuell erfolgreichste Schütze. Wenigstens ist er in Topform.