"Das Khedira-Aus trifft die Mannschaft sehr"

Thomas Berthold spricht in der AZ über das Drama aus elf Metern der deutschen Elf gegen Italien, die Debatte um Löws Taktik und die Bedeutung der Ausfälle von Khedira und Hummels im Halbfinale.
Julian Buhl |
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Thomas Berthold sieht im Khedira-Ausfall einen großen Nachteil für die DFB-Elf.
dpa Thomas Berthold sieht im Khedira-Ausfall einen großen Nachteil für die DFB-Elf.

AZ: Herr Berthold, dramatischer hätte Deutschland seinen Italien-Fluch nicht besiegen können, als mit diesem Elfmeterschießen, oder?

THOMAS BERTHOLD: Jeweils neun Schützen und so viele Fehlschüsse. Das war schon außergewöhnlich.

Erfahrene Spieler wie Bastian Schweinsteiger, Mesut Özil und Thomas Müller verschossen ihre Elfmeter.

Nach zwei Stunden Spiel und in einer solchen Stresssituation hat das dann nichts mehr mit erfahren oder unerfahren zu tun. Vielleicht haben es die jungen Spieler da sogar einfacher, weil sie da etwas unbedarfter rangehen.

Haben Sie bis zum Schluss an Deutschland geglaubt?

Naja, wenn Pellé den vierten italienischen Elfer reinschießt, wäre es glaube ich vorbei gewesen. Als der vorbeiging, wusste ich, dass das noch ein interessanter Abend wird.

Wie haben Sie das Spiel insgesamt gesehen?

Das Elfmeterschießen hat sich irgendwo abgezeichnet, so viele Torchancen gab es ja nicht. Die Mannschaften waren auf dem gleichen Niveau und haben sich gegenseitig neutralisiert.

Löw hat gegen Italien auf eine defensivere Aufstellung mit Dreierkette umgestellt. Mehmet Scholl hat ihn dafür heftig kritisiert. Zu Recht?

Normalerweise spielt man ja sein Spiel und sollte sich, wenn man eine gute Mannschaft hat, nicht nach dem Gegner ausrichten. In den letzten Jahren wurde immer so ein bisschen von den Spaniern kopiert, die mit einer Spitze drei große Turniere in Folge gewonnen haben. Es ist aber auch Vieles von der individuellen Klasse der Spieler abhängig. Barcelona hat eben Messi, Neymar und Suarez, da kann man Tiki-Taka spielen. Generell sollte man versuchen, bei der Nationalmannschaft seinen eigenen Stil zu entwickeln.

Hat sich Löw also wie beim Halbfinalaus bei der EM 2012 zu sehr nach Italien gerichtet?

Der Erfolg gibt dem Trainer immer recht und die Mannschaft ist jetzt im Halbfinale. Wer hätte denn in Brasilien nach dem Achtelfinale gedacht, dass das deutsche Team dort Weltmeister werden könnte?

Im Halbfinale wird Löw nun erneut umstellen müssen. Mats Hummels fehlt gelbgesperrt, für Sami Khedira ist die EM aufgrund einer Adduktorenverletzung wohl beendet.

Das Khedira-Aus trifft die deutsche Mannschaft sehr. Der Block mit Hummels und Boateng hat super funktioniert, auch mit Kroos und Khedira davor. Das ist schon gravierend, dass da jetzt zwei Spieler ausfallen.

Hatte Khedira aus Ihrer Sicht eine Schlüsselrolle?

Du gewinnst die großen Turniere nur, wenn die Mittelachse funktioniert. Deshalb sind die Spieler dort immer die Schlüsselspieler. Wenn der Block steht, auch noch mit Manuel Neuer hinten drin, ist das schon die halbe Miete. Da jetzt zwei neue Lösungen suchen zu müssen, ist ein großer Nachteil.

Gegen Italien kam Schweinsteiger für Khedira ins Team.

Die Partie gegen Italien war schon eine große Belastung für ihn. In der Verlängerung hat man gemerkt, dass ihm noch Kraft und Dynamik fehlen. Wo soll das auch herkommen ohne Spiele? Sein Wille und die Körpersprache waren super. Das Problem ist: Der Kopf will, das Fleisch eben manchmal nicht.

Auch Boateng hat nach wie vor Wadenprobleme.

Er hat ja gegen Italien noch zu Ende gespielt und jetzt fünf Tage Zeit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er nicht spielt. Das wäre nämlich eine Katastrophe.

Ist das deutsche Team, trotz aller Verletzungsprobleme, nach dem Sieg gegen Italien nun der Topfavorit auf den Titel?

Ich glaube, dass noch schwierigere Aufgaben als Italien warten. Portugal spielt ja zum Beispiel fast schon den italienischen Stil, steht nach ein paar Umstellungen sehr kompakt und hat vorne Ronaldo. Egal, wer da noch kommt, das wird kein Selbstläufer.

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