Die Nationalmannschaft nach Enke
Das Länderspiel am Mittwoch gegen die Elfenbeinküste, bei dem alle Spieler den Namen "Enke" auf dem Trikot tragen wollen, soll dennoch ein Weg zurück in die Normalität werden. Bierhoff: „Der Zusammenhalt in der Nationalmannschaft ist noch größer geworden.“
HANNOVER Kapitän Michael Ballack, Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver Bierhoff waren die Unterzeichner der von der Nationalmannschaft aufgesetzten Traueranzeige. Darin hieß es über Robert Enke, der sich am Dienstag das Leben genommen hatte: „Es wird noch lange anhalten, dieser Zustand der stillen Trauer über diesen unbegreiflichen, viel zu frühen Tod."
Und dennoch geht es weiter. Nach ein paar Tagen des Innehaltens – das für Samstag in Köln gegen Chile vorgesehene Testländerspiel war abgesagt worden – und nach dem Abschied von Enke bei der Trauerfeier am Sonntag beginnt für die Nationalspieler wieder der Alltag. Direkt von der Trauerfeier reiste die Nationalelf nach Düsseldorf, wo man sich auf das letzte Länderspiel des Jahres am Mittwoch (20.45 Uhr, ARD live) gegen die Elfenbeinküste vorbereitet. Kein Spiel wie jedes andere.
Doch noch auf der Trauerfeier im Stadion von Hannover hatte DFB-Präsident Theo Zwanziger angemerkt, dass im Moment noch die Bilder von der Tragödie um Robert Enke vor aller Augen stehen würden, daraufhin aber betont: „Diese Bilder verändern sich. Sie werden mal stärker und verblassen. Die Zeit wird vergehen. Das Leben wird wieder seinen Anfang nehmen."
Das Leben. Der Fußball. Die Nationalelf. Die Profis werden wieder ihrer Arbeit nachgehen. Sie haben mit einer lockeren Fitnesseinheit im Hotel in Düsseldorf am Sonntagnachmittag damit angefangen.
Ab Montag gibt es drei Trainingseinheiten, Pressekonferenzen mit den Verantwortlichen und Spielern, die dazu bereit sind. Einzel-Interviews hat der DFB bereits gestrichen aus Rücksicht auf die Spieler, die sonst wieder und wieder auf Enkes Tod angesprochen werden könnten.
Obwohl für Januar oder Februar ein Enke-Abschiedsspiel zwischen der Nationalelf und Hannover 96 in der „AWD-Arena" in Vorbereitung ist, wird auch die Partie am Mittwoch im Zeichen Enkes stehen. Mit gedämpfter Musik, keinen lärmenden Tor-Jingles von der Stadionregie. Vor dem Spiel soll es auf dem Videowürfel der Schalke-Arena eine Hommage an den Torwart mit Bildern aus seinem Leben geben, die Spieler tragen Trauerflor und halten für eine Schweigeminute inne. Geplant ist, dass die Spieler nicht ihre Namen auf dem Rücken tragen, sondern elf Mal Enke zu lesen sein wird. Elf Enkes sollt ihr sein. Wenigstens dieses eine Mal, für 90 Minuten.
Der Anpfiff der Partie soll dann „für uns alle ein Schritt nach vorn sein", erklärte DFB-Teammanager Bierhoff und erzählte: „So traurig, schlimm und tragisch das alles ist: Der Zusammenhalt in der Nationalmannschaft ist noch größer geworden, die Spieler fühlen sich noch mehr miteinander verbunden." Die Partie soll als Weg zurück in die Normalität verstanden werden. Schließlich stehen vor der WM 2010 in Südafrika im Frühjahr nur noch vier Tests auf dem Programm. Es gilt wieder, sportliche Fragen zu beantworten: Wer kommt in den Kader? Wann soll sich die Stammelf einspielen?
Klar scheint, so zynisch dies ist, nur die Torwartfrage: Neben Rene Adler (Leverkusen), derzeit die Nr. 1, werden wohl Manuel Neuer (Schalke) und auch Tim Wiese (Bremen) mit nach Südafrika fahren. Beide sollen gegen die Elfenbeinküste jeweils 45 Minuten ran.
Fehlen wird im letzten Länderspiel des Jahres übrigens Miroslav Klose. Löw verzichtet auf den Bayern-Stürmer, dessen Zwillingssöhne Noah und Luan an Schweinegrippe erkrankt sind. Eine Vorsichtsmaßnahme, Klose hatte sich nicht angesteckt.
Patrick Strasser