Da machst was mit! Was so ein Fußball-Krimi in uns auslöst
München – Was haben wir gezittert, gebangt und schließlich gejubelt. Denn: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft steht im Halbfinale. Anspannung abfallen lassen. Aufatmen. Und vor allem wieder ausatmen, denn so ein Nervenkrimi wie der vom Samstag ist gar nicht so ungefährlich – vor allem für die Gesundheit.
Eigentlich ist das alles ja ziemlich banal. 22 Menschen stehen auf einem Rasenfeld herum, rennen einem Ball hinterher und versuchen, ihn in ein Netz zu befördern. Klingt völlig unbedeutend, ist es aber nicht. Fußball bringt Menschen zusammen, und er entfacht Emotionen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass das Viertelfinale Deutschland gegen Italien von 28,32 Millionen Menschen hier im Land gesehen wurde. Der Frust, etwa über ein nicht geahndetes Foul, kann die Fans bis an den Rand der körperlichen Belastbarkeit treiben.
Männern nehme sich die Fußballspiele mehr "zu Herzen"
Wie Mediziner der LMU München bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 feststellten, ist das Erregungsrisiko sogar so groß, dass schon manch ein Zuschauer in der Notaufnahme gelandet ist. So fanden die Ärzte heraus, dass während der Spiele der deutschen Nationalmannschaft die Zahl der Herzattacken in München und Umgebung um das 2,7-fache anstieg. Der Studie zufolge sind überwiegend Männer (71 Prozent) betroffen. Sie nehmen sich die Spiele der Deutschen offenbar im wahrsten Wortsinn mehr zu Herzen (siehe Kasten).
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Fußballspiele sind also Stress. Bei dramatischen Szenen schüttet der Körper Hormone aus. Das können Stoffe wie Adrenalin sein, die euphorisch machen, oder Kortisol, das den Spiegel von Glukose und Fettsäuren im Blut erhöht. Auch wenn es heuer „keine Mehrung der Notarzteinsätze“ bei der Münchner Feuerwehr gab, wie ein Sprecher auf AZ-Anfrage bestätigt: „Zwischen 21 und 0 Uhr mussten wir acht Mal wegen Herzproblemen und drei Mal wegen Atemwegsbeschwerden ausrücken.“
Während des Elfmeterschießens habe es einen Infarkt gegeben – der sei aber nicht auf das Spiel zurückzuführen. „Obwohl der Stress bei einem Fußballspiel das Nervensystem stimuliert, ist es unwahrscheinlich, dass ein Gesunder einen Herzinfarkt erleidet“, sagt Thomas Krabatsch vom Deutschen Herzzentrum in Berlin (DHZB). Menschen mit Vorerkrankungen sollten aber aufpassen.
Warum uns das zu Herzen geht
Das Herz hat einen festen Platz in der deutschen Sprache. Doch warum beherzigen wir einen Ratschlag oder nehmen uns etwas zu Herzen? Der Duden gibt die Herkunft des Wortes „beherzigen“ mit dem 16. Jahrhundert an. Damals wurde es als Synonym für „ermutigen, in Rührung versetzen“ benutzt. Das Herz wird begriffen als der Sitz der Gefühle und hat einen prominenten Platz in der deutschen Sprache.
Selbst wenn der Deutsche dem Stereotyp nach gemeinhin nicht als gefühlsduselig gilt, bringt er mit seiner Sprache Herzensangelegenheiten zum Ausdruck. Beispiele dafür gibt es viele. Etwa die Redewendung „Aus dem Herzen keine Mördergrube machen.“ Sie stammt aus der Bibel (Matthäus 21) und bedeutet sinngemäß, dass man seine Meinung offen vertritt. In der Bibel gibt es übrigens eine weitere Stelle, in der das „zu Herzen nehmen“ verhandelt wird.
Im Abschnitt „Amnon und Tamar“ des zweiten Samuelbuchs heißt es zur Vergewaltigung Tamars durch ihren eigenen Halbbruder Amnon: „Sprich nicht darüber, meine Schwester, er ist ja dein Bruder. Nimm dir die Sache nicht so zu Herzen!