Bundestrainer Hansi Flick: Seine Freunde und Feinde
Die staade, besinnliche Vorweihnachtszeit – liebend gerne hätte Hansi Flick den gesamten Advent im ganz und gar nicht weihnachtlichen Katar verbracht. Obwohl, dies am Rande – auch hier gibt es bei bis zu 25 Grad allerlei Christmas-Schnickschnack zu kaufen.
Aufarbeitung des Doha-Debakels
Doch beim DFB – Verzeihung für das an dieser Stelle so abgedroschene, aber auch so passende Bild – brennt der Baum nach dem zweiten Vorrunden-Aus hintereinander bei einer WM lichterloh. Unmittelbar nach der Rückkehr am Freitag hat der Bundestrainer mit der Aufarbeitung des Doha-Debakels begonnen, um die von seinem Boss Bernd Neuendorf eingeforderte "sportliche Analyse dieses Turniers" vorzubereiten.
Personalentscheidungen sind nicht zu erwarten
Ein erstes Treffen mit Flick, Präsident Neuendorf, seinem Vize Hans-Joachim Watzke und DFB-Direktor Oliver Bierhoff soll wohl am Mittwoch stattfinden. Definitive Personalentscheidungen, auch im Fall Bierhoff (seit 18 Jahren im Amt) sind vorerst nicht zu erwarten. Es erscheint logisch, dass erst über Bierhoffs Zukunft – auch ein anderer Job in der DFB-Akademie in Frankfurt ist denkbar – entschieden wird, dann über die Personalie Flick, dessen Vertrag bis 2024 läuft.
Während der 57-Jährige über die Gründe des Scheiterns und künftige Neuerungen mit Blick auf die Heim-EM 2024 grübelt, melden sich Befürworter und Kritiker zu Wort. Flicks Freunde und Gegner:
Wenige Flick-Kritiker
Überraschenderweise ist die Front der Kritiker relativ überschaubar. Der frühere "Capitano" Michael Ballack meinte als Experte von "MagentaTV": "Es gehört beim DFB dazu, dass jede Position hinterfragt wird. Da gehört auch der Trainer dazu." Ex-Nationalspieler Didi Hamann hält ein Festhalten an Flick "für ausgeschlossen". In seiner Sky-Kolumne befindet der frühere Bayern-Profi, Flick sei "kläglich gescheitert. Ich weiß daher gar nicht, was es da zu diskutieren gibt. Misserfolge dürfen nicht geduldet werden".
Ein Trainer aus dem Ausland?
Für die Nachfolge von Flick rät Hamann dem DFB, den Horizont zu weiten. "Wir sind eine der wenigen Nationen, die in ihrer Geschichte noch keinen Trainer aus dem Ausland hatte. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir uns öffnen müssen." Ein Coach aus dem Ausland könne dem DFB-Team "eine andere Sichtweise verleihen, gewisse Dinge zu hinterfragen und ansprechen". Namen nannte er nicht.
Tuchel und Klopp hätten Auslandserfahrung
Jürgen Klopp (55) und Thomas Tuchel (49) haben zwar einen deutschen Pass, aber eben auch die Erfahrungen aus Stationen in der Premier League (Klopp seit 2015 und mit Vertrag bis 2026 beim FC Liverpool, Tuchel von Januar 2021 bis September beim FC Chelsea) und der französischen Ligue 1 (Tuchel ab 2018 für zweieinhalb Jahre bei Paris St.-Germain).
Lothar Matthäus steht hinter Flick
Die Phalanx der Flick-Unterstützer führt sein Kumpel Lothar Matthäus an, der Patenonkel von Flicks älterer Tochter Kathrin. "Hansi zieht die richtigen Schlüsse, ist selbstkritisch genug, um aus seinen Fehlern zu lernen", findet der DFB-Rekordnationalspieler und betont bei "BildTV": "Ich bin überzeugt, dass er die Nationalmannschaft in eine bessere Zukunft führen kann, er ist für mich der richtige Mann für 2024."
Flick muss "strenger und härter" werden
Der Ex-Bayer glaubt, "dass die Mannschaft großes Vertrauen hat zu Flick". Allerdings müsse sein Freund "strenger und härter" werden im Umgang mit den Nationalspielern. Der ehemalige Bundestrainer Berti Vogts schrieb in seiner WM-Kolumne für die "Rheinische Post", er könne Flick "keinen Vorwurf machen. Er muss mit dem Spielermaterial arbeiten, das da ist, und ich sehe kaum bessere Alternativen".
Es habe zu wenige Spieler gegeben, die bereit seien, für die anderen mitzuarbeiten. Auch der frühere Nationalspieler Stefan Effenberg betonte bei "t-online", dass Flick Bundestrainer "bleiben muss". Wenn die Entscheidung darüber nur so einfach wäre...