Blumen für Ballack bei Lahms Jubiläum
Diese Geschichte hätten sich die beiden Kapitäne noch vor kurzem nicht vorstellen können. Am Tag des 100. Länderspiels von Philipp Lahm erhält der ehemalige "Capitano" Michael Ballack seinen offiziellen Abschieds-Blumenstrauß vom Deutschen Fußball-Bund (DFB).
München - Und obendrauf bekommt Ballack noch die Ehrenmitgliederschaft im Club Nationalmannschaft. "Ich finde das gut. Er hat es verdient, dass er verabschiedet wird", sagte Lahm über seinen einstigen Mitspieler und späteren Streitpartner Ballack, schon bevor am Freitagabend vor dem Anpfiff gegen Österreich in der Münchner Arena die Lobesworte gesprochen werden sollten.
"Michael Ballack hat viel für den DFB geleistet und war immer ein toller Botschafter des deutschen Fußballs", erklärte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, der Ballacks Laufbahn hautnah miterlebt hat, am Tag der Ehrung. "Als Michael zu meiner Zeit als Pressechef zur Nationalmannschaft kam, war er mir von Anfang an sympathisch, weil er beim Skat regelmäßig verloren hat", scherzte Niersbach. Er hatte sich auch in der Zeit der großen Differenzen zwischen Ballack und Bundestrainer Joachim Löw um Entspannung bemüht.
Der nur mäßige Skatspieler Ballack habe "schnell die Finten verstanden und dazugelernt", berichtete Niersbach: "Bei Michael hat man sofort gesehen, dass er ein außergewöhnlicher Spieler ist." 98 Länderspiele, 42 Tore, Vizeweltmeister 2002, EM-Zweiter 2008, viermal deutscher und einmal englischer Meister, dreimal DFB-Pokalsieger, einmal Ligapokal-Gewinner in England, dreimal FA-Cup-Sieger, zweimal Champions League-Finalist - Ballack hat eine große Karriere hingelegt, auch wenn die Krönung mit einem großen internationalen Titelgewinn ausblieb.
"Er war der erste, der Abräumer und Spielmacher zugleich war - und Torjäger", schwärmte der einstige Teamchef Rudi Völler. Mit ihm erlebte Ballack bei der Weltmeisterschaft 2002 die besten und zugleich bittersten Stunden. "Er hat immer das 1:0 gemacht. Immer das wichtige erste Tor, wenn das Spiel auf des Messers Schneide stand", betonte Völler. Mit einem Foul im Halbfinale gegen Südkorea (1:0) und der damit verbundenen Gelb-Sperre opferte Torschütze Ballack seine persönliche Finalteilnahme für den Erfolg der Mannschaft. "Er hat die Nationalmannschaft durch eine Zeit geführt, in der wir noch nicht so viele Talente hatten wie heute, herausragend war dabei die WM 2002", unterstrich auch Verbandschef Niersbach.
Die letzten Jahre in Ballacks langer Laufbahn, die einst bei Motor Fritz-Eckert Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz begonnen hatte, waren sicher seine schwierigsten. Ein Foul des Neu-Schalkers Kevin-Prince Boateng beendete 2010 nicht nur die WM-Hoffnungen des gebürtigen Görlitzers, sondern auch seine Nationalmannschafts-Karriere. Ballack verlor seine Kapitänsbinde an Lahm, der sie nach dem Championat in Südafrika nicht mehr hergeben wollte.
Löw verzichtete auf den "Capitano". Der von Verletzungen geplagte Ballack lehnte das Angebot für zwei abschließende Einsätze in Freundschaftsspielen ab, mit denen er doch noch in den "Club der Hunderter" aufgestiegen wäre. "Im Fußball gibt es schwierige Zeiten, wie im normalen Leben auch", bemerkte der heute 36-jährige Ballack mit etwas Abstand. "Wichtig ist, dass man wieder zusammenkommt. Wir haben miteinander geredet, das ist die Hauptsache", ergänzte er in Richtung Löw: "Ich habe mit dem aktiven Fußball abgeschlossen und den Absprung emotional gut geschafft."
Auch der Bundestrainer sieht das Verhältnis wieder entspannter. "Ich war ja bei seinem Abschiedsspiel, das hat mir unheimlich viel Spaß gemacht", berichtete Löw von dem Abend Anfang Juni in Leipzig. Jetzt sei es einfach eine "klasse Geste", Ballack in München doch noch offiziell zu verabschieden. Auch Lahm war beim Spiel von Ballacks Freunden gegen eine Weltauswahl in Sachsen dabei. "Wir hatten nach der WM 2010 auch noch Kontakt. Es ist alles in Ordnung. Wir werden uns nicht bekriegen", sagte der Kapitäns-Nachfolger jetzt.
Wie die berufliche Zukunft des Ex-Profis Ballack aussehen wird, ist weiter offen. "Ich habe keine Pläne. Ich bin relativ entspannt, was mein Leben angeht. Ich habe ein bisschen Abstand gewonnen, bin nicht mehr ganz so im Fokus", hatte er nach seinem Abschiedsspiel erklärt. Im Stadionmagazin für das Österreich-Spiel berichtete der Wahl-Münchner von einem ausgiebigen Urlaub mit seinen Söhnen und von einem Besuch bei seinem ehemaligen Chelsea-Kollegen Michael Essien in Ghana. "Für einen Schritt in einen neuen Lebensabschnitt ist Motivation ganz wichtig, und die muss wachsen. Ich will mein Leben jetzt nicht minutiös durchplanen", erklärte Ballack.