Das Canossa-Telefonat

Alter Zoff, neues Kapitel: Michael Ballack kriecht zu Kreuze, auch Torsten Frings kuscht. Aber Bundestrainer Jogi Löw wirkt weiter abweisend.
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Anruf aus London! Michael Ballack hat sich bereits telefonisch gemeldet bei Jogi Löw. Dem Bundestrainer ist das aber nicht genug.
Monika Hoffmann (Montage) Anruf aus London! Michael Ballack hat sich bereits telefonisch gemeldet bei Jogi Löw. Dem Bundestrainer ist das aber nicht genug.

Alter Zoff, neues Kapitel: Michael Ballack kriecht zu Kreuze, auch Torsten Frings kuscht. Aber Bundestrainer Jogi Löw wirkt weiter abweisend.

MÜNCHEN Ja, Michael Ballack hat sich entschuldigt. Am Telefon bisher zwar nur, aber immerhin. Am Samstagmittag hat der Nationalmannschafts-Kapitän Bundestrainer Joachim Löw angerufen und sich bei ihm für sein Interview in der „FAZ“, in dem er heftige Kritik an Löws Aufstellung und dessen Umgang mit den Stars geübt hatte, entschuldigt.

„Und somit muss ich leider feststellen, dass es ein Fehler war, diesen Weg zu wählen“, ließ Ballack nach seinem Telefonat dann per Pressemitteilung verlautbaren. Er habe nicht die Absicht gehabt, den Bundestrainer anzugreifen, „sondern in erster Linie, Mitspieler zu schützen und zu unterstützen in der jetzigen schwierigen Situation in der sie steckten“. Er schätze Löw sehr. Das Interview sei „situations- und nicht personenbezogen gewesen. Ich wollte niemanden persönlich angreifen, aber offen und kritisch Dinge ansprechen, die mir als Kapitän am Herzen lagen.“

Das Telefonat dürfte dem als dickköpfig und stolz geltenden Fußballer etwas schwer gefallen sein. Und doch war es nicht mehr als der erste Schritt. „Ich habe das registriert“, erklärte Löw kühl. Verziehen hat der Trainer seinem Kapitän noch nicht. Er fordert weiter ein persönliches Gespräch in Deutschland. Ballack muss zu Kreuze kriechen. Wie er bereits im Telefonat erklärt hatte, wird der den Gang nach Canossa antreten. Zu Löw.

So wie einst, im Jahre 1077, Kaiser Heinrich IV. zu Papst Gregor VII. nach Canossa ziehen musste, um Abbitte zu leisten und begnadigt zu werden. Auch damals war es quasi um einen Krach in Sachen Aufstellung gegangen: im Investiturstreit, um die Bestellung von Bischöfen.

Heute eben um die Aufstellung von Fußballern. Etwa die von Neu-Reservist Torsten Frings, gegen dessen Degradierung Ballack gewettert hatte. Frings selbst hatte sich zuletzt gleichfalls eher abfällig über Löw geäußert. Gestern dann knickte aber auch der Bremer brav ein. Er wolle weiter Nationalspieler bleiben, teilte er mit: „Ich werde weiterhin kämpfen und meine Chance suchen.“ Und, ganz devot: „Ich möchte Jogi Löw und sein Team auch zukünftig immer mit Leistung überzeugen.“

Ballack ist inzwischen ähnlich kleinlaut: „Ich werde mich in kürzester Zeit mit Joachim Löw zusammensetzen, sobald es mein Gesundheitszustand zulässt, und werde mich für mein Verhalten bei ihm entschuldigen.“ Sobald die Fäden aus seinem operierten Fuß entfernt sind, wird Ballack also nach Deutschland kommen und den Trainer um Vergebung bitten. Löw hatte es ja seinerseits abgelehnt, nach London zu reisen.

Dabei hatte Bayern-Manager Uli Hoeneß genau dies gefordert: „Man lässt die Sache einfach köcheln. Dabei hätte man schon längst ein Flugzeug nach London nehmen können, dann wäre die Sache längst aus der Welt. Die PR-Politik des DFB ist eine Katastrophe!“

Hoeneß schlug sich seltsam offensiv auf die Seite des ehemaligen Bayern-Spielers: „Michael Ballack ist für die Nationalmannschaft unabdingbar. Ohne den kann man meiner Meinung nach nicht zur Weltmeisterschaft 2010 fahren.“

Ob Löw das auch so sieht? Nach seinem Gespräch mit Ballack werde er „eine abschließende Stellungnahme“ abgeben, sagte der Bundestrainer. Sein Ärger scheint noch nicht verraucht. Löws langjähriger Anwalt Christoph Schickhardt in der „Stuttgarter Zeitung“: „Speziell der Vorwurf, mangelnden Respekt zu zeigen, hat ihn tief verletzt. Da ist ihm der Kragen geplatzt. Für ihn ist Respekt geradezu eine Handlungsmaxime.“ Das Treffen mit Ballack werde auch kein normales Gespräch sein, so Schickhardt: „Anhörung trifft die Sache wohl besser.“ Ballack müsse „eine Situation schaffen, die es Joachim Löw ermöglicht, ihn zu berücksichtigen. Ich weiß im Moment nicht, wie Ballack die Kurve kriegen will.“

fil

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