Bodo Ilgner: "Ter Stegen ist die deutsche Nummer zwei"

Weltmeister Bodo Illgner spricht im AZ-Interview über den Torwartkampf hinter Manuel Neuer, den Confed Cup und Real-Star Toni Kroos: "Er ist ein Daimler, vergleichbar mit deutscher Wertarbeit."
Interview: Maximilian Koch |
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Am Donnerstag im Wettkampfmodus gefordert: Marc-André ter Stegen, der gegen Chile das deutsche Tor hütet.
GES/firo/Augenklick/AZ Am Donnerstag im Wettkampfmodus gefordert: Marc-André ter Stegen, der gegen Chile das deutsche Tor hütet.

München - Die AZ hat mit Bodo Illgner gesprochen. Der 50-Jährige war von 1987 bis 1994 deutscher Nationaltorhüter und holte 1990 den WM-Titel.

AZ: Herr Illgner, Sie haben in Ihrer Karriere große Titel gewonnen, aber nie beim Confed Cup gespielt. Sind Sie traurig darüber?
BODO ILLGNER: Nein, den Confed Cup gab es damals ja noch gar nicht (lacht). Ich erinnere mich, dass wir ein Jahr vor der WM in den USA ein Turnier in Dallas gespielt haben (US Cup, Anm. d. Red.), damals gegen die USA, England und Brasilien. Das war vergleichbar.

Welchen sportlichen Wert hat der Confed Cup aus Ihrer Sicht?
Es ist eine tolle Chance für junge Spieler, auf sich aufmerksam zu machen. Die Etablierten brauchen mal eine Pause. Deshalb war es eine gute Entscheidung des Bundestrainers, die zweite Garnitur zu testen. Da hat Löw die ideale Lösung gefunden. Gerade für Torhüter gibt es die Möglichkeit, Spielerfahrung zu sammeln. Aber eigentlich haben alle Spieler, die jetzt dabei sind, die Chance, sich für die WM in einem Jahr zu empfehlen. Andere Teams nehmen das Turnier ein bisschen ernster, haben ihre besten Leute dabei. Chile zum Beispiel oder Portugal.

Sie sprechen die deutschen Torhüter an. Bernd Leno hat gegen Australien seine Chance bekommen und zweimal gepatzt. Unglücklicher hätte es für ihn nicht laufen können.
Das ist sehr ungünstig. Es war für ihn die Möglichkeit, sich zu zeigen. Auf der anderen Seite ist Leno schon so lange dabei, man hat viel von ihm gesehen. Ich glaube nicht, dass ein Spiel den Ausschlag gibt bei seiner Beurteilung. Die Leistung, die er in der Vergangenheit gezeigt hat, spricht für sich. Leno ist ein sehr guter, sehr talentierter Torhüter. Man sollte jetzt nicht den Stab über ihn brechen.

Im zweiten Confed-Cup-Spiel gegen Chile dürfte Marc-André ter Stegen im Tor stehen. Viele sehen ihn als die deutsche Nummer zwei hinter Manuel Neuer. Sie auch?
Aus meiner Sicht ist ter Stegen die Nummer zwei in Deutschland. Allein die Tatsache, dass er sich bei Barcelona durchgesetzt hat, die Art und Weise, wie er in der Liga und Champions League gespielt hat, wie wichtig er für die Mannschaft geworden ist, spricht Bände. Ich glaube, dass er im Moment die Nase vorn hat auf der Position hinter Neuer.

Aber auch ter Stegen hat sich im Nationalteam schon einige Patzer geleistet.
Das ist ähnlich wie bei Leno. Trotz allem sage ich: Man beurteilt Torhüter nicht nach einer Aktion, sondern nach ihrer konstanten Leistung. Und bei allen Torhütern, die nun dabei sind, auch bei Kevin Trapp, ist die Entwicklung sehr gut. Die Kurve zeigt absolut nach oben. Sie sind alle noch sehr jung, ihre beste Zeit kommt noch. Die Saisonform wird entscheidend sein, welche Torhüter Löw neben Neuer zur WM nimmt. Und, wie die Keeper harmonieren. Das ist wichtig.

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Wie frustrierend ist es für die anderen Torhüter, zu wissen, dass Neuer noch Jahre spielen wird und als Nummer eins gesetzt ist? Er ist ja erst 31.
Man darf sich darüber nicht zu sehr ärgern als junger Torhüter. Ich war damals in einer ähnlichen Situation beim 1. FC Köln. Da gab es den allmächtigen Toni Schumacher, der vor mir war. Plötzlich ergab sich eine andere Situation und ich habe gespielt (Köln warf Schumacher nach Veröffentlichung des Buchs „Anpfiff“ raus, d. Red.). Der Fußball ist schnelllebig, das sieht man jetzt bei Neuer. Ein Jahr später – und Neuer hätte die WM wegen seiner Verletzung gar nicht spielen können.

Müsste sich Löw Sorgen machen, wenn Neuer nicht im Tor stehen würde?
Nein, das wäre absolut bedenkenlos. Für mich ist Neuer das Maß aller Dinge bei den Torhütern weltweit. Aber dennoch braucht man keine schlaflosen Nächte zu haben ohne hin. Alle deutschen Torhüter, die im zweiten Glied stehen, kann man ohne Bedenken einsetzen. Vielleicht ist die Mannschaft dann sogar noch sensibilisierter und legt ein Schippchen drauf.

Wie lange kann Neuer noch spielen? Wie Gigi Buffon bis 39 oder bis 40?
Grundsätzlich ja. Neuer ist kein Torhüter, der durch große Flugparaden auffällt und einen hohen Verschleiß hat. Ich kann mir alles vorstellen, auch dass er bis 40 spielt. Es hängt natürlich von seinem Körper ab und davon, wie lange er Lust hat, sich diesem Leistungsdruck auszusetzen. Ich sehe bei Neuer keine Altersgrenze.

Wie schwer wird es für Deutschland gegen Chile?
Ob man jetzt möchte oder nicht: Gegen Australien spielt immer eine leichte Unkonzentriertheit mit, nach dem Motto: Das machen wir schon. Gegen Chile wird die deutsche Mannschaft von Anfang an sensibilisiert sein.

Ist Chile der Favorit auf den Confed-Cup-Triumph?
Chile gehört zum ganz engen Kreis, aber auch Portugal. Die Portugiesen nehmen das Turnier sehr ernst, sie haben mit Cristiano Ronaldo ihren Topspieler dabei. Das sagt ja schon alles. Diese beiden Mannschaften habe ich auf der Rechnung.

Ronaldo ist in Spanien derzeit das große Thema nach der Anklage wegen Steuerhinterziehung. Ist ein Abschied in diesem Sommer wahrscheinlich?
Ich verfolge das ziemlich nahe hier in Spanien. Die Diskussionen gehen von 0 bis 100, alles scheint möglich. Auch ein Abschied Ronaldos.

Wann baut Real eigentlich eine Statue für Toni Kroos? Er wurde nach dem Champions-League-Triumph gegen Juventus richtig gefeiert.
Ich würde das gerne mit der deutschen Wertarbeit vergleichen, mit Daimler zum Beispiel. Kroos ist kein Maserati wie Ronaldo oder kein Ferrari wie Messi. Aber er ist ein solider Daimler, der ganz souveräne Arbeit abliefert. Für Kenner hat Kroos einen unheimlich hohen Stellenwert wegen seiner Ballsicherheit, seiner niedrigen Fehlerquote, seiner Passsicherheit und seiner enormen Genauigkeit bei Standardsituationen. Er hat nochmal einen Sprung gemacht seit seinem Wechsel von Bayern.

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