AZ-Serie zu Zidanes 50.: Zizous späte Titel-Erfüllung
Zinédine Zidane konnte nur zuschauen, an jenem 1. Mai 1996 im Münchner Olympiastadion. Wegen einer Gelben Karte im Halbfinal-Rückspiel gegen Slavia Prag war der 23-Jährige gesperrt, tatenlos musste er die Niederlage seiner Mannschaft mitansehen, die Tore von Thomas Helmer und Mehmet Scholl im Hinspiel des Uefa-Cup-Finales gegen den FC Bayern.
Natürlich war längst nichts verloren, dass sie einen Zwei-Tore-Rückstand aufzuholen imstande waren, hatten sie wenige Wochen zuvor bewiesen. In einer wundersam magischen Nacht, von der sie sich in Bordeaux heute noch erzählen. Als sie im Viertelfinale, nach einem 0:2 in San Siro, angetrieben von einem unfassbar grandiosen Zinedine Zidane den AC Mailand mit 3:0 bezwangen.
Schmerzhafte Finalniederlagen der Girondins gegen den FC Bayern
Allein, was ihnen gegen das große Milan mit all seinen Stars gelang, gegen Maldini und Baresi, die Landsleute Vieira und Desailly, vorne Baggio und Weah, das glückte nicht gegen Sforza und Strunz, gegen Ziege und Frey. Gegen Kahn, Matthäus, Klinsmann. Im Rückspiel zuhause verlor Girondins Bordeaux gegen den FC Bayern mit 1:3. Die erste von vielen schmerzhaften Finalniederlagen, die sich in den folgenden Jahren aneinanderreihen sollten.
Nach seinen drei ersten Profijahren bei AS Cannes war Zidane 1992 nach Bordeaux gewechselt. Für eine Ablösesumme von rund 460 000 Euro. Es war Girondins-Trainer Rolland Courbis, der wie Zidane aus Marseille stammte und der ihm allein deswegen den Einstieg im neuen Klub erleichterte.
Zizou, die "weiße Katze"
Courbis nannte den jungen Zinedine einen "Tänzer am Ball" und verpasste ihm dann seinen bis heute berühmten Spitznamen. Zizou. Die weiße Katze.
Zusammen mit seinem Freund Christophe Dugarry eröffnete Zidane nicht nur die Brassiere "Le Casino" in bester City-Lage. Die beiden wurden zu den Erfolgsgaranten und mit Linksverteidiger Bixente Lizarazu zu den entscheidenden Protagonisten, die Girondins in einem märchenhaften Lauf von der ersten Runde des UI-Cups in Norrköping über zwölf Stationen ins Endspiel gegen die Bayern führten. Die Heimniederlage gegen die Mannschaft von Franz Beckenbauer war sein letztes Spiel für Bordeaux, danach zerbrach das Team.

Transfersumme für Zidane Mitte der 1990er Jahre: Über fünf Millionen
Als einer der gefragtesten Spieler Europas wechselte Zidane für eine Transfersumme von 5,3 Millionen Euro im Sommer 1996 zu Juventus von Marcello Lippi, doch schon bald wurde er zum Buhmann und abgestempelt als größter Fehleinkauf der Klubgeschichte.
Flog er doch das erste Mal schon am 3. Spieltag im Spiel gegen Perugia mit Rot vom Platz (nach einem Foul am späteren Juve-Trainer Massimiliano Allegri), am 15. Spieltag das zweite Mal gegen den AC Parma, beim ersten Aufeinandertreffen mit dem jungen Torwart Gigi Buffon, den er keine zehn Jahre später in Berlin mit einem Elfmeter düpierte. Beim legendären WM-Finale gegen Italien.
Die ersten Abgesänge wurden angestimmt, dass sein Spiel zwar in Frankreich ganz nett anzusehen war, dass es in einer der Topligen Europas aber eben doch nicht reicht für ganz oben.
Und auch wenn er Juve schließlich ins Finale führen sollte, in einem großartigen Halbfinale gegen Ajax: Zizou musste wieder nach München. Ins Olympiastadion gegen Dortmund. Zwei Tore von Riedle, der Anschluss durch Del Piero. Dann kam Ricken und der Lupfer über Peruzzi.

Und Zidane, im Finale zermürbt durch die schottische Manndeckung des ungemütlichen Paul Lambert, blieb wieder nur der zweite Platz. Von einer "Nacht der Tränen und der Wut" schrieb der "Corriere della Sera", von einem "verhexten München", nachdem vier Jahre zuvor an gleicher Stelle bereits Milan gegen Olympique Marseille verloren hatte, den Klub aus Zidanes Heimatstadt, für den er in seiner Karriere nie gespielt hatte.
Der Schauplatz war im folgenden Jahr ein anderer, die Enttäuschung die gleiche, als Zidane 1998 kurz vor der Heim-WM mit Juve in Amsterdam das Champions League-Finale gegen Real Madrid von Jupp Heynckes verlor. Bayern, Dortmund, Real, die dritte Finalniederlage am Stück, der Pleiten-Hattrick. Und die Fußballwelt fragte sich schon, ob Zidane jemals was zerreißen würde.
Unvollendet im Verein - trotz WM-Titel
Holte er wenige Wochen später auch mit der großen Equipe Tricolore den WM-Titel, im Verein blieb er lange ein Unvollendeter. Nach dem Triumph mit der Nationalmannschaft fiel Zidane in ein Sinntief, in eine Krise, ein großes Loch. Müde wirkte er und ausgebrannt, nicht einmal mehr in der Serie A reichte es zum Titel, in der Champions League kam der Tiefpunkt im Herbst 2000, als Juve schon in der Gruppenphase rausflog und sich gegen den Hamburger SV blamierte.
Erst bei jenem ekstatischen 4:4 im Volksparkstadion, als ein Inzaghi-Elfer kurz vor Schluss den Punkt rettete. Dann das desaströse 1:3 zuhause gegen den HSV, bei dem Zidane entnervt schon früh vom Platz flog. Nach einem Kopfstoß gegen den Ex-Löwen Jochen Kientz.
Zidane wurde zum Ziel von Hohn und Spott, als Hamburgs Spielmacher Esteban Cardoso gefragt wurde, was Frankreichs Weltmeister ihm voraushabe, lautete die Antwort: "Nichts. Außer der Glatze."
2001 wechselte Zidane für 80 Millionen Euro nach Madrid, ein Jahr später erfüllte er sich endlich seinen großen Traum vom Henkelpott. Im Finale von Glasgow, als Bayer Leverkusen Real mit 17:4-Torschüssen an die Wand spielte, als der bis dahin unbekannte Ersatztorwart Iker Casillas Bayer zur Verzweiflung brachte - und als dieser auch nach 20 Jahren immer noch unbegreifliche Volleyschuss von Zinedine Zidane in den linken Winkel einschlug. Zidane hatte endlich zum ersten Mal die Champions League gewonnen. Und auch zum letzten Mal.
In den letzten vier Jahren seiner Karriere scheiterte er mit Real zweimal (im Halbfinale 2003 und im Achtelfinale 2005) an Ex-Klub Juventus. 2004 war im Viertelfinale gegen Monaco Schluss.
In seiner allerletzten Saison war es im Achtelfinale gegen Arsenal mit Jens Lehmann vorbei - vier Monate bevor er im WM-Finale von Berlin einen traurigen Abschied erlebte. Mit einer Tätlichkeit, die zu einem Kunstwerk wurde.